Die Euro-Länder beteiligen sich mit einem Rettungspaket von 80 Milliarden Euro. Zudem wollen sie die Haushaltsdisziplin stärken.
Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone haben die Milliardenhilfen für das hoch verschuldete Griechenland gebilligt. Das verlautete am Freitagabend von EU-Diplomaten in Brüssel. Die Euro-Länder beteiligen sich mit 80 Milliarden Euro an den Hilfen von insgesamt 110 Milliarden Euro für die Regierung in Athen. Deutschland hatte zuvor seinen Anteil von 22,4 Milliarden Euro freigegeben.
Zudem verständigten sich die 16 Länder mit der Gemeinschaftswährung dem Vernehmen nach auf eine stärkere Haushaltsdisziplin, um einen Dominoeffekt in der Schuldenkrise zu vermeiden. Sie kamen damit einer Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy nach. Merkel hatte vor dem Gipfel gefordert, den Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU „anzuschärfen“.
Zuvor wurde bekannt, dass sich Deutschland mit bis zu 22,4 Milliarden Euro an dem internationalen Rettungspaket für Griechenland beteiligt. Bundestag und Bundesrat billigten am Freitag die Bürgschaft für Notkredite, mit denen ein Staatsbankrott in Athen verhindert und die Euro-Zone stabilisiert werden soll. Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnete das Gesetz. Deutschland trägt den größten Teil der Kredite der Euro-Gruppe. Für Berlin wird die Staatsbank KfW die bis zu 22,4 Milliarden Euro bereitstellen. Der Bund bürgt dafür. Insgesamt stellen die Euro- Länder innerhalb von drei Jahren bis zu 80 Milliarden Euro bereit, der IWF 30 Milliarden Euro. Athen hat sich im Gegenzug auf ein drastisches Sparpaket im Umfang von 30 Milliarden verpflichtet.
Die erhoffte breite Zustimmung für das Hilfspaket in der Länderkammer blieb allerdings aus, nachdem sich die Regierungsfraktionen von Union und FDP zuvor nicht mit der SPD auf eine gemeinsame Position zur Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenlasten einigen konnten.
Im Bundestag trugen neben Union und FDP auch die Grünen die Gesetzespläne mit. Die SPD enthielt sich, die Linke lehnte das Hilfspaket rundweg ab. In namentlicher Abstimmung waren 390 von 601 Abgeordneten dafür, 72 dagegen. 139 Parlamentarier enthielten sich.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuvor eindringlich um Zustimmung geworben. „Jede andere Alternative würde viel teurer, wäre viel gefährlicher, würde viel größere Risiken haben.“ Es wäre verheerend, sollte Griechenland zahlungsunfähig werden. Dies müsse im Interesse auch Deutschlands vermieden werden. Die europäische Währung müsse verteidigt werden: „Darum geht's“, sagte Schäuble.
SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte, seine Partei lehne die Hilfen nicht ab. „Aber ihren Weg einer reinen Kreditermächtigung werden wir nicht mitgehen“, sagte er an die Adresse der Koalition. Die Regierung wolle die Kosten allein auf die Steuerzahler abwälzen: „Sie alle sollen in Haft genommen werden für das unverantwortliche Handeln an den Finanzmärkten.“ Deutschland müsse seine Schlüsselstellung nutzen, „denen das Handwerk zu legen, die sich Europa zur Beute machen wollen“. Es gebe aber keine kraftvolle Initiative. Dies trauten sich Union und FDP nicht. Die SPD hatte auf schärfere Maßnahmen gegen Spekulationen gedrängt. Sie forderte, dass die Einführung einer Finanztransaktionssteuer als Ziel vereinbart wird. Dies wird insbesondere von der FDP abgelehnt, da nach ihrer Darstellung auch normale Sparer betroffen wären.
Gesine Lötzsch von der Linken warf Merkel vor, sie lasse sich von den Spekulanten auf der Nase herumtanzen. Die Linken lehnen das Rettungspaket auch wegen der Einschnitte für die Griechen und der Vorgaben des IWF ab. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast begründete das Ja der Grünen mit den Worten: „Wir stimmen heute für Europa.“ Die IWF-Hilfen sei jetzt nötig. Es gehe auch darum, den „Angriffskrieg“ gegen die Euro-Gruppe abzuwehren. Es sei jedoch schade, dass man nicht weiter gekommen sei, sagte Künast mit Blick auf die Forderung auch ihrer Partei nach einer Finanztransaktionssteuer.
Am Abend wollen die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder die Milliarden-Hilfen für Griechenland endgültig absegnen.
Union und FDP verständigten sich indes in einem gemeinsamen Antrag, eine Bankenabgabe und eine Steuer auf Finanzaktivitäten – also eine Besteuerung von Gewinnen und Gehältern bei Banken – anzustreben. Dies entspricht auch einem Vorschlag des Internationalen Währungsfonds (IWF) und unterscheidet sich von einer Finanztransaktionssteuer. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Mittwoch angekündigt, den Vorschlag des IWF zur Bankenabgabe weiter zu verfolgen.
Im Streit um eine Bankenabgabe verwies Schäuble wie FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle darauf, dass der IWF eine Finanztransaktionssteuer für nicht zielführend halte. Mit Blick auf das vom griechischen Parlament beschlossene Sparpaket sagte Westerwelle: „Ich habe großen Respekt vor dem, wie sich Griechenland entscheiden hat.“
Unterdessen gab das Finanzministerium bekannt, dass auch deutsche Banken und Versicherer einen freiwilligen Beitrag zur Griechenland-Hilfe leisten wollen. So werden sie Kreditlinien für Athen und griechische Banken nicht kappen und sich auch aus dem Anleihengeschäft zunächst nicht zurückziehen. Dieses Engagement beläuft sich laut Finanzministerium auf 8 Milliarden Euro. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) nannte dies ein normales Bankgeschäft zu guten Zinskonditionen. Die Bundesregierung sollte sich daher nicht so abspeisen lassen.