Hamburg. Offensiv furioser HSV holt gegen Regensburg den zweiten Sieg in Folge. Alle drei Stürmer treffen, doch es gibt noch einen anderen Grund.

Zum Schluss gab es noch einmal Diskussionen. Kapitän Sebastian Schonlau, Jonas Meffert und Davie Selke hatten sich um Schiedsrichter Robin Braun versammelt, der auf eine Rückmeldung aus Köln wartete. Der eingewechselte Selke hatte soeben das 4:0 des HSV gegen den überforderten Aufsteiger Jahn Regensburg erzielt.

Doch Videoassistent (VAR) Patrick Alt schaltete sich ein, um ein vermeintliches Foul des Torschützen zu überprüfen. Letztlich hatte die Entscheidung Brauns aber bestand, der zum Jubel der Hamburger und ihrer Fans auf den Anstoßpunkt zeigte. „Ich habe zum Schiedsrichter gesagt, er soll mir das Tor bloß nicht wegnehmen. Ich brauche das!“, erklärte Selke seinen Redebedarf.

Dass der Stürmer diesen Treffer unbedingt wollte und brauchte, hat mit dem neuen Konkurrenzkampf des HSV zu tun, der beim 5:0 (2:0)-Sieg gegen Regensburg noch einmal offensichtlich wurde. Um sich in der Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart zu bewähren, zählt jede Torbeteiligung. Für einen Unterschiedsspieler wie Jean-Luc Dompé reicht es aktuell nur für einen Platz auf der Bank.

HSV siegt dank neuem Konkurrenzkampf

Die neue Konkurrenz aber wirkt, wie Dompé nach seiner Einwechslung mit zwei Toren und einer Vorlage zeigte. Aber auch Selke machte in seinem Kurzeinsatz mächtig Betrieb. Mit ihm, Robert Glatzel und Ransford Königsdörffer trafen alle drei Angreifer. „Vielleicht müssen wir das System auf drei Stürmer umstellen“, scherzte Selke.

Der Trainer hat dagegen an seiner neuen Personalauswahl nur bedingt Spaß. „Es macht meine Arbeit nicht einfacher“, sagte Baumgart über die vielen Härtefallentscheidungen, die er nun jede Woche treffen muss.

Neben dem leicht angeschlagenen Adam Karabec fehlten gegen Regensburg auch Neuzugang Lucas Perrin (Fitnessrückstand), Levin Öztunali, Nicolas Oliveira, William Mikelbrencis und Anssi Suhonen wegen des großen Konkurrenzkampfes im 20er-Kader. Für Vizekapitän Ludovit Reis reicht es aktuell ebenfalls nur für die Bank. 

HSV-Startelfdebüt für Richter

Baumgart brachte erstmals Neuzugang Marco Richter von Beginn an. In der Defensive kehrte Kapitän Sebastian Schonlau von seiner Sperre (Gelb-Rot) zurück in die Startelf, in der auch Youngster Fabio Baldé wieder einen Platz fand.

Der schnelle 19-Jährige stand schon bei der ersten Aktion des Spiels im Fokus. Daniel Elfadli eroberte den Ball im Mittelfeld und legte links raus auf den völlig allein gelassenen Baldé, dessen Qualitäten sich offenbar noch nicht bis nach Regensburg herumgesprochen haben. Ohne Gegenwehr chipte der Flügelspieler eine butterweiche Flanke auf den Kopf von Königsdörffer, der nach nur 44 Sekunden zum 1:0 für den HSV einköpfte.

In einer sehr dominanten Anfangsphase drückten die Hamburger weiterhin aufs Tempo. Königsdörffer schüttelte ohne Probleme seinen Gegenspieler im Strafraum ab und legte quer auf Richter, der den Ball nicht voll traf, ihn aber trotzdem aufs Tor brachte. Für den geschlagenen Torwart Felix Gebhardt rettete Dominik Kother auf der Torlinie (5.).

Baldé mit zwei Vorlagen beim HSV

Keine zwei Minuten später trat der Regensburg auch offensiv in Erscheinung. Nachdem Schonlau ein Fehlpass im Spielaufbau unterlaufen war, lag das Spielgerät plötzlich im Tor des HSV. Der vermeintliche Ausgleich, erzielt durch einen Pressschlag zwischen Kother und dem grätschenden Dennis Hadzikadunic, wurde allerdings zurückgenommen. Videoassistent Alt meldete sich und kassierte den Treffer zu Recht wegen einer Abseitsstellung (7.) ein. „In unserem Aufbauspiel gehören Fehler leider noch dazu. Wir werden uns stetig weiterentwickeln, dass solche Geschichten nicht immer passieren“, ärgerte sich Baumgart. 

Es sollte der einzige Moment des gesamten Spiels bleiben, in dem der HSV defensiv unsortiert wirkte. Dem zielstrebigen Spiel der Hamburger verleitete diese Szene ebenfalls keinen Knacks. Im Gegenteil. Kurz darauf war auf der linken Seite mal wieder Baldé enteilt, der Gegenspieler Robin Ziegele mit seiner Dynamik Kopfschmerzen bereitete. Ein flacher Querpass in den Lauf von Glatzel und schon stand es 2:0 (14.).

Fabio Baldé überragte beim HSV mit zwei Vorlagen, eine galt Torjäger Robert Glatzel.
Fabio Baldé überragte beim HSV mit zwei Vorlagen, eine galt Torjäger Robert Glatzel. © WITTERS | ValeriaWitters

Baldé jubelte wie ein kleiner Junge, der soeben die komplette Parallelklasse im Alleingang spielerisch auseinandergenommen hatte. Doch es ist tatsächlich die 2. Bundesliga, der er zunehmend seinen Stempel aufdrückt. „Ich lebe meinen Traum“, sagte Baldé, der in der Länderspielpause seinen Vertrag beim HSV bis 2029 verlängert hatte. Auch Baumgart hob Baldé aus der Mannschaft hervor. „Er hat hier in der letzten Saison gar keine Rolle gespielt. Jetzt hat er eine Rolle. Das passiert nicht nebenbei. Das ist unser Weg“, sagte der Trainer.

HSV in allen Punkten dominant

Doch nicht nur Baldé funktionierte. Unterstützt vom spielfreudigen Richter harmonierten Königsdörffer und Glatzel im Angriff prächtig. Einer der beiden Stürmer ließ sich immer wieder geschickt auf die Zehnerposition fallen, um Unruhe in der Regensburger Hintermannschaft zu stiften. Vor der Abwehr, die erneut kaum etwas anbrennen ließ, räumten Daniel Elfadli und Jonas Meffert alles ab.

Defensiv stand die Mannschaft von Baumgart äußerst kompakt und ließ erneut kaum Torchancen des Gegners zu. „Wir haben in der Vorbereitung einen sehr großen Fokus auf die Defensive gelegt und im Vergleich zum Vorjahr deutlich etwas verändert“, sagte Schonlau, der seinen Anteil an nur vier Gegentoren nach fünf Spielen hat. „Das Trainerteam hat einen Weg gefunden, der sehr gut ist.“ Unmittelbar vor der Pause ging allerdings ein Raunen durch das Stadion, als Schonlau einen verunglückten Rückpass von Silvan Hefti kurz vor der Torlinie abfing.

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Im zweiten Durchgang zogen sich die Hamburger, wie schon in den vorherigen Spielen, etwas zurück und überließen auch mal den Gästen den Ball, die damit allerdings kaum etwas anzufangen wussten. Es dauerte bis zur 73. Minute, als Torwart Daniel Heuer Fernandes nach dem Schuss von Noah Ganaus das erste Mal zupacken musste. Allerdings, und das gehört auch zur Wahrheit dazu, hatte Hadzikadunic bei seiner Klärungsaktion reichlich Glück, als er eine Flanke knapp neben den Pfosten zur Ecke lenkte (72.).

HSV-Stürmer Selke trifft bei Kantersieg

Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Ludovit Reis und Jean-Luc Dompé für Richter und Baldé im Spiel. Letzterer wurde bei seiner Auswechslung von Standing Ovations begleitet. Der verdiente Lohn eines erneut starken Auftritts.

Applaus holte sich auch Dompé ab, der seinen Treffer zum 3:0 bei einem Doppelpass mit Immanuel Pherai selbst einleitete und schließlich beherzt ins kurze Eck traf (76.). Es klappte einfach alles an diesem Sonntagnachmittag. Kurz vor Schluss trafen auch noch Selke (89.) und erneut Dompé (90.+3) zum viel umjubelten Kantersieg – und das gegen einen Aufsteiger. Wer hätte das gedacht.

Die Statistik

  • HSV: Heuer Fernandes – Hadzikadunic, Schonlau, Muheim – Hefti (81. Sahiti), Elfadli, Meffert, Baldé (62. Dompé) – Richter (62. Reis) – Königsdörffer (75. Pherai), Glatzel (75. Selke).
  • Regensburg: Gebhardt – Ziegele, Ballas, Breunig, Schönfelder – Ernst, Geipl (80. Bauer) – Pröger (80. Meyer), Viet (88. Bulic), Kother (68. Ochojski) – Kühlwetter (68. Ganaus).
  • Schiedsrichter: Robin Braun.
  • Tore: 1:0 Königsdörffer (1.), 2:0 Glatzel (14.), 3:0 Dompé (76.), 4:0 Selke (89.), 5:0 Dompé (90.+3).
  • Zuschauer: 53.779 
  • Torschüsse: 15:4 
  • Ecken: 5:4 
  • Ballbesitz: 62:38 Prozent
  • Zweikämpfe: 68:66