Hamburg. HSV-Sportvorstand erklärt seine Haltung im Dopingfall Mario Vuskovic und kritisiert die Wada in mehreren Punkten.

Stefan Kuntz war sichtlich gut gelaunt, als er am Sonntagabend zu Gast im NDR-„Sportclub“ war. Wenige Stunden zuvor hatte der HSV überzeugend und auch in der Höhe verdient mit 5:0 gegen Aufsteiger Regensburg gewonnen. Trotzdem sieht der Sportvorstand auch Verbesserungsbedarf in der Mannschaft. „Natürlich hätten wir gern das perfekte Spiel, da sind der Trainer und ich gleich“, sagte Kuntz im Hinblick auf eine kurze Phase Anfang der zweiten Halbzeit, als Regensburg nach seinem Geschmack etwas zu häufig den Ball hatte.

Letztlich traten die Gäste allerdings kaum gefährlich in Erscheinung. Nach fünf Spieltagen hat der HSV gerade einmal vier Gegentore kassiert. So kompakt stand die Defensive zuletzt, als Mario Vuskovic noch spielberechtigt war. „Wir bräuchten eigentlich eine Talkshow für diesen Fall“, sagte Kuntz, als er nach dem bis November 2026 wegen Dopings gesperrten Kroaten befragt wurde.

HSV-Vorstand Kuntz ordnet Fall Vuskovic ein

Der Manager kann das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs (Cas) aus vielerlei Gründen nicht nachvollziehen. Er zählte die nicht ordnungsgemäß gelagerte Urinprobe auf, mit der „alles begann“. Zur Erinnerung: Bis zur Abholung eines DHL-Kurierdienstes lag Vuskovics A- und B-Probe drei Tage in einem privaten Kühlschrank des Dopingkontrolleurs, ehe beide Gefäße zur Analyse ins Labor gebracht worden sind. Eine seitens der Nationalen Doping-Agentur (Nada) vorgeschriebene Dokumentation der Verwahrung der Probe liegt nicht vor.

Kuntz nannte außerdem das Hautscreening, das weitere Zweifel am positiven Epo-Befund hervorgebracht habe, da keine Einstichstellen in Vuskovics Körper gefunden worden seien. Diese müsste es zwar geben, da Epo ausschließlich gespritzt wird. Allerdings konnte die Untersuchung wegen der späteren Bekanntgabe des Testergebnisses erst drei Monate nach der Dopingkontrolle durchgeführt werden. Durch die verstrichene Zeit ist nicht auszuschließen, dass Einstichstellen inzwischen nicht mehr sichtbar waren.

Kuntz benennt Zweifel im Fall Vuskovic

Doch die Liste an Zweifeln ist lang. Eines der wissenschaftlichen Argumente eines möglicherweise falsch-positiven Tests ist die sogenannte Überladung der Banden. Internationale Gutachter um den Kanadier David Chen werfen den Laboranten vor, die Urinprobe bei der Analyse nicht verdünnt zu haben. Dies wäre aber aus ihrer Sicht nach einer anstrengenden Trainingseinheit, die bei Vuskovic zu „Belastungsurin“ geführt habe, notwendig gewesen, um eine zu hohe Proteindichte zu vermeiden. Die Folge: Ein falsch-positives Ergebnis.

„Mario hatte nach dieser Trainingseinheit nichts getrunken“, schilderte Kuntz, ehe er die bereits vor dem Cas präsentierten Argumente der Anwälte wiederholte. Seit dem Urteil des DFB-Sportgerichts, das Vuskovic zunächst für zwei Jahre gesperrt hatte, seien „die Regularien der Wada verändert“ worden. „Auf einmal muss die Urinprobe in solchen Fällen verdünnt werden, vorher war von kann die Rede“, kritisierte der Vorstand das intransparente Vorgehen der Antidoping-Kämpfer. „Es gibt ein paar Ungereimtheiten.“

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Den Umgang des HSV, der Vuskovics Vertrag aus haftungsrechtlichen Gründen auflösen musste, ihn aber mit einem neuen Vertrag nach Ablauf der Sperre ausstattete, hob Kuntz positiv hervor. Er zog einen Vergleich zur Identitätsdebatte um Bakery Jatta, die vom HSV seinerzeit ebenfalls scharf verurteilt worden war.

Die Fälle Vuskovic und Jatta seien „zwei zusammenschweißende Momente, in denen sich der HSV mit seiner Fankultur neu gefunden hat und zeigen konnte, was diesen Club mit seiner Loyalität einzigartig macht“, sagte Kuntz. „Mario hat extrem gute Spuren in der Mannschaft hinterlassen.“ Hinzu komme das Verständnis für die Haltung des Clubs seitens der Sponsoren, der Gesellschafter und der Aufsichtsräte. Der neue Vertrag ab November 2026 sei daher „eindeutig eine Entscheidung des gesamten HSV.“

Natürlich, und auch daraus machte Kuntz kein Geheimnis, verhindert der HSV damit einen ablösefreien Wechsel Vuskovics in zwei Jahren. „Mit unserer Entscheidung verlieren wir den Wert des Fußballers nicht“, sagte der Vorstand.