Hamburg. Nach St. Paulis rettendem 1:1 gegen Regensburg zeigen Jan-Philipp Kalla und Leo Östigard ihre Emotionen.
Die emotionalsten Szenen spielten sich auf dem Rasen des Millerntor-Stadions erst nach dem Abpfiff von Schiedsrichter Florian Heft ab. Die Spieler des FC St. Pauli bildeten nach dem erlösenden 1:1 (1:1) gegen Jahn Regensburg einen Kreis und feierten singend und tanzend Jan-Philipp Kalla. Der von den Fans als „Fußballgott“ bezeichnete Defensiv-Allrounder hatte soeben sein letztes Heimspiel als Profi des Kiezclubs bestritten, sein am Monatsende auslaufender Vertrag wird bekanntlich nicht verlängert, gleichzeitig aber bietet der Verein dem 33-Jährigen, der vor 17 Jahren zu den Braun-Weißen kam, eine noch nicht näher festgelegte Anschlussbeschäftigung. Eine Klärung darüber soll es in den kommenden Tagen geben.
„So richtig kann ich es noch gar nicht greifen“, sagte Kalla später mit leicht zittriger Stimme. „Zum ersten Mal seit Februar war ich wieder im Kader. Dementsprechend emotional war es, im letzten Heimspiel noch einmal dabei zu sein und auch noch einmal spielen zu können. Mit dem Erreichen des Klassenerhalts war es dann auch noch ein schöner Abschied.“
Obwohl der vielseitig einsetzbare Hamburger monatelang für St. Paulis Trainer Jos Luhukay praktisch keine Rolle gespielt hatte, so bewies der Niederländer für das letzte Heimspiel der Saison doch ein Gespür für die Situation und berief „Schnecke“ Kalla nicht nur in den 20-Mann-Kader, sondern wechselte ihn auch für die Schlussphase noch ein.
Tränen bei St. Paulis Urgestein Kalla
„Schnecke hatte es sich verdient, im letzten Heimspiel aufzulaufen. Er wird im September oder Oktober, wenn es wieder normal ist, vom Verein auch noch vor den Fans verabschiedet werden. Das hat er sich nach so vielen Jahren bei St. Pauli auch verdient“, sagte Luhukay. Als ihn am Ende seine Kollegen feierten, konnte Kalla sich nicht wehren, dass ihm ein paar Tränen kamen.
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Ganz im Stillen und für sich allein nahm später Innenverteidiger Leo Östigard Abschied vom Millerntor-Stadion. Nachdem die Mannschaft längst in der Kabine verschwunden war, kam der 20 Jahre alte Norweger noch einmal heraus, setzte sich in den Halbkreis vor dem Strafraum und schaute minutenlang, gedankenverloren auf die leere Südtribüne, wo sich sonst die eingefleischten St.- Pauli-Fans drängeln. Der vom englischen Premier-League-Club Brighton & Hove Albion ausgeliehene Östigard hatte in dieser Saison schnell den Millerntor-Club und seine Anhänger in sein Herz geschlossen. Eine Verlängerung der Leihvereinbarung aber scheint höchst unwahrscheinlich.
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Der Norweger hat sich schnell zu einem der besten Innenverteidiger der Liga entwickelt und wird nun voraussichtlich mit einer anspruchsvolleren Herausforderung den nächsten Schritt in seiner vielversprechenden Karriere gehen. Später gesellte sich noch der ebenfalls von Brighton per Leihe zu St. Pauli gekommene, nur mit einem Handtuch bekleidete Stürmer Viktor Gyökeres dazu. Auch für ihn geht es demnächst erst einmal zurück zum Stammclub.
Eine verkorkste Saison ist es in jedem Fall
Diese Abschiede konnten auch deshalb so intensiv und unbelastet ausfallen, weil sich St. Pauli mit dem eigenen Punktgewinn gegen Regensburg und dank des gleichzeitigen 3:3 des Tabellen-16. Karlsruher SC einen Spieltag vor Schluss den Klassenverbleib endgültig sicherte. Nach der 1:0-Führung zur Pause musste Diamantakos angeschlagen ausgewechselt werden. Regensburgs Urgestein Oliver Hein gelang der Ausgleich.
Es blieb für St. Pauli bei den fünf Punkten Vorsprung vor dem KSC, und auch der jetzt drei Punkte schlechter dastehende 1. FC Nürnberg kann nach seinem 0:6 gegen Stuttgart das Millerntorteam jetzt kaum mehr verdrängen. Nach oben geht für St. Pauli vor dem letzten Spiel am kommenden Sonntag (15.30 Uhr) beim SV Wehen Wiesbaden allerdings auch nicht mehr viel. Im günstigsten Fall ist noch der Sprung von Platz 14 auf elf möglich. Eine verkorkste Saison ist es in jedem Fall. Als sportliche Höhepunkte bleiben kaum mehr als die beiden 2:0-Siege in den Stadtderbys gegen den HSV und der 3:0-Triumph gegen Zweitligameister Arminia Bielefeld hängen.
An der spontanen Feier für Jan-Philipp Kalla auf dem Spielfeld nahm der weiter umstrittene Trainer Jos Luhukay nicht mehr teil. „Ich war mit Markus Gellhaus im Gespräch, wie wir die letzte Trainingswoche absolvieren“, sagte er auf Nachfrage – eine Prioritätensetzung, die jeder für sich interpretieren mag. Das Ergebnis des Gesprächs war für die Spieler immerhin erfreulich: Zwei freie Tage.