Zum Wochenbeginn soll ein überzeugender Plan zur Eindämmung des verheerenden Ölflusses ins Wasser vorgelegt werden.

Washington/London. Diplomatische Wogen mit Großbritannien hat US-Präsident Barack Obama geglättet – den britischen Ölkonzern BP nimmt er wegen der Ölpest im Golf von Mexiko aber immer enger in die Zange. Die Regierung setzte dem Ölriesen eine enge Frist: Zum Wochenbeginn soll ein überzeugender Plan zur Eindämmung des verheerenden Ölflusses ins Wasser vorgelegt werden. Am Dienstagabend (Ortszeit) will Obama wegen der Umweltkatastrophe eine Rede an die Nation halten.

Die Ölpest habe für die Regierung höchste Priorität, sagte Obamas Chefstratege David Axelrod am Sonntag dem Fernsehsender NBC. „Das ist ein fortlaufende Krise, fast wie eine Epidemie.“ Der Präsident werde deshalb eine 10- bis 15-minütige Ansprache halten, die aus dem Oval Office im Weißen Haus übertragen wird. Er wolle die Bevölkerung über die nächsten Schritte im Kampf gegen die Ölpest informieren.

Die Rede wolle Obama direkt nach seiner vierten Reise in die Krisenregion vor der amerikanischen Südküste halten, zu der er am Montag aufbricht. Bis zu seinem Abflug will er vom BP-Konzern wissen, wie er das Öl besser aufhalten kann. Küstenwacht-Admiral James Watson beklagte sich in einem Brief an den Ölmulti, dass die bisherigen Aktionen zum Eindämmen des Öls längst nicht ausreichen, berichteten US-Medien am Sonntag.

Was BP derzeit unternehme und plane, sei darauf ausgerichtet, dass weniger als 3400 Tonnen Öl pro Tag aus der Quelle in 1500 Meter Tiefe ins Meer sprudeln. Neue offizielle Schätzungen gehen aber von bis 5400 Tonnen aus. Zu viel Öl fließe am jüngst installierten Auffangbehälter vorbei, zu wenig Platz sei auf den Schiffen an der Meeresoberfläche, um weiteres Öl aufzufangen, lautet der Vorwurf. BP fängt derzeit rund 2100 Tonnen Öl pro Tag ab. Die Menge soll bald mit Hilfe einer weiteren Bohrplattform gesteigert werden.

Obama zitierte wegen der Unzufriedenheit mit BP führende Vertreter des Konzerns ins Weiße Haus. Zu dem für Mittwoch anberaumten Treffen kommt auch der BP-Aufsichtsratsvorsitzende Carl-Henric Svanberg, der im Zuge der Ölpest öffentlich bisher kaum in Erscheinung trat. Ob auch BP-Chef Tony Hayward teilnehmen wird, blieb zunächst offen. Er wird Donnerstag vor einem Kongress-Ausschuss zur Katastrophe befragt.

Zugleich bemühte sich der Präsident aber, Spannungen im Verhältnis zu Großbritannien wegen der harschen US-Kritik an BP aus dem Weg zu räumen. In einem Telefongespräch mit dem frischgebackenen britischen Premier David Cameron versicherte Obama, dass der Unmut über BP kein Angriff gegen Großbritannien sei und „nichts mit Nationalgefühlen“ zu tun habe. Beide Seiten betonten, dass das Verhältnis zwischen beiden Staaten anhaltend ausgezeichnet sei. Cameron wird am 20. Juli zu seinem ersten offiziellen Besuch ins Weiße Haus kommen.

DRUCK AUF BP WÄCHST

In Großbritannien hatte es wachsende Kritik an dem scharfen US-Ton gegen BP gegeben: Viele fürchten, dass das Ansehen des Landes insgesamt beschädigt werden könnte. Obama habe kein Interesse daran, den Wert des Energiekonzerns zu schmälern, teilte Downing Street in London nach dem Telefonat nun mit.

Obama verlangte von BP auch, die anstehende Dividende an dessen Aktionäre wegen der Ölkatastrophe vorerst einzubehalten. Am Montag will der Konzern prüfen, ob die Milliarden-Zahlung für das zweite Quartal ausgesetzt wird, bestätigte ein BP-Sprecher.

Am kommenden Dienstag liegt die Explosion auf der von BP geleasten Ölplattform „Deepwater Horizon“, Auslöser der Ölpest, acht Wochen zurück. Das Öl verseucht immer mehr Küstenabschnitte. Am Sonnabend erreichte wieder eine große Öl-Welle den US-Staat Alabama.