Hamburg. Der HSV-Trainer sammelte ausgerechnet bei seiner Rückkehr nach Köln Pluspunkte bei den HSV-Fans. Worauf es für den Club jetzt ankommt.
Es war der wahrscheinlich häufigtse Satz, der im Zusammenhang mit dem HSV vor dem Saisonauftakt beim 1. FC Köln zu hören war: Wer soll ohne Robert Glatzel und Davie Selke die Hamburger Tore schießen? Entsprechend groß war die Skepsis unter den HSV-Fans vor dem Start in die siebte Zweitligasaison. Dass es zur Halbzeit dann bereits 2:0 für die Hamburger stand und Ransford Königsdörffer im Stile eines Mittelstürmers à la Selke/Glatzel traf, zeugt vom Potenzial, dass der HSV auch in dieser Saison in der Offensive hat.
Die wichtigste Erkenntnis dieses Abends aber war aus Hamburger Sicht eine andere: HSV-Trainer Steffen Baumgart hat bewiesen, dass er nicht nur seinen bekannten Pressingfußball spielen lassen kann. Der 52-Jährige hatte ausgerechnet in seiner alten Heimat mit seiner Aufstellung und seinen taktischen Ideen vieles richtig gemacht. Er ließ überraschend Jonas Meffert in der Arbeit gegen den Ball als zentralen Mann in der Fünferkette spielen. Damit hatte niemand gerechnet. Selbst Kölns Kapitän Timo Hübers sagte nach dem Spiel, dass er den HSV niemals so tief erwartet hätte. So tief habe Baumgart in zweieinhalb Jahren in Köln nicht spielen lassen.
Die Überraschung mit Meffert und Jatta
Dass sich die Fünferkette im Spielaufbau zu einer Dreierkette veränderte, hatte sich in der Vorbereitung angedeutet. Dass Bakery Jatta in dieser Anordnung als rechter Schienenspieler auflaufen durfte, war eine weitere Überraschung, die Baumgart sich überlegt hatte. Der Gambier konnte mit seinen bekannten Schwachstellen im Passspiel zwar nicht zeigen, dass er für diese Position eigentlich prädestiniert ist, in jedem Fall aber kommen die Stärken von Jatta in dieser Formation offensiv klar zur Geltung.
Neben Baumgart war Daniel Heuer Fernandes ein weiterer großer Gewinner dieses Abends. Der ehemalige Stammtorhüter zeigte vor allem in den Pressingphasen der Kölner, dass er mit seinen fußballerischen Fähigkeiten ein ganz wichtiges Element im Spielaufbau des HSV sein kann. Sky-Experte Simon Terodde nannte Heuer Fernandes einen „Pressingbrecher“. Zudem hielt er mit einer ganz starken Parade auch mit den Händen den Sieg fest.
Es wird keine leichte Entscheidung für Baumgart, wenn mit Matheo Raab die eigentliche Nummer eins in zwei Wochen wieder fit ist. Der Trainer hatte bereits angedeutet, dass das Rennen um die Position im Tor wieder offen ist. Und das wiederholte er nach dem Spiel. Heuer Fernandes hat nun wieder sehr gute Karten, seinen Platz zurückzuerobern. Seine Ruhe gibt der Mannschaft große Sicherheit.
Baumgart sammelt mit Baldé Pluspunkte bei den Fans
Und dann war da noch die Einwechslung des 19 Jahre jungen Eigengewächses Fabio Baldé, der in Köln sein Profidebüt gab. Baumgart wurde von vielen Fans bislang kritisch beäugt, weil junge Spieler es bei ihm angeblich schwer hätten. Mit Baldés Jokereinsatz hat Baumgart bei den Anhängern weitere Pluspunkte gesammelt.
Nicht unerwähnt darf aber bleiben, dass der HSV an diesem Abend auch das nötige Spielglück auf seiner Seite hatte, das den Kölnern fehlte. Die Hamburger ließen einige Großchancen zu viel zu. Kapitän Sebastian Schonlau und seine Abwehrkollegen zeigten aber den aboluten Willen, sich in jeden Schuss noch reinzuschmeißen.
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Um diesen Willen wird es im Laufe der Saison gehen, wenn der HSV wie immer von den kleineren Clubs vor größere Probleme gestellt wird. Dass die Hamburger Topspiele wie gegen Köln können, insbesondere zum Saisonstart, haben sie in den vergangenen sechs Jahren häufig genug bewiesen. Gereicht hat es am Ende für das große Ziel trotzdem nie. Das soll sich in dieser Saison endlich ändern.