Hamburg. HSV steht hinter dem Profi, ist nach dem Schock-Urteil aber gezwungen, Schadenersatzansprüche gegen ihn zu prüfen.

Als das Training des HSV am Mittwoch begann, war auch Mario Vuskovic präsent. Der Innenverteidiger war zwar nicht anwesend im Volkspark, und doch war er eben präsent – in den Köpfen der Fans und Verantwortlichen. Einen Tag, nachdem der Internationale Sportgerichtshof (Cas) den Kroaten wegen Epo-Dopings rückwirkend für vier Jahre bis November 2026 gesperrt hat, gab es fast ausnahmslos nur ein Thema unter den Trainingskiebitzen sowie auf der Geschäftsstelle des HSV: Mario Vuskovic.

Auch wenn im Volkspark der Schock über das Urteil überwiegt, muss sich der Zweitligist Gedanken machen, wie es nun weitergeht mit dem Profi, der aktuell noch einen Vertrag bis 2025 besitzt.

HSV muss Vertrag mit Vuskovic auflösen

Genau darin liegt bereits der erste Handlungsbedarf, denn nach Abendblatt-Informationen wird der HSV den Vertrag mit Vuskovic kündigen müssen. Für den Moment prüft der Club dieses Szenario, zu dem es keine wirkliche Alternative zu geben scheint. Der Hintergrund ist, dass der Vorstand um Stefan Kuntz und Eric Huwer einer Vermögensbetreuungspflicht der Kapitalgesellschaft nachkommen muss. Im Klartext: Der Vorstand könnte sich bei fortlaufender Gehaltszahlung im Zweifel strafbar machen, da der Spieler trotz bester Gesundheit die Gegenseite seines Arbeitsverhältnisses nicht erfüllen kann.

Bislang war das monatliche Salär auch juristisch vertretbar, mit dem finalen Cas-Urteil ist das aber nicht mehr möglich. Und zwar unabhängig davon, ob Vuskovic vor dem Schweizer Bundesgericht in Berufung geht. Zumal es dabei ohnehin nur um Verfahrensfehler ginge, das gesamte Verfahren also nicht erneut aufgerollt würde. „Der HSV-Vorstand muss in solchen Fällen sämtliche Haftungsgefahren bis hin zu einer möglichen persönlichen Haftung bedenken“, sagt Sportrechtler Horst Kletke dem Abendblatt.

Beim HSV ist man sich darüber bewusst, die nächsten Schritte werden nun in Ruhe geprüft. Priorität genießt aber weiterhin, gegenüber Vuskovic, von dessen Unschuld die Verantwortlichen weiterhin überzeugt sind, loyal zu sein – nur eben im Rahmen des Erlaubten.

HSV will Vuskovic auch ohne Vertrag unterstützen

Als realistisch gilt eine Kündigung mit sozialer Auslauffrist von rund vier Wochen. Parallel prüft der HSV, wie Vuskovic auch ohne einen Lizenzspielervertrag unterstützt werden kann. „Er weiß, dass er bei uns Partner hat, die zu ihm stehen und ihm auch helfen werden, wenn der ganz schwere Fall eintreten sollte“, verkündete Kuntz während der Saisonvorbereitung, nachdem er sich zuvor mit der Familie Vuskovic getroffen hatte. Dieser ganz schwere Fall ist nun eingetreten.

Zum Thema könnten auch mögliche Schadenersatzforderungen des HSV gegen Vuskovic werden, zum Beispiel über die Höhe der Gehaltszahlungen seit Beginn der Sperre im November 2022. Ein Szenario, auf das der Club am liebsten verzichten würde, doch auch in dem Fall muss zunächst geprüft werden, ob der Vorstand rechtlich dazu verpflichtet ist.

Zwei Jahre lang kämpfte Vuskovic um seine Unschuld, seine Prozesskosten betragen mehr als 500.000 Euro. Nun trifft ihn die Wucht des Urteils in voller Härte. Am Montagabend meldete er sich mit einem emotionalen Statement zu Wort.

Doping-Fälle um China und Sinner wirken vergleichsweise grotesk

Der Fall löst auch deshalb eine so große Betroffenheit aus, weil es den Antidoping-Agenturen an Konsequenz und Transparenz mangelt. Da wäre zum Beispiel der Fall Jannik Sinner, ein hochbegabter Tennisspieler, der gerade bei den US Open spielt, obwohl er im März zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet worden war.

Der Italiener, der sich seitdem in der Weltrangliste von Rang drei auf Rang eins verbessert hat, gab an, das Mittel sei durch seinen Physiotherapeuten in seinen Körper gekommen. Dieser soll sich an seiner Hand geschnitten und die Wunde mit einem in Italien rezeptfreien Spray behandelt haben, das Clostebol enthielt.

Die für Dopingfälle zuständige International Tennis Integrity Agency (ITIA) glaubte dieser Version und ließ Sinner nach einer vorläufigen Sperre wieder Matches bestreiten. Zwar prüft die Welt-Antidoping-Agentur Wada, dagegen in Berufung zu gehen. Dennoch erscheint diese Geschichte fast schon grotesk im Vergleich zu Vuskovic, der letztlich vergeblich auf eine Schar an internationalen Wissenschaftlern zurückgreifen konnte, die mutmaßliche Beweise für einen falsch-positiven Test vorlegten.

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Schließlich wäre da noch der Skandal um die 23 chinesischen Schwimmer, die im Jahr 2021 positiv auf das verbotene Herzmittel Trimetazidin getestet worden waren. Die Chinada, das chinesische Pendant der Nationalen Antidoping-Agentur (Nada), kam zu dem Ergebnis, dass angeblich Rückstände des Mittels in einer Küche eines Hotels gefunden wurden, in dem sich die Schwimmer aufgehalten und gegessen hatten.

Eine Quelle oder ein ernsthafter Beweis? Fehlanzeige. Und trotzdem akzeptierte die Wada diese schleierhaft wirkende Geschichte. Weitere Ermittlungen blieben aus.

Bei Vuskovic können solche Beispiele nur für Kopfschütteln sorgen. Für den Moment mag der Traum von der Fortsetzung seiner Fußballkarriere für ihn geplatzt sein. In den Köpfen der HSV-Fans wird er aber weiterhin präsent bleiben.