In den vergangenen Jahren belegte Deutschland nur hintere Plätze - kann das neue Konzept von Stefan Raab einen Sieger für Oslo hervorbringen?
München. Pathos im T-Shirt – wird dies zur Zauberformel für Oslo? Stefan Raab versucht sich zumindest in diesem Spagat. Er wickelte sich nicht nur für die Werbung zum deutschen Vorentscheid des Eurovision Song Contest (ESC) die Deutschlandfahne um den Oberkörper. Er hat auch mit der ARD ein Konzept entwickelt, das einerseits mehr Leichtigkeit bringen soll, aber andererseits auch künstlerischen Ansprüchen genügen soll. Von einer „nationalen Aufgabe“ spricht Raab, wenn am Dienstag die Suche nach dem Musiker oder den Musikern beginnt, die Deutschland am 29. Mai in Norwegen vertreten.
Zumindest eines steht schon vor Beginn von „Unser Star für Oslo“ fest. Der federführende NDR hat nichts unversucht gelassen, um die Pleite der Letztplatzierten „No Angels“ vor zwei Jahren und den ebenso enttäuschenden zwanzigsten Platz von „Alex sings Oscar swings“ im vergangenen Jahr vergessen zu machen. Die bisher eher stiefmütterlich behandelte Auswahl des deutschen Teilnehmers wird zum Event.
Mit ARD und ProSieben veranstalten ein öffentlich-rechtlicher und ein privater Sender in Kooperation das auf acht Termine aufgeteilte Casting, dazu beteiligen sich auch die für junge Hörer maßgeblichen Radiostationen der ARD. Im Mittelpunkt des ganzen Konzepts steht allerdings Raab: Auf ihn hat vor allem der NDR gesetzt, weil ihm bei seinen drei Starts beim ESC als Sänger und Produzent jeweils Top-Ten-Platzierungen gelungen sind. Nicht weniger will Raab auch jetzt wieder schaffen. In den Internetforen der ESC-Gemeinde träumen Fans davon, dass nach dem Sieger Alexander Rybak mit „Fairytale“ im vergangenen Jahr diesmal ein deutscher Interpret ein Märchen wahr werden lässt.
Im Vorfeld der Ausscheidung legte Raab auffallend viel Wert darauf, sich vom RTL-Dauererfolg „Deutschland sucht den Superstar“ abzugrenzen. Dessen Macher Dieter Bohlen griff der auch nicht gerade auf den Mund gefallene 43-Jährige wegen seiner Sprüche an, die „Superstars“ hält er künstlerisch für Eintagsfliegen. Flapsige Sprüche und Erfolg nur als Strohfeuer soll „Unser Star für Oslo“ nicht bringen.
Aus den ursprünglich 4500 Bewerbern sind noch 20 übrig geblieben, die sich nun miteinander messen. An den kommenden fünf Dienstagen laufen jeweils ab 20.15 Uhr auf ProSieben Ausscheidungsshows. In den ersten beiden Shows treten jeweils zehn Kandidaten an, von denen dann direkt fünf ausscheiden. In den Sendungen danach scheiden immer zwei Kandidaten oder ein Kandidat aus. Gerade zum Ende hin geht es beim Vorentscheid Knall auf Fall: Die letzten vier Sendungen finden binnen zehn Tagen statt.
In dieser kurzen Zeit wollen die Macher in Deutschland ein ESC-Fieber entfachen. Dazu beitragen sollen auch große Namen in der Jury: Marius Müller-Westernhagen, Sarah Connor, Xavier Naidoo oder Peter Maffay werden jeweils eine Sendung lang ihr Urteil über die Sänger abgeben. Das entscheidende Wort allerdings hat das Publikum, das per Anruf oder SMS über Weiterkommen oder Ausscheiden entscheidet. Im Finale am 12. März in der ARD wählen die Zuschauer außerdem auch das Lied aus, das der deutsche Beitrag sein wird.
Doch so perfekt durchgeplant der ganze Vorentscheid scheint, es stehen eine ganze Reihe Fragezeichen hinter einem Erfolg. Die erste Frage wird sein, ob sich überhaupt ein geeignetes Lied findet. Raab hat bisher noch nicht entschieden, ob er wie bei seinen drei Top-Ten-Platzierungen diesmal selbst ein Lied beisteuern wird. Er hat als Songschreiber die Philosophie, „die besten Ideen hat man, wenn das Gehirn entspannt ist“, und ist mit seinen diversen anderen Sendungen stark eingespannt. Gewagt scheint auch, dass Zuschauer und nicht Fachleute das Lied aussuchen, das der Sieger singen soll.
Die alles entscheidende Frage wird allerdings sein, ob sich eine womöglich in Deutschland entstehende Euphorie über die Grenzen hinaus ausbreiten wird – denn nur wenn die anderen Länder Deutschland genügend Stimmen geben, kann „Unser Star für Oslo“ auch „Unser Star in Oslo“ werden.