Freiburg. HSV-Profis zeigen richtige Reaktion auf das Elversberg-Spiel. Baumgart schlägt einen neuen Ton an, doch der Gradmesser kommt erst noch.

Steffen Baumgart und der HSV hatten es eilig. Um mit dem eigens organisierten Charterflug nicht vom Hamburger Nachtflugverbot getroffen zu werden, musste es schnell gehen nach der 1:2 (0:2)-Pokalniederlage in der zweiten Runde beim SC Freiburg. Weil die Gastgeber allerdings keine Eile verspürten, kam es zu einer kurzfristigen Planänderung, die eine Premiere zur Folge hatte. Denn die turnusmäßige Pressekonferenz der Trainer wurde aufgeteilt – und den ersten Part eröffnete HSV-Sprecher Philipp Langer, der auswärts normalerweise nicht das Podium betritt.

An seiner Seite saß der spürbar gut gelaunte Baumgart, der nicht nur zufrieden über die funktionierende Reiseplanung des HSV war. „Nach dem Seitenwechsel waren wir mutiger. So wurde aus einer guten eine sehr gute Leistung“, lobte der 52-Jährige seine Mannschaft am Mittwochabend.

HSV zeigt Reaktion nach scharfer Kritik

Vier Tage zuvor klang das noch völlig anders. Im Zusammenspiel mit Sportvorstand Stefan Kuntz hatte Baumgart das Auftreten seiner Profis bei der 2:4-Pleite in Elversberg scharf kritisiert. Der eine sprach davon, dass sich die Hamburger „in einer Halbzeit alles mit dem Arsch eingerissen“ hätten (Baumgart). Der andere löste eine Mentalitätsdebatte aus (Kuntz). „Warum ist der Führungsspieler nicht da?“, hatte der Manager hinterfragt und dem Gegner das bessere Kollektiv bescheinigt. „Bei Elversberg stand eine Mannschaft auf dem Platz, bei uns nicht.“

In Freiburg zeigte der HSV wieder sein anderes Gesicht. „Wir haben gezeigt, dass wir ein Team sind, in dem alle füreinander arbeiten“, lobte Torschütze und Führungsspieler Jonas Meffert, der beim Zweitliga-Heimspiel am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg Gelb-Rot-gesperrt ist.

Neben dem Mittelfeldstrategen fehlen mit Kapitän Sebastian Schonlau (Rotsperre) und Torjäger Robert Glatzel (Sehnenabriss im Hüftbeuger) zwei weitere Achsenspieler. Bricht nun also eine neue Führungsspielerdebatte ohne Führungsspieler aus? „Es gab Zeiten, da hätten wir die weiße Fahne gehisst, wenn Glatzel, Meffert und Schonlau ausfallen. Das tun wir jetzt nicht dank unseres breiten Kaders. Ich bin mir sicher, eine sehr gute Mannschaft zu sehen“, kündigte Baumgart an.

Baumgart setzt neuen Maßstab für HSV-Profis

Seinen Optimismus schöpft der HSV-Trainer aus dem sowohl kämpferisch als auch spielerisch gelungenen Auftritt beim Bundesliga-Fünften, den der Zweitligist beinahe in die Verlängerung gezwungen hätte. Damit scheint der Ärger über die Leistung in Elversberg vorerst verflogen.

HSV-Trainer Steffen Baumgart war diesmal zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft.
HSV-Trainer Steffen Baumgart war diesmal zufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft. © Getty Images | Daniela Porcelli

„Ab und zu stehen wir uns selbst im Weg“, sagte Baumgart. „Die Jungs können eine ganze Menge, nicht nur fußballerisch, sondern auch in dem, was im Fußball zuerst kommen muss: nämlich Mentalität. Wenn wir die zurückliegenden Spiele bewerten, dann war das Elversberg-Spiel die Ausnahme. Und ich hoffe, dass es die Ausnahme bleibt.“ Beim TV-Sender Sky ergänzte der Coach, dass Spiele wie in Freiburg „vom Tempo und von der Bereitschaft her der Maßstab sein“ müssen.

Die Reaktion nach der Minusleistung von Elversberg ist also geglückt, wie auch Daniel Elfadli befand. „Er hatte nicht unrecht“, sagte der Defensivallrounder über die deutliche Kritik von Kuntz, der am Mittwoch 62 Jahre alt wurde, und ergänzte: „Wir wollen uns nicht so wie in Elversberg präsentieren, sondern als geschlossene Einheit.“

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HSV und die Führungsspieler-Debatte: Gradmesser kommt erst

In den Topspielen, so wie jetzt im Pokal, hatten die HSV-Profis allerdings noch nie Probleme, an ihr Limit zu gehen. Auch in den Heimspielen vor nahezu immer ausverkaufter Kulisse sind die Hamburger in der Lage, ihr Leistungsniveau abzurufen. Um einen Lerneffekt aus dem Elversberg-Spiel zu erkennen, dürften also wenige die Partien in Freiburg und am Sonntag gegen Nürnberg als Gradmesser dienen. Sondern vielmehr die in den kommenden Wochen anstehenden Auswärtsspiele bei den Abstiegskandidaten Braunschweig (8. November) und Aufsteiger Ulm (15. Dezember).

„Bis zu der Niederlage in Elversberg hatten wir einen super Lauf. So ein Spiel wie in Elversberg kann einmal passieren im Laufe der Saison“, sagte Meffert. „Natürlich war das zu wenig von uns, aber das ist vergessen.“

Klar ist aber auch, dass bei einer Wiederholung einer solchen Leistung die Erinnerungen an Elversberg schnell wieder hochkämen. Nach dem Rüffel ihrer Chefs scheinen die Profis darauf sensibilisiert zu sein. Aktuell fällt der Ton beim HSV wieder sanfter aus.