Hamburg. Trainer Steffen Baumgart verpasst den Befreiungsschlag und gerät zunehmend in die Kritik. HSV wirkte völlig verunsichert.
Sebastian Schonlau kam gar nicht mehr heraus aus dem Gestikulieren. Immer wieder korrigierte der Abwehrchef, der beim ersten Gegentor selbst patzte, seine Mitspieler im Zweitliga-Topspiel und versuchte, für Ordnung auf dem Platz zu sorgen. Doch seine Anweisungen fruchteten nicht. Am Ende verspielte der phasenweise völlig verunsicherte HSV am Sonnabendabend eine Zwei-Tore-Führung gegen den FC Schalke 04 und kommt nur zu einem 2:2 (2:0).
Durch den schwachen Auftritt und das vierte sieglose Ligaspiel in Folge gerät Trainer Steffen Baumgart zunehmend in die Kritik. Die treuen Fans auf der Nordtribüne reagierten bereits eine Viertelstunde vor dem Ende mit lauten Pfiffen. Nach dem Spiel entlud sich bei den Anhängern der Frust. Einige Ultras schimpften auf die Mannschaft und schmissen ihre Fahnenstangen Richtung Platz.
HSV-Fans pfeifen lautstark
„Nach der zweiten Halbzeit kann man den Ärger verstehen“, sagte Torschütze Marco Richter. „Die Fans sind enttäuscht, genauso wie wir. Das können wir auch nachvollziehen. Es ist unser Anspruch, die Spiele zu Hause zu gewinnen. Dem sind wir nicht gerecht geworden“, ergänzte Davie Selke.
Das Ergebnis gibt dem in der öffentlichen Kritik stehenden Trainer keinen Rückhalt für die nächsten Wochen. Sportvorstand Stefan Kuntz wird die Partie kritisch analysieren müssen und eine Antwort auf die Frage finden, warum der HSV in den vergangenen Wochen von seinem Weg abgekommen ist.
HSV patzt erneut: Was wird aus Baumgart?
Schon mit seiner Aufstellung sorgte Baumgart für viele Fragezeichen im Volkspark. Der 52-Jährige verzichtete auf Unterschiedsspieler Jean-Luc Dompé und brachte die beiden Defensivspieler William Mikelbrencis und Noah Katterbach für beide Schienen. Genauso ängstlich wie die Aufstellung spielte der HSV dann auch.
Lange Zeit wirkte der Spielaufbau zu statisch. Weil Schalke in der ersten Hälfte gar kein Interesse an Offensivfußball zeigte, hatte der HSV viel Ballbesitz, wusste damit aber nur selten etwas anzufangen. Für Torgefahr fehlte es an Ideen und Bewegung. Es brauchte schließlich einen Freistoß von Marco Richter, den den Ball aus 20 Metern ins Torwarteck jagte zum 1:0 für die Gastgeber (29.), die postwendend erhöhten.
Ransford Königsdörffer profitierte von einem üblen Fehlpass im eigenen Strafraum von Ron Schallenberg. Angelaufen von Davie Selke bediente der Schalker versehentlich Königsdörffer, der Torwart Justin Heekeren umkurve und ins leere Tor einschoss (30.). Diesmal traf den 23 Jahre alten Keeper keine Schuld, nachdem er von Richters Freistoß düpiert wurde (29.).
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HSV wehrt sich zu wenig gegen Schalke
Doch die vermeintlich beruhigende Führung gab dem HSV keinen Auftrieb. Stattdessen wurde Schalke nach dem Seitenwechsel immer mutiger, während sich bei den Hamburgern die Fehler summierten. Amin Younes (57.) nach Patzer von Daniel Elfadli und Schonlau, und Kenan Karaman, der schneller als Miro Muheim zum Ball ging, trafen für die Gäste.
Beim HSV fehlte ein Führungsspieler auf dem Platz, um für Sicherheit zu sorgen. Schonlaus Versuche blieben wirkungslos.
Die Statistik
- HSV: Heuer Fernandes – Elfadli, Schonlau, Muheim – Mikelbrencis (59. Hefti), Poręba, Meffert (59. Perrin), Katterbach (79. Dompé) – Richter (71. Karabec) – Selke, Königsdörffer (71. Stange).
- Schalke: Heekeren – Bulut, Schallenberg, Kamiński, Murkin – Grüger (90. Kalas), Seguin (84. Donkor) – Sylla (79. Aydin), Bachmann, Younes – Karaman.
- Schiedsrichter: Wolfgang Haslberger (St. Wolfgang).
- Zuschauer: 56.000.
- Tore: 1:0 Richter (29.), 2:0 Königsdörffer (30.), 2:1 Younes (57.), 2:2 Karaman (74.).
- Gelbe Karten: Katterbach (2), Poręba – Seguin (3)
- Torschüsse: 19:7
- Ecken: 2:4
- Ballbesitz: 49:51 Prozent
- Zweikämpfe: 68:66