Die Helfer geben alles, um doch noch Überlebende des Schiffsunglücks zu finden. Die Aussichten werden immer schlechter. Es droht schwerer Seegang.
Rom. Es scheint ein aussichtsloser Kampf: Eine Woche nach dem Schiffsunglück vor Italien gibt es kaum noch Hoffnung auf Überlebende. Taucher suchten am Donnerstag unter Hochdruck vor der Insel Giglio nach Vermissten. Doch Meteorologen warnten vor starken Winden und schwerem Seegang, die das havarierte Schiff sinken lassen könnten. Experten bereiteten das Abpumpen des Treibstoffes der „Costa Concordia“ vor. Neue italienische Berichte über die Zustände an Bord lenkten den Blick auch auf blinde Passagiere auf der „Costa Concordia“ waren. Auf der Kommandobrücke soll eine mysteriöse Frau gesehen worden sein.
Immer noch werden mehr als 20 Menschen vermisst. Das Auswärtige Amt ging auch am Donnerstag von zwölf vermissten Deutschen aus. Elf Tote wurden bisher geborgen: Vier Franzosen, ein Peruaner und ein Ungar wurden identifiziert. Eine Bestätigung, dass auch Deutsche unter den Toten sind, gab es bisher nicht.
Die Reederei Costa Crociere suspendierte den beschuldigten Kapitän der „Costa Concordia“, Francesco Schettino, mit sofortiger Wirkung vom Dienst. Das Genueser Unternehmen werde ihn auch nicht verteidigen, sagte Costa-Anwalt Marco De Luca nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa. Costa Crociere sehe sich nach dem Schiffbruch selbst als geschädigt an.
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Schettino wird mehrfache fahrlässige Körperverletzung, Havarie und Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. Der in seiner Heimat unter Hausarrest stehende Schettino wurde daheim von Freunden verteidigt. „Nicht aufgeben, Kapitän“, stand auf einem Begrüßungsplakat für den 52-jährigen, wie Aufnahmen aus dem Neapel-Stadtteil Meta di Sorrento zeigten. Es müsse Schluss sein damit, ihn an den Pranger zu stellen, war eine Aufforderung.
Der Kapitän habe den Ermittlern auch von einer geheimnisvollen jungen Moldawierin berichtet, die während des Schiffbruchs am Eingang der Kommandobrücke aufgetaucht sei, berichtete die Turiner Zeitung „La Stampa“. Offenbar sei sie dazu von einem anderen Offizier eingeladen worden. Weil sie nicht im Verzeichnis der Passagiere stehe, werde die junge Frau von den Ermittlern gesucht. Diese gingen davon aus, dass mehrere Personen als blinde Passagiere an Bord gewesen sein könnten.
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In etwa zehn Tagen sollen die toxikologischen Untersuchungen abgeschlossen sein, die Aufschluss über einen möglichen Drogenkonsum des Kapitäns geben. Dies wurde aus Justizkreisen in Grosseto bekannt, berichtete Ansa. Ausgeschlossen scheine es, dass Schettino während der Havarie betrunken war, hieß es.
„Das Schiff liegt weiterhin in unsicherer Lage in einer Untiefe“, erklärte Luca Cari von den Rettungsmannschaften. Die Taucher müssten deshalb vorsichtig vorgehen. „Jede Verlagerung würde Gefahr bedeuten, und wir müssten die Operationen erneut einstellen.“ Rettungsteams und Taucher von Feuerwehr, Küstenwache und Marine konzentrierten sich vor allem auf die unter Wasser liegende vierte Brücke des Schiffes. Wie in den vergangenen Tagen setzten sie Sprengstoff ein, um sich durch die Schiffshaut Zugang ins Innere zu verschaffen.
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Das 290 Meter lange Schiff mit mehr als 4200 Menschen an Bord hatte am Freitag vor einer Woche nach der Kursänderung des Kapitäns einen Felsen vor der Insel Giglio gerammt und war leckgeschlagen. Das Schiff liegt in starker Schräglage vor der Insel. Meteorologen sagten stärkere Winde in der Region von Donnerstagabend an vorher, mit bis zu zwei Meter hohen Wellen.
Das Abpumpen von Öl aus den Tanks des Schiffs wird voraussichtlich mehrere Wochen dauern. Die Arbeiten sollten höchstwahrscheinlich am Sonnabend beginnen, vielleicht auch schon früher, sagte ein Sprecher des italienischen Umweltministeriums in Giglio. Man warte darauf, dass die Such- und Rettungsarbeiten auf dem Schiff beendet seien.
Nach Angaben der Reederei sollen etwa 2300 Liter Treibstoff an Bord sein, offensichtlich überwiegend Schweröl. „Schweröl ist wie dicker, zähflüssiger Honig. Um es abzupumpen, muss es erst auf 45 bis 50 Grad erwärmt werden“, erklärte eine Sprecherin das Havariekommandos Cuxhaven. Die Tanks der „Costa Concordia“ fassen 2400 Tonnen. Umweltschützer warnen vor Schäden für die Umwelt.
Die deutsche Niederlassung von Costa Crociere, Costa Kreuzfahrten, teilte mit, dass das Bergungsunternehmen Smit Salvage einen Plan zum Abpumpen ausgearbeitet habe, der „zur Umsetzung ab dem Ende dieser Woche“ verabschiedet worden sei.
Die „Costa Concordia“ soll der Insel Giglio schon vor dem Unfall deutlich näher gekommen sein als der Betreiber behauptet. Bei einer genehmigten Kursänderung im August 2011 sei das Schiff in rund 230 Metern Entfernung von der Insel vorbeigefahren, sagte ein Sprecher des Schiffsinformationsdienstes Lloyd's List Intelligence in London. Die Daten deckten sich nicht mit den offiziellen Aussagen von Costa Crociere. Deren Chef Pierluigi Foschi habe gesagt, das Schiff sei der Insel bei der geplanten Routenänderung, die während eines Festes auf Giglio stattfand, nicht näher als 500 Meter gekommen. Anwalt De Luca sagte, er wisse nichts von zu starken Annäherungen an die Küste.
Besatzungsmitglieder sollen mehreren Passagieren nach Angaben von Augenzeugen den Zutritt auf eine Rettungsinsel verwehrt haben. „Not for passengers, for crew only“ (nicht für Passagiere, nur für die Crew) habe ein Schiffsmitarbeiter gesagt, berichtete der Überlebende Mattias Hanke nach RTL-Angaben in der Sendung „stern TV“. „Ich dachte, ich bin hier im falschen Film.“ Andererseits seien es aber auch Crew-Mitglieder gewesen, die ihn später aus dem Wasser gezogen und vor dem Tod bewahrt hätten, betonte Hanke.