Florida und Louisiana verlangen von BP die Einrichtung von Treuhänderkonten. Das abgefangene Öl soll verkauft werden.
New Orleans/Orange Beach/USA. Die US-Regierung in Washington und die betroffenen Staaten verstärken angesichts der Ölpest im Golf von Mexiko den Druck auf den Konzern BP. Die Küstenwache forderte in einem veröffentlichten Brief das Unternehmen auf, bis Sonntagabend die Bemühungen zur Eindämmung der Katastrophe zu verstärken. Florida und Louisiana verlangten von BP die Einrichtung von Treuhänderkonten im Umfang von 7,5 Milliarden Dollar für aktuelle und zukünftige Entschädigungszahlungen.
Die Küstenwache erklärte in dem Brief an den zuständigen BP-Manager Doug Suttles, der Konzern müsse rasch einen besseren Plan zur Schließung des Öllecks präsentieren. Dieser müsse vorliegen, wenn US-Präsident Barack Obama am (morgigen) Montag und Dienstag die betroffenen Küstenabschnitte besuche. Suttles erklärte später in einem Interview, der Konzern werde bis Sonntagabend (Ortszeit) auf den Brief antworten.
Das Justizministerium in Florida und die Finanzbehörden in Louisiana wollen mit den geforderten Anderkonten ihre Bürger für die Ölpest entschädigen. „Meine Sorge ist allein Louisiana“, sagte Schatzmeister John Kennedy. „BP wird letztlich nur tun, was das Beste für BP ist.“ Alabama will sich den Forderungen nicht anschließen, Mississippi und Texas haben sich noch nicht geäußert. Aber auch Florida und Louisiana allein können BP in Bedrängnis bringen. Am Stichtag 31. März verfügte BP über Barreserven in Höhe von 6,8 Milliarden Dollar und müsste für mögliche Treuhänderkonten Kredite aufnehmen.
BP erklärte in einer Stellungnahme, man prüfe derzeit die Forderung aus Florida. Der Konzern verwies darauf, dass die betroffene Golfstaaten bereits 245 Millionen Dollar erhalten hätten. Für die Errichtung von neuen Schutzwällen in Louisiana würden 360 Millionen Dollar bereitgestellt. Zu Spekulationen über eine mögliche Pleite des Konzerns erklärte BP, dies werde zurzeit nicht diskutiert.
Öl wird noch bis Juli weiterfließen
BP-Manager Suttles besuchte am Sonnabend das Krisenzentrum in Louisiana. Er räumte ein, dass die Menschen frustriert seien. „Es ist eine gewaltige Herausforderung“, erklärte er. „Wir tun etwas, von dem wir gehofft hatten, dass wir es nie tun müssen.“ Er dankte den Mitarbeitern für ihren Einsatz unter sehr schwierigen Umständen.
In den Golf von Mexiko wird nach Einschätzung der Küstenwache noch mindestens bis Juli jeden Tag tonnenweise Öl fließen. BP werde frühestens im nächsten Monat in der Lage sein, das aus dem Bohrloch austretende Öl vollständig abzufangen, erklärte Admiral Thad Allen. Nach jüngsten Erkenntnissen treten aus der beschädigten Bohrleitung bis zu acht Millionen Liter täglich aus, doppelt so viel wie bislang angenommen. BP hatte zuletzt über einen Absaugtrichter 2,3 Millionen Liter täglich abgefangen. Nach den neuesten Schätzungen wäre dies möglicherweise nur ein Viertel der Gesamtmenge. Langfristig soll der Ölstrom durch zwei Ersatzbohrungen gestoppt werden, die voraussichtlich aber erst im August abgeschlossen sein werden.
Bis dahin will BP auch die Rohre einsetzen, die in einem früheren Versuch, das Leck zu stopfen, Zement und Schlamm in die Tiefe pumpten. Die Rohre sollen nun in umgekehrter Richtung arbeiten und Öl aus dem Leck zu einer Plattform bringen, auf der es verbrannt wird. Nach Schätzungen könnten damit 1,6 Millionen Liter täglich aus dem Meer geholt werden. Suttles erklärte, das System könne schon Anfang dieser Woche einsatzbereit sein.
Obama und Cameron diskutieren Lage im Golf
US-Präsident Obama und der britische Premierminister David Cameron haben sich unterdessen bemüht, in einem Telefongespräch die Spannungen angesichts der Ölpest beizulegen. Die britische Regierung erklärte, Obama habe versichert, seine Kritik am Ölkonzern BP richte sich nicht gegen Großbritannien. Der US-Präsident hatte den Konzern in den vergangenen Wochen immer schärfer kritisiert. Cameron will die Angriffe dagegen abmildern, weil Millionen britische Rentner BP-Aktien halten, die bereits beträchtlich im Wert gesunken sind.
Öl aus beschädigtem Bohrloch wird verkauft
Öl aus dem beschädigten Bohrloch im Golf von Mexiko könnte schon bald an Tankstellen und in Supermärkten auftauchen. Der Ölkonzern BP kündigte an, das aufgefangene Öl zu verkaufen und die Einnahmen für den Schutz und die Wiederherstellung der Lebensräume entlang der Golfküste zu spenden. Einzelheiten teilte das Unternehmen nicht mit. Auch ist bisher nicht klar, wie viel Geld durch den Verkauf zusammenkommt. Wenn das Öl aber erst einmal an Land gebracht wurde, findet es schnell seinen Weg in die Versorgungskette.
„Öl ist Öl“, sagte Julius Langlinais, Professor im Ruhestand an Universität Louisiana State. „Es ist kein Stempel drauf. Es sind die gleichen Moleküle.“ Der Chef der Küstenwache und oberste Krisenmanager, Admiral Thad Allen, schätzt, dass bisher 15 Millionen Liter aus dem Leck gesaugt wurden. Weitere 68 Millionen Liter wurden von der Meeresoberfläche abgeschöpft. Die abgeschöpfte Flüssigkeit besteht allerdings meist nur zu zehn bis 15 Prozent aus Öl.
BP-Sprecher Mark Proegler sagte, noch werde nach einem Käufer für das Öl aus dem Golf gesucht. „Das ist nichts Besonderes, bis auf die Tatsache, dass alle zuschauen“, erklärte er. Möglicherweise wird das Öl nicht direkt an eine Raffinerie verkauft, sondern geht an einen anderen Ölkonzern oder an einen Zwischenhändler, wie Langlinais erklärt. Wenn das Öl dann eine Raffinerie erreicht, kann es zu Benzin, Diesel, Heizöl, Asphalt und Plastik verarbeitet werden - und so als Einkaufstüte im Supermarkt auftauchen.