Hamburg. Trotz mäßigem Erfolg ist das Interesse am HSV und Schalke riesig. Experte erklärt Kuntz’ Vorgehen mit Baumgart.

Thomas Wagner wird nur das Licht auf dem Rollfeld des Kölner Flughafens sehen, wenn am Sonnabend der Rasen des Volksparkstadions im Flutlicht erstrahlt. Der Sky-Moderator, der seit seiner Kindheit „hemmungslos in den HSV verliebt“ ist, wäre zu gern wieder dabei gewesen beim Zweitliga-Topspiel seines Herzensvereins gegen den FC Schalke (20.30 Uhr/Sky, Sport1 und im Abendblatt-Liveticker).

Doch der 53-Jährige ist am Nachmittag für den TV-Sender beim Bundesligaspiel zwischen Meister Leverkusen und Heidenheim im Einsatz und am Sonntagvormittag zu Gast im Sport1-„Doppelpass“. Also fliegt er schon am Abend nach München. Zum Glück kann er das HSV-Spiel auf seinem Handy streamen. „Ich werde auf dem Rollfeld Sky Go anmachen und die zweite Hälfte im Hotelzimmer verfolgen“, plant Wagner, der sich großer digitaler Gesellschaft sicher sein darf.

HSV und Schalke: Die Quotenkönige der Liga

Vor einem Jahr, beim spektakulären 5:3-Erfolg des HSV gegen Schalke, verfolgten 756.000 Fans das Zweitligaeröffnungsspiel bei Sky. Es war das reichweitenstärkste Einzelspiel der Saison 2023/24, obwohl es parallel auch bei Sat.1 frei empfangbar war. Das teilte der Bezahlsender auf Anfrage mit. Und auch in der laufenden Spielzeit stellt der HSV schon wieder den Bestwert mit dem Duell beim 1. FC Köln (2:1), als 495.000 Zuschauer das diesjährige Eröffnungsspiel einschalteten. Nicht weit dahinter folgt der 2:1-Auswärtssieg Schalkes bei Preußen Münster (464.000).

Auch in seinem siebten Zweitligajahr sorgt der HSV im Fernsehen für Topquoten auf Bundesliganiveau. Gleiches gilt für den kommenden Gegner. „Der HSV und Schalke sind immer noch unter den Top sechs von den TV-Quoten in Deutschland“, sagte Wagner am Donnerstag im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“.

Mehr TV-Millionen für HSV und Schalke?

Wagner bestätigt das offene Geheimnis, dass die Zweite Liga mit den Traditionsclubs wie Köln, HSV, Schalke, Kaiserslautern, Hertha und Hannover attraktiver geworden sei als eine Vielzahl der Bundesligaspiele. Beim aktuellen Milliardenpoker um die Ausschreibung der TV-Rechte für den Zeitraum von 2025/26 bis 2028/29 setzt sich der HSV zusammen mit fünf weiteren Traditionsclubs deshalb für eine andere Verteilung des Geldes ein.

Die Hamburger fordern eine stärkere Honorierung von Zuschauerinteresse, hauseigenen Internetbeiträgen und der Stimmung im Stadion, um mehr vom Kuchen abzubekommen. Wagner zeigt Verständnis für diese Haltung. „Warum soll eine so lang gewachsene Fankultur nicht auch belohnt werden?“, fragt er rhetorisch und zieht einen „Dosen“-Vergleich zum außerhalb Leipzigs nicht gerade beliebten Rasenballsport-Verein.

Sky-Moderator Thomas Wagner (l., hier im Gespräch mit Leverkusens Meistertrainer Xabier Alonso) macht kein Geheimnis aus seiner Liebe zum HSV.
Sky-Moderator Thomas Wagner (l., hier im Gespräch mit Leverkusens Meistertrainer Xabier Alonso) macht kein Geheimnis aus seiner Liebe zum HSV. © imago/Team 2 | IMAGO/Maik Hölter/TEAM2sportphoto

Doch zur Wahrheit, und das sagt auch Wagner, gehört eben auch, dass „Vereine wie Freiburg, Mainz und Kiel“, die nicht mit den TV-Quoten von Schalke und dem HSV mithalten können, „in den vergangenen Jahren gut gearbeitet haben“.

Wagner über HSV-Stürmer Glatzel: „outstanding“

Aktuell laufen die beiden Topspielgegner der Zweiten Liga mal wieder ihrem eigenen Anspruch hinterher. Schalke spielt gegen den Ab- statt um den Aufstieg, und der HSV steht trotz der auf dem Transfermarkt gezeigten Muskeln nur auf Platz fünf. „Schalke ist ein großes Stück deutscher Fußballkultur. Ich finde es grauenhaft, in welche Spirale man dort geraten ist“, klagt Wagner, der den Kader für „schlecht zusammengestellt“ hält. Es fehle vor allem an Tempo, aber auch die Spieleröffnung sei „eher unteres Mittelmaß“.

Defizite in der Defensive hat Wagner auch beim HSV ausfindig gemacht. Es fehle „ein schneller Innenverteidiger seit Mario Vuskovics Dopingsperre“. Viel größer wiege allerdings der monatelange Ausfall Robert Glatzels, der in der Liga „outstanding“ und „auf gar keinen Fall“ zu ersetzen sei. Dass in dieser Phase auch noch Ludovit Reis verletzt ausfalle, sei „brutal“.

In dieser Situation nütze es auch nichts, „auf den breiten Kader zu verweisen“. Marco Richter habe in Mainz ein Jahr lang fast gar nicht gespielt. „Das wird seine Gründe haben“, sagt Wagner. „Nur nach Namen zu gehen, macht die Mannschaft noch lange nicht gut.“

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Kuntz‘ TV-Auftritt bei Sky diskutiert

Kritik an der Mannschaft äußerte auch HSV-Sportvorstand Stefan Kuntz vor wenigen Wochen, als er nach der 2:4-Pleite in Elversberg vor die Sky-Kamera trat. „Bei Elversberg stand eine Mannschaft auf dem Platz, bei uns nicht“, schimpfte der Manager.

„Ich fand das, was er inhaltlich gesagt hat, absolut berechtigt“, pflichtet Wagner Kuntz bei, dessen Aussagen redaktionsintern jedoch kontrovers diskutiert wurden. So äußerten einige als TV-Experten eingesetzte Ex-Spieler Kritik daran, „relativ früh in der Saison die höchste Eskalationsstufe gezündet“ zu haben, „indem er die Spieler angezählt hat“.

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Über das richtige Verhalten in der Öffentlichkeit hat Wagner auch schon Steffen Baumgart im Rahmen des Trainerlehrgangs ein Kommunikationsseminar gegeben, als dieser noch beim Berliner AK gearbeitet hatte. Neun Jahre später wird der HSV-Trainer längst als Medienprofi angesehen. Fragen nach seiner persönlichen Drucksituation in Anbetracht der aktuellen Krise parierte er am Donnerstag routiniert.

HSV-Vorstand Stefan Kuntz (v.l.), Trainer Steffen Baumgart und Sportdirektor Claus Costa. Wie lange hält der Frieden im Volkspark?
HSV-Vorstand Stefan Kuntz (v.l.), Trainer Steffen Baumgart und Sportdirektor Claus Costa. Wie lange hält der Frieden im Volkspark? © WITTERS | ValeriaWitters

Intern genießt Baumgart ohnehin die nötige Rückendeckung. Doch Wagner ist davon überzeugt, dass dieser Zustand nicht von Dauer sein muss. „Kuntz verfolgt seine Ziele knallhart. Wenn er das Gefühl hat, dass das Ziel Aufstieg ins Wanken gerät, wird er auf der Trainerposition etwas verändern.“

Schon bei einem ausbleibenden Sieg gegen Schalke könnte es ungemütlich werden für Baumgart, der eine Gemeinsamkeit mit Wagner teilt: die Liebe zum HSV.

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