Hamburg. Der eigenwillige Trainer muss nach dieser Saison gehen. Am Sonntag lieferte er selbst dafür einen weiteren Grund.

Nach der sportlichen Rettung machte Jos Luhukay auf heile Welt, doch der eigenwillige Fußballlehrer steht beim FC St. Pauli vor dem Aus. „Riesenkompliment an meine Mannschaft. Sie hat miteinander und füreinander alles gegeben, mit Geschlossenheit und Zusammenhalt. Man hat gesehen, dass die Mannschaft nicht gegen den Trainer und der Trainer nicht gegen die Mannschaft ist“, sagte der 57 Jahre alte Coach am Sonntag nach dem 1:1 (1:1) gegen Jahn Regensburg. Er versicherte, er habe „nie bezweifelt“, dass sein Team den Verbleib in der 2. Liga aus eigener Kraft und Stärke heraus erreichen werde.

Dennoch gilt es als unwahrscheinlich, dass der im April 2019 mit dem Ziel, die Kiezkicker binnen zwei Jahren in die 1. Liga führen zu wollen, angetretene Coach seinen Vertrag bis 2021 erfüllen darf. Denn der ehrgeizige und fachlich unumstrittene Trainer, der Hertha BSC, Borussia Mönchengladbach und den FC Augsburg in die 1. Liga führte, hat mit seiner barschen Art für einen tiefen Riss zwischen sich und diversen Profis gesorgt. Das ist auch Sportchef Andreas Bornemann nicht entgangen, der „zu gegebener Zeit“ eine grundlegende Analyse des insgesamt enttäuschenden Saisonverlaufs vornehmen wird.

St.-Pauli-Trainer Luhukay scheint nicht teamfähig zu sein

„Jos ist ein erfahrener Trainer. Er muss selbst entscheiden, was er sagt. Er wird seine Gründe dafür gehabt haben“, betonte Bornemann vor dem Regensburg-Spiel. Eine Solidaritätsbekundung für einen Coach hört sich jedenfalls anders an. Auch Oke Göttlich, der es eigentlich gut findet, dass einer wie Luhukay den Finger schon mal in die Wunde legt, ging auf Distanz und forderte ein Miteinander: „Es gibt keinen Trainer ohne Team und kein Team ohne Trainer“, erklärte der Clubchef.

Das aber scheint mit Luhukay unmöglich. Zu Saisonbeginn sorgte er für eine Generalabrechnung, in der er Missstände in vielen Bereichen der „Komfortzone St. Pauli“ anprangerte. Vor allem Führungsspielern wie Marvin Knoll („Ich habe eine andere Meinung“) stieß dies sauer auf. Luhukay blieb sich treu: Knoll, der damals allerdings tatsächlich keinen fitten Eindruck machte, ist seither nur noch Edelreservist.

Stammkeeper Robin Himmelmann, seit Jahren ein Rückhalt, setzte er im Pokalspiel gegen Frankfurt auf die Bank, obwohl er vorher angekündigt hatte, im Tor nicht rotieren zu lassen. Einmal sprach er sogar seinem gesamten Kader die Qualität ab, ein Anrecht auf einen Platz in der Startelf zu haben. Zuletzt war Torjäger Henk Veerman an der Reihe, den er im Geister-Heimspiel gegen Aue (2:1) lautstark und bis in die letzte Tribünenreihe deutlich vernehmbar kräftig zusammenstauchte.

Luhukay fehlt bei Kallas Verabschiedung

„Unser Verhältnis ist wie zwischen Vater und Sohn“, behauptete der Coach nun nach dem letzten Heimspiel. „Henk weiß, was er an mir hat, und ich weiß, was ich an ihm habe“, meinte Luhukay weiter. Dass er sich dann auch noch mit den Medien anlegte, passt in das Bild des knorrigen Niederländers. „Ich glaube, dass Ihr es schon fünf, sechs Jahre hinbekommen habt, den Druck immer auf den Coach zu legen. Die Mannschaft kommt dabei gut weg“, hielt er den Journalisten vor.

Luhukay lieferte auch am Sonntag noch einmal den Beweis, nur bedingt teamfähig zu sein. Zwar gewährte er St.-Pauli-Urgestein Jan-Philipp Kalla noch einen letzten Kurzauftritt am Millerntor. Als alle Mann nach dem Match den „Fußballgott“ feierten, der nach 17 Kickerjahren künftig eine andere Aufgabe im Verein erhalten soll, fehlte Luhukay. Er habe mit Co-Trainer Markus Gellhaus besprochen, wie man die letzte Trainingswoche absolvieren wolle, erklärte er.

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Das Fachmagazin „Kicker“ kündigte „das Ende eines Missverständnisses“ für die Tage nach dem letzten St.-Pauli-Spiel am Sonntag beim SV Wehen Wiesbaden an. Ausgerechnet für Luhukay, der als einziger St.-Pauli-Coach beide Stadtderbys in einer Saison gegen den HSV (2:0/2:0) gewinnen konnte.