Jetzt beschuldigt die Stadt Duisburg die Landespolizei. Deren Dienstherr wiederum knöpft sich die Stadt und den Veranstalter vor.
Düsseldorf. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen von Stadt und Land wegen der Loveparade-Katastrophe in Duisburg werden schärfer. Die Stadt lehnte am Mittwoch in einer umfangreichen Stellungnahme jede Verantwortung für die Tragödie mit 21 Toten und mehr als 500 Verletzten ab und machte der Polizei Vorwürfe. Inneminister Ralf Jäger (SPD) verteidigte die Beamten.
Es lägen „keine Erkenntnisse dafür vor, dass Mitarbeiter der Stadt Duisburg ihre gesetzlichen Pflichten verletzt hätten und auf diese Weise zum Unglück beigetragen oder es gar verursacht hätten“, heißt es in einer mehr als 30 Seiten starken Stellungnahme, die eine Anwaltskanzlei im Auftrag der Stadt abgab. Der Bericht wurde dem Innenausschuss des Landtags vorgelegt, der mitten in der Sommerpause zu einer Sondersitzung über das Drama vom 24. Juli zusammentrat.
Das Papier wirft der Polizei zugleich vor, Einsatzwagen auf der Rampe zum Veranstaltungsgelände geparkt und damit einen Fluchtweg versperrt zu haben. Damit sei gegen die Baugenehmigung verstoßen und der Durchlass deutlich reduziert worden. Fotos belegten, wie Polizeiwagen quer auf der Rampe parkten. Vermutlich hätten „Dritte gegen Vorgaben und Auflagen der Genehmigungen der Stadt Duisburg verstoßen“, heißt es in dem Bericht.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) nahm die Polizei gegen Schuldzuweisungen in Schutz: „Ich werde nicht zulassen, dass die Polizei als Sündenbock für die Fehler und Versäumnisse anderer herhalten muss“, sagte Jäger in der Sitzung. „Es ist schäbig, erst die Polizei um Hilfe zu rufen, weil die Veranstaltung aus dem Ruder läuft und ihr dann auch noch den Schwarzen Peter zuzuschieben“, wehrte Jäger Vorwürfe gegen die Beamten ab.
Jäger nahm seinerseits die Stadt ins Visier: „Es besteht der Verdacht, dass die Stadt die Einhaltung der Auflagen nicht kontrolliert hat.“ Außerdem habe der Veranstalter sein eigenes Sicherheitskonzept offenbar von Anfang an nicht eingehalten. Des weiteren sei die Anweisung, die Tunnel zu sperren, nicht umgesetzt worden. Stattdessen hätten die Ordner Zäune entfernt und so im kritischen Zeitraum den Zustrom noch erhöht, statt ihn zu stoppen.
„Wenn das Sicherheitssystem des Veranstalters funktioniert, muss die Polizei nicht zur Hilfe gerufen werden“, betonte der Minister. Er sicherte aber zu, alle Vorwürfe gegen die Polizei aufzuklären. Indirekt deutete Jäger an, dass es auch aufseiten der Polizei zu Fehlern gekommen sein könnte: „Es ist unwahrscheinlich, dass ein Einsatz dieser Dimension fehlerfrei verläuft“, wenn das Sicherheitskonzept des Veranstalters zusammenbricht.
Der CDU-Innenpolitiker Peter Biesenbach fragte, warum die Polizei nicht im Wege der Gefahrenabwehr die Regie übernommen und massiver eingegriffen habe, als die Überforderung des Veranstalters offenbar geworden sei. Die Oppositionsparteien CDU und FDP hatten Jäger insgesamt fast 100 Fragen vorgelegt. Der Minister forderte bessere und verbindliche Qualitätsstandards für Sicherheitsfirmen bei Großveranstaltungen. „Wir werden Wege finden müssen, zu unterbinden, dass an der Sicherheit gespart wird.“
Im Gedränge am einzigen Ein- und Ausgang des Loveparade-Geländes für die Besucher waren 21 Menschen erdrückt und mehr als 500 verletzt worden.