Mit strengeren Regeln erlauben die USA wieder neue Öl-Bohrungen im Golf von Mexiko, wollen aber innerhalb von 72 Stunden Ideen von BP.
Washington. Die US-Regierung setzt BP im Kampf gegen die Ölpest ein Ultimatum. Der britische Konzern soll innerhalb von 72 Stunden neue Vorschläge machen, wie er das in den Golf von Mexiko strömende Öl komplett aufhalten kann. Das sagte der von US-Präsident Barack Obama ernannte Einsatzleiter, Thad Allen, am Mittwoch. Er habe BP in einem Brief aufgefordert, sichere Rohre von der sprudelnden Quelle an die Oberfläche zu legen und dafür zu sorgen, dass genügend Schiffe an der Einsatzstelle bereitstehen, um das Öl einzusammeln.
Zwar fange BP von Tag zu Tag mehr Öl direkt aus der Quelle ab - mittlerweile seien es mehr als 2000 Tonnen pro Tag, sagte Allen. Aber immer noch fließe ein erheblicher Teil an dem Deckel vorbei ins Meer. Die Vorrichtung sei nicht dafür geeignet, die Hurrikan-Saison zu überstehen. Auch mangele es an schnell einsatzbereiten Ersatzsystemen.
Die US-Regierung wird derweil schneller als geplant neue Öl-Bohrungen im Golf von Mexiko erlauben – allerdings unter deutlich verschärften Regeln. In Gewässern, die flacher als 150 Meter sind, dürften wieder Quellen erschlossen werden, berichteten US-Medien am Mittwoch. Damit werde der von Präsident Barack Obama verhängte, sechsmonatige Stopp für alle Bohrungen gelockert. Er reagiere auf Forderungen von Politikern in der Region, die wegen des Moratoriums wirtschaftliche Einbußen und den Verlust vieler Arbeitsplätze in der lokalen Ölindustrie befürchteten. Die Öl-Unternehmen müssen jedoch Bedingungen erfüllen, die das US- Innenministerium jetzt öffentlich machte. Demnach dürfen nur noch unabhängige Gutachter das Sicherheitssystem am Bohrloch – den Blowout Preventer – freigeben.
Dieses Ventil soll das Öl nach einem Unfall in der Quelle festhalten. Nach dem Untergang der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ am 20. April versagte es. Bislang verließ sich die zuständige Kontrollbehörde MMS laut US-Medien oft auf Aussagen der Ölunternehmen über den Zustand des Systems. Zudem müssen Öl-Manager künftig unterschreiben, dass die Dokumente über das bei Bohrungen eingesetzte Material korrekt sind. Bei fehlerhaften Papieren können sie so besser rechtlich belangt werden, schreibt die „Washington Post“. Diese Regel geht auf Berichte zurück, nach denen Öl-Unternehmen bei dem Material oft geschummelt hätten, um zu sparen. So sei bei den Arbeiten auf der gesunkenen BP-Plattform billiger Zement verwendet und nur eine Schutzschicht statt zwei um das Bohrloch gelegt worden, berichteten US-Zeitungen.
Derweil äußern Experten erneut Zweifel über die tatsächliche Menge Öl, das seit Wochen aus der BP-Quelle sprudelt. Die aktuelle Schätzung, nach der bis zu 3400 Tonnen Öl pro Tag aus dem Bohrloch kommen, sei zu gering, sagte Steve Wereley von der Purdue University (US-Bundesstaat Indiana) dem Sender msnbc. Der Forscher verwies auf Livevideos vom Bohrloch in 1500 Meter Tiefe und sagte, dass neue Messungen gemacht werden müssten. Die Bilder zeigen, dass immer noch viel Öl ins Meer fließt, obwohl BP nach eigenen Angaben mittlerweile einen Großteil auffängt. Wereley ist Mitglied einer Expertenrunde, die im Auftrag der US- Regierung die Ölmenge misst. Allen beauftragte die Gruppe, aufgrund der neuen Daten weitere Schätzungen anzustellen. BP hat dazu auch hochauflösende Videos öffentlich zugänglich gemacht. Kritiker werfen BP vor, eigene Schätzungen nicht publik zu machen. Nach der tatsächlichen Menge des Öls im Wasser bemisst sich auch die Strafzahlung für die Wasserverschmutzung nach dem US-Umweltrecht. Das Bußgeld kann mehrere tausend Dollar pro Tonne ausmachen. BP gab mittlerweile bekannt, das aufgefangene Öl verkaufen zu wollen, die Erlöse aber in einem neuen Naturschutzfonds anzulegen. Er soll helfen, die nachhaltigen Schäden für den natürlichen Lebensraum an der Golfküste zu beseitigen.