Das Gericht sprach Torben P. des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung für schuldig. Die Verteidigung kündigte Revision an.
Berlin. Wegen eines brutalen Angriffs auf einen 29-Jährigen auf dem Berliner U-Bahnhof Friedrichstraße ist der Angeklagte Torben P. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Das Landgericht Berlin sprach den 18-Jährigen am Montag des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Trotz der Gefängnisstrafe bleibt der Gymnasiast aber wie bisher auf freiem Fuß, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Die Verteidigung kündigte Revision an, die Staatsanwaltschaft wollte sich noch nicht festlegen. Der Angeklagte war bereits kurz nach der Tat im April unter Auflagen von der Haft verschont. Ob P. seine Strafe im offenen Vollzug verbüßen kann, wird erst nach der Rechtskraft des Urteils ein Vollstreckungsleiter entscheiden.
Der Angeklagte hatte am Ostersonnabend auf dem Bahnsteig sein damals 29-jähriges Opfer nach einem Streit mit einer Flasche niedergeschlagen und es danach mehrfach mit großer Wucht auf den Kopf getreten. Mit dem Urteil blieb das Gericht unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine Jugendstrafe von vier Jahren verlangt hatte. Die Verteidigung plädierte auf eine Bewährungsstrafe.
In der Urteilsbegründung des Gerichts heißt es, dass der Angeklagte Torben P. erkannt habe, dass seine Tritte tödliche Verletzungen hervorrufen könnten. Das Schicksal des Opfers sei Torben P. aber egal gewesen. Die Tat sei eine "extreme Gewalttat" gewesen. Es sei lediglich dem Zufall zu verdanken, dass der damals 29-Jährige nur geringe Verletzungen erlitt. Die Tritte gegen den Kopf seien hochgefährlich gewesen, hieß es weiter.
Zugleich hielt das Gericht den Angeklagten wegen seiner erheblichen Alkoholisierung für vermindert schuldfähig. Der Gewaltakt sei eine "fürchterliche Entgleisung". Der Gymnasiast sei "sozial eingegliedert und bislang nicht auffällig gewordenen". Außerdem habe er Reue und Einsicht gezeigt. Im Verfahren hatte der Angeklagte die Tat im Wesentlichen gestanden. Hinsichtlich der Tritte verwies er auf Erinnerungslücken, da er betrunken gewesen sei. Zu Prozessbeginn hatte Torben P. gesagt: "Die Tat ist eine Schweinerei" und auch nicht durch Alkohol zu entschuldigen.
Ein mitangeklagter Freund wurde wegen unterlassener Hilfeleistung und gemeinschaftlicher Körperverletzung bestraft. Der heute 19-Jährige hatte bei dem Gewaltexzess zugesehen und erst später einen 22-Jährigen aus Bayern, der dem Opfer helfen wollte, mit angegriffen. Er muss unter anderem 250 Euro an einen Opferfonds zahlen. Von der Polizei veröffentlichte Sequenzen aus einem BVG-Überwachungsvideo hatten nach dem Vorfall für Entsetzen gesorgt. Es schloss sich eine heftige öffentliche Debatte über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern sowie der Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr an.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) begrüßte das Urteil. Bundesvorsitzender Rainer Wendt sagte der Nachrichtenagentur dapd, das Gericht habe sich offensichtlich nicht von der "Theatervorstellung" des jungen Mannes beeindrucken lassen. NachWendts Worten muss man das Urteil im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen der Berliner Justiz, beispielsweise den am Sonntag ergangenen Haftbefehlen für die U-Bahn-Schläger vom Kaiserdamm , sehen. Wendt sagte: "Unser Eindruck ist, dass die Berliner Justiz endlich die abschreckende Wirkung konsequenter Rechtssprechung erkennt".