Hamburg. Vuskovic war vor dem Cas gegen die DFB-Sperre in Berufung gegangen. Hamburger Star-Anwalt glaubt nach Verhör weiter an seine Unschuld.
Es war eine verdächtige Stimmung am Dienstagmittag beim HSV-Training im Volkspark. Mit einer halben Stunde Verspätung kam die Mannschaft auf den Trainingsplatz. Nach zwei Stunden gingen die Spieler dann geschlossen wieder rein, ohne einen Autogrammwunsch zu erfüllen. Viele enttäuschte Kinder blieben zurück. Kapitän Sebastian Schonlau soll einem Fan gesagt haben, dass die Mannschaft einen Moment für sich brauche.
Erst eine Stunde später wurde klar, was dahintersteckte: Die Spieler des HSV hatten erfahren, dass Mario Vuskovic den Kampf um seine Unschuld verloren hat. Wie das Abendblatt erfuhr, hat der Internationale Sportgerichtshof (Cas) den 22 Jahre jungen HSV-Profi wegen Epo-Dopings für vier Jahre gesperrt.
Der Club teilte am späten Nachmittag mit, dass Vuskovic und seine Anwälte zunächst das umfangreiche schriftlich zugegangene Urteil prüfen. „Spieler und Verein bitten um Verständnis, dass dies einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Im Nachgang werden der HSV und Vuskovic in den internen Diskurs gehen, die neue Sachlage bewerten und dann das weitere Vorgehen besprechen“, schrieb der HSV.
Mario Vuskovic: HSV-Profi wegen Dopings vier Jahre gesperrt
Für Vuskovic, den HSV und die Fans ist die Nachricht ein Schock. Der Kroate wurde vor zwei Jahren am 16. September nach einem Training positiv auf Epo-Doping getestet. Seit dem 15. November 2022 ist der Innenverteidiger vom DFB aus dem Verkehr gezogen.
Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hatte Vuskovic am 30. März 2023 nach einer Verhandlung mit drei Terminen zunächst für zwei Jahre gesperrt. Eine unübliche und von den Regularien abweichende Entscheidung, da bei Doping entweder eine Sperre von vier Jahren ausgesprochen wird – oder ein Freispruch erfolgt. Gegen das Urteil gingen sowohl Vuskovic als auch die Anti-Doping-Agenturen Nada und Wada sowie der DFB in Berufung.
HSV-Profi Vuskovic sollte seine Unschuld beweisen
Mitte Mai wurde der Fall schließlich in einer zweitägigen Verhandlung vor dem Cas in Lausanne (Schweiz) noch einmal neu aufgerollt. Unter Tränen hatte Vuskovic zum wiederholten Mal seine Unschuld beteuert. Doch letztlich konnte er nicht nachweisen, wie es zu der positiven Epo-Probe kam. Sein Problem: Anders als im Strafrecht muss der Verdächtige im Sportrecht seine Unschuld beweisen.
Vuskovic und seine internationalen Wissenschaftler um den kanadischen Proteinchemiker David Chen und den US-Amerikaner Paul Scott hatten auf einen falsch-positiven Dopingtest gesetzt und ihre Thesen vor dem Cas bis ins letzte Detail begründet. Doch all die Argumente brachten die Vertreter der Nada und Wada nicht im Ansatz zum Wanken. Die Organisationen haben keinen Zweifel, mit Vuskovic einen Dopingsünder überführt zu haben.
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Zweifel an Epo-Analyseverfahren bleiben
Letztlich ging es den Antidoping-Kämpfern im Fall Vuskovic auch darum, ihr eigenes System zu schützen. Ein Freispruch hätte die gesamte Analysemethode Sar-Page infrage gestellt. Zur Erinnerung: Bei Epo gibt es keine Grenzwerte, sondern es werden Bilder schwarzer Rechtecke verglichen, die Schattierungen als Indikator für Doping abwerfen. An dieser Methode gibt es immer wieder Kritik, selbst innerhalb der Wada wünschen sich einzelne Wissenschaftler ein transparenteres Verfahren.
Umso verwunderlich ist es, dass weder die Wada noch die Nada einen unabhängigen externen Blick auf ihre Arbeit zulassen. Als DFB-Richter Stephan Oberholz die erneute Analyse von Vuskovics Urinprobe per Beweisbeschluss angeordnet hatte, kassierte ihn die Wada umgehend ein – mit der Begründung, dass ein solches Vorgehen in den Regularien nicht vorgesehen sei. In der Folge ist Oberholz‘ richterliche Anordnung nie umgesetzt worden. Auch diese Geschichte ist ein Teil des komplexen Verfahrens.
Wie Vuskovic um seine Unschuld kämpfte
Vuskovic hatte von Anfang an alles auf die Karte Freispruch gesetzt. Als Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses ihm einen vermutlich ohnehin juristisch nicht haltbaren Kompromiss einer Sechs-Monats-Sperre vorschlug, lehnte der HSV-Profi ab. Die Annahme wäre gleichbedeutend mit einem Schuldeingeständnis gewesen, das für ihn nicht infrage kam.
Um seine Unschuld zu beweisen, bestand der Innenverteidiger zwei Lügendetektortests. Außerdem wurden bei einem Hautscreening keine Einstichstellen von Spritzen festgestellt. Die HSV-Mannschaftsärzte Wolfgang Schillings und Götz Welsch bezeugten unauffällige Blutwerte, die ein systematisches Doping ausschließen.
Hamburger Star-Anwalt beteuert Vuskovics Unschuld
Zu guter Letzt, und dieses Detail war bislang noch nicht bekannt, wurde Vuskovic nach Abendblatt-Informationen auch beim Hamburger Star-Anwalt Gerhard Strate (74) vorstellig, der ihn zwei Stunden lang verhörte und dabei alle psychologischen Tricks anwandte. Der Jurist gilt als Spezialist, Lügner zu überführen. Doch bei Vuskovic gab es dafür keine Indizien. Am Ende legte sich Strate fest, dass der Abwehrspieler nicht gedopt haben kann.
Doch all die Argumente überzeugten die drei Cas-Richter nicht ausreichend, sie gewichteten die positive A- und B-Probe höher. Vuskovic hat seinen Kampf verloren.
Strafrechtlich drohen Vuskovic dagegen keine Konsequenzen, da weder die Beamten der für Doping zuständigen Wasserschutzpolizei noch die Staatsanwaltschaft Hinweise auf Doping ermittelt haben. Der Kroate hat längst alle bei einer Razzia beschlagnahmten Datenträger zurückerhalten, Spuren wurden weder in seinem Browserverlauf noch in seinen Chats gefunden. Dabei muss es für Epo Hintermänner geben, Ärzte, die ihm die verbotene Substanz gespritzt haben. Klare Indizien dafür gibt es keine.
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Mario Vuskovic: Berufung gegen Urteil nicht möglich
Gegen das Urteil kann nicht in Berufung gegangen werden, der Cas ist die letzte Instanz. In der Theorie könnte Vuskovic, der mehr als eine halbe Million Euro an Prozesskosten ausgegeben hat, zwar Einspruch vor dem Schweizer Bundesgericht einlegen. Dabei würde allerdings sein Verfahren nicht erneut aufgerollt werden, es ginge lediglich um Verfahrensfehler vor dem Cas, die allem Anschein nach ausgeblieben sind.
Damit bleibt der Innenverteidiger, der beim HSV bis 30. Juni 2025 unter Vertrag steht, bis November 2026 gesperrt. Ob er danach seine Karriere im Profibereich fortsetzen kann, ist fraglich. Im Moment überwiegt der Schock in der Familie Vuskovic.