Köln. Warum Davie Selke zum Zweitligastart des HSV in Köln fast ausgefallen wäre und wie er auf die gellenden Pfiffe der Fans reagiert.
Als Davie Selke beim Auftaktsieg des HSV (2:1) in der Nachspielzeit zur Einwechslung bereit stand, wurde es unruhig auf den Zuschauerrängen. Es war förmlich zu spüren, wie sich der Unmut einzelner Kölner Fans in Windeseile auf ganze Blöcke verteilte und zu gellenden Pfiffen führte. Eine solche Reaktion war erwartet worden, denn ein Großteil der FC-Anhänger nimmt dem Stürmer seinen von einer öffentlichen Schlammschlacht begleiteten Abgang noch immer krumm.
Selke selbst ließ sich hingegen nach außen nichts anmerken. Die unüberhörbaren Pfiffe prallten an seinen breiten Schultern ab, der Neuzugang verzog keine Miene bei seinem HSV-Debüt an alter Wirkungsstätte. „Ich hatte eineinhalb Jahre eine schöne Zeit in Köln. Wenn die Fans meinen, pfeifen zu müssen, ist das Ordnung“, bemühte sich der 29-Jährige zu deeskalieren, ehe er den passenden verbalen Konter setzte. „Die Fans finden es wahrscheinlich schade, dass ich hier nicht mehr spiele. Das ist ihr gutes Recht.“
Warum HSV-Stürmer Selke von Kölns Fans ausgepfiffen wurde
Elf Tore schoss der Strafraumstürmer in 39 Pflichtspielen für die Rheinländern. Eine solche Bilanz hatte ihm kein Experte mehr zugetraut, nachdem ihm bei seiner Verpflichtung der Ruf des Chancentods vorausgeeilt war. Trotzdem trennten sich die Wege im Sommer. Selke, dessen Kölner Vertrag nur für die Erste Liga galt, ließ eine Frist zur Verlängerung verstreichen.
Vermutlich hoffte der Profi mit der Vita von 238 Bundesligaspielen auf eine lukrativere Offerte, denn in Köln sollte er plötzlich nur noch knapp die Hälfte verdienen. Als klar war, dass bis zum Start der Vorbereitung kein im Gesamtpaket besseres Angebot mehr eintreffen wird, wollte Selke das Kölner Angebot nachträglich annehmen. Doch FC-Sportchef Christian Keller nahm die Verhandlungen nicht wieder auf. Es folgte ein schmutziger in der Öffentlichkeit ausgetragener Schlagabtausch, in dem beide Parteien der jeweils anderen Seite den schwarzen Peter für die Trennung zuschoben.
„Die Pfiffe ändern nichts an meiner Haltung zum FC und zu den Leuten hier. Ich habe immer noch große Sympathien für den Club. Daran ändert sich auch nichts, wenn mich die Fans 90 Minuten lang auspfeifen“, sagte Selke stilvoll.
Selkes HSV-Debüt stand auf der Kippe
Eigentlich sah es der Plan des HSV vor, dass die Kölner Fans schon viel früher in den Genuss eines Pfeifkonzerts kommen sollten, denn Selke sollte bereits Mitte der Zweiten Halbzeit eingewechselt werden. Doch der Stürmer plagte sich am Tag vor dem Zweitligaauftakt mit einem flauen Magen herum, weshalb sogar sein Kurzeinsatz auf der Kippe stand.
„Ich hatte extreme Magenprobleme im Hotel, deshalb fiel meine Einsatzzeit deutlich geringer aus als geplant“, sagte der Angreifer, der im engen Austausch mit Trainer Steffen Baumgart über seinen Platz im Kader stand. „Das war alles abgesprochen. Ich bin froh, überhaupt noch fit geworden zu sein, das sah gestern nicht so aus.“ Nun sei er glücklich über seine ersten Minuten für seinen neuen Club, den HSV.
HSV-Stürmer Selke auch gegen Hertha Joker
Sieben Monate nach seinem Mittelfußbruch macht ihm die Verletzung, wegen der er in keinem der Testspiele in der Vorbereitung zum Einsatz kam, inzwischen keine Probleme mehr. „Der Fuß ist heil“, stellt Selke klar, der in einer Woche beim Duell gegen seinen nächsten Ex-Club Hertha BSC auf etwas mehr Einsatzzeit hofft.
„Ich werde nächste Woche von der Fitness deutlich weiter sein und hoffe, dass der Magen auch hält“, sagt der Stürmer, der auch bei seinem Heimspieldebüt die Jokerrolle einnehmen wird. „Ich werde mit Sicherheit ein paar Minuten mehr spielen als gegen Köln. Wie viele es am Ende werden, entscheidet Steffen.“
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Immerhin hat Selke die Gewissheit, bei einer Einwechslung gegen Hertha nicht ausgepfiffen zu werden. Anders als beim Kölner Anhang genießt der Stürmer bei den Berlinern noch immer ein hohes Ansehen. Und das, obwohl es auch einige Hertha-Fans bedauern, dass Selke nicht mehr für ihre Farben aufläuft.