Köln. HSV-Torwart spricht über seine schwierige Zeit als Reservist und seine starke Parade beim HSV-Sieg in Köln. Baumgart denkt dadurch um.

Die Bilder seiner gigantischen Parade wird Daniel Heuer Fernandes noch ein paar Tage im Kopf behalten. Der Moment, als der HSV-Torwart in der Nachspielzeit der ersten Hälfte beim Auftaktsieg in Köln (2:1) reflexartig seinen linken Arm hochriss, um Tim Lemperles Schuss über den Querbalken zu lenken, war sein Moment.

„Zu so einer Parade gehören viele Komponenten“, sagte Heuer Fernandes bescheiden und zählte die Attribute Qualität und Glück auf. „Dafür stehe ich im Tor, um der Mannschaft zu helfen und Sicherheit auszustrahlen. Ich glaube, das ist mir heute gut gelungen – gerade mit dieser Parade zu einem guten Zeitpunkt, um mit einem 2:0 in die Halbzeit gehen zu können.“

HSV siegt auch dank Heuer Fernandes

Zur Wahrheit gehört zwar auch, dass der Treffer höchstwahrscheinlich vom Videoschiedsrichter (VAR) im Kölner Keller kassiert worden wäre, weil Lemperle den Ball zuvor mit der Hand mitnahm. Doch Heuer Fernandes, der den an einer Lungenentzündung erkrankten Matheo Raab vertrat, untermauerte mit seiner spektakulären Rettungstat, langfristig im Tor bleiben zu können.

Wie lange sein interner Rivale ausfällt, ist noch offen. Raab nimmt bis Sonntag ein Antibiotikum, danach wird er sich einem Lungentest unterziehen. Ist seine Lungenkapazität noch nicht bei 100 Prozent, darf er sich weiterhin sportlich nicht betätigen. Als sicher gilt bislang nur, dass Heuer Fernandes auch beim ersten Saisonheimspiel gegen Hertha BSC (10. August) sowie eine Woche darauf im Pokal beim SV Meppen (18. August) im Tor stehen wird.

Als Heuer Fernandes am Freitagabend gefragt wurde, ob diese drei Pflichtspiele – und vielleicht werden es sogar noch mehr – für ihn eine Chance zur Wachablösung im Tor bieten, rutschte ihm ein verlegenes „Ja“ heraus, bevor er wieder seine demütige Rolle ausfüllte. „Ich will stabil bleiben und meine Leistung bringen“, sagte er und ergänzte für seine diplomatischen Verhältnisse fast schon offensiv: „Ich habe Bock zu spielen.“

Nummer eins? Baumgart öffnet Heuer Fernandes die Tür

Heuer Fernandes überzeugte nicht nur wegen dieser einen Parade. Er strahlte auch darüber hinaus eine hohe Sicherheit aus, fing viele Flanken ab und war ein wichtiges Element im Aufbauspiel, um das Kölner Pressing zu überspielen. „Er ist ein Pressingbrecher“, lobte sein früherer Mitspieler und Sky-Experte Simon Terodde.

Der Moment, als HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes den Schuss von Köln Lemperle über die Latte lenkt.
Der Moment, als HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes den Schuss von Köln Lemperle über die Latte lenkt. © IMAGO/pepphoto | IMAGO/pepphoto / Horst Mauelshagen

HSV-Trainer Steffen Baumgart hob dagegen eher die Qualitäten im Abwehren von Torschüssen hervor. „Daniel ist ein sehr guter Torwart“, begann der HSV-Trainer, bevor er Heuer Fernandes die Tür für mehr öffnete. „Wenn er diese Leistungen wie heute bringt, gibt es keine Diskussion. Wenn er sie nicht bringt, ist der andere (Matheo Raab; d. Red.) relativ zügig da. Wenn Daniel so hält, dann werden seine Chancen nicht kleiner.“

Bislang hatte Baumgart Raab zu seiner klaren Nummer eins erklärt. Zuletzt bekräftigte er seine Entscheidung zum Start der Vorbereitung, die Raab allerdings fast komplett verpasste, weshalb der Kampf um den Posten im Tor neu eröffnet ist. „Wir haben zwei erste Torhüter. Es bleibt ein harter Konkurrenzkampf, das habe ich auch mit beiden klar besprochen“, sagte Baumgart.

HSV-Wechsel? Heuer Fernandes äußert sich

Über dieses klare Gespräch wollte Heuer Fernandes zwar nichts berichten. Auf die Frage, wie die Kommunikation mit Baumgart über seine Rolle sei, ließ er aber durchblicken, eine realistische Chance zur dauerhaften Rückkehr ins Tor zu haben. „Jeder kennt doch das Fußballgeschäft. Leistung ist das Wichtige, die muss man zeigen und das ist auch mein Anspruch“, sagte der 31-Jährige, der von Ex-Trainer Tim Walter Anfang Februar aus dem Tor genommen wurde und seitdem seinen Status als Nummer eins verloren hatte.

„Man muss klar in der Birne bleiben“, berichtete er über den mentalen Umgang mit seiner sportlich schwierigen Situation. „Natürlich habe ich lange auf diesen Moment gewartet. Ich habe oft betont zu glauben, der Mannschaft helfen zu können.“

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Da er nun wieder die Chance auf einen Stammplatz hat, ist ein Vereinswechsel, über den zuletzt spekuliert worden war, vorerst kein Thema mehr. „Ich bin froh, das Spiel bekommen zu haben, und glücklich, auf dem Platz zu stehen. Über alles andere mache ich mir keine Gedanken“, versicherte Heuer Fernandes, der den HSV als „geilen Verein“ bezeichnete, bevor er sich in das freie Wochenende verabschiedete. Auf der Rückfahrt im Mannschaftsbus hatte er genug Zeit, sich noch einmal die Bilder seiner Parade vor Augen zu führen.