Der unter Hausarrest stehende Francesco Schettino (52) erschien nicht. Der Kapitän hätte um seine Sicherheit bangen müssen, meinte sein Anwalt Bruno Leporatti. Ermittler werfen Schettino mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie, Verlassen seines Schiffes während der Evakuierung sowie mangelnde Kommunikation mit dem zuständigen Hafenamt in Livorno vor.
Rom/Grosseto. Sieben Wochen nach der Havarie der „Costa Concordia“ vor der italienischen Küste sind die Ermittlungen in die nächste Phase eingetreten. Hunderte Anwälte, Passagiere, Ermittler und Sachverständige kamen am Samstag im toskanischen Grosseto zum Beweissicherungsverfahren zusammen. Die Staatsanwaltschaft hat bei der Gelegenheit die Liste der Vorwürfe gegen den Kapitän des am 13. Januar gekenterten Kreuzfahrtschiffes überraschend erweitert.
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Der unter Hausarrest stehende Francesco Schettino (52) erschien nicht. Der Kapitän hätte um seine Sicherheit bangen müssen, meinte sein Anwalt Bruno Leporatti. Ermittler werfen Schettino mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie, Verlassen seines Schiffes während der Evakuierung sowie mangelnde Kommunikation mit dem zuständigen Hafenamt in Livorno vor. Dazu trat am Samstag noch der Vorwurf der Umweltzerstörung oder -beeinträchtigung in einem Naturschutzgebiet.„Gerechtigkeit und Wahrheit“ verlangten zahlreiche Geschädigte der Havarie. „Schettino ist ein Krimineller“, meinte eine Passagierin der „Costa Concordia“. Wegen des starken Andrangs war der nicht-öffentliche Termin in einen Theatersaal gelegt worden.
Alle neun Menschen, gegen die ermittelt wird, waren nicht anwesend. Dabei handelt es sich um Offiziere des Schiffs und Vertreter der Costa-Reederei. Das Kreuzfahrtschiff war am Abend des 13. Januar zu nahe an die Insel Giglio herangefahren, hatte einen Felsen gerammt und war mit mehr als 4200 Passagieren und Crew-Mitgliedern gekentert. 25 Leichen wurden geborgen, sieben Menschen werden immer noch vermisst.
Im Mittelpunkt stand am Samstag in Grosseto die „black box“ des gekenterten Kreuzfahrtschiffes. Von dem Datenschreiber erhoffen sich die Ermittler weitere Aufschlüsse über den Unfallhergang und auch darüber, wer für die Havarie verantwortlich sein könnte. „Dies ist jetzt nicht der Ort, um den Datenschreiber wie einen Kasten zu öffnen und dann zu hören, was an dem Abend der Havarie gesprochen wurde“, hatte ein Ermittler vor allzu großen Erwartungen gewarnt. Vielmehr sollten bei dem Beweissicherungstermin die Fragen zu den registrierten Daten gestellt werden, die von Sachverständigen beantwortet werden müssen. Bei der nächsten Anhörung am 21. Juli in Grosseto sollen die bestellten Experten ihre Analysen vorlegen.
Die im Vergleich glimpflich verlaufene Havarie eines zweiten „Costa“-Kreuzfahrtschiffes hatte die „Costa Concordia“ in der vergangenen Woche aus den Nachrichten verdrängt: Der Brand im Maschinenraum der älteren „Costa Allegra“ und ihr Transport zu der Seychellen-Hauptinsel Mahé brachte die Genueser Reederei Costa Crociere und ihre Kreuzfahrtschiffe erneut in die Schlagzeilen.
Die Beweissicherung ist eine Vorbereitung auf den Prozess, bis zu dessen Beginn noch viele Monate vergehen dürften. Etwa drei Viertel des Treibstoffs der „Costa Concordia“, überwiegend gefährliches Schweröl, sind inzwischen abgepumpt. Erst später soll entschieden werden, wie das 290 Meter lange Schiff beseitigt wird. Es könnte zerschnitten oder aber an einem Stück abtransportiert werden.