Hamburg. Jonas Mefferts mögliche fünfte Teilnahme an der Relegation könnte eine ganz besondere für den HSV-Profi werden.
Jonas Meffert verbrachte den Mittwochabend vor dem Computer. Für den Führungsspieler des HSV stand um 18.30 Uhr eine digitale Klausur für sein BWL-Studium an der Internationalen Hochschule in Bad Honnef auf dem Programm. Theoretisch soll der 29 Jahre alte Mittelfeldspieler das Fernstudium in einem Jahr beendet haben. Wahrscheinlich wird er seinen Bachelor aber um ein oder zwei Semester verlängern, weil er in manchen Saisonphasen den Zeitplan nicht einhalten kann.
Lernen für Klausuren hilft Meffert beim Abschalten. Es ist seine Art, den Stress im Alltag zu verarbeiten, gerade wenn in Hamburg mal wieder Katerstimmung herrscht, so wie nach dem 1:1 des HSV in Fürth und dem Absturz auf Platz vier.
„Es war ein enttäuschendes Wochenende, das ergebnistechnisch nicht gut für uns lief. Es hat uns aber gutgetan, dass die Fans in der Kurve uns nach dem Spiel motiviert haben“, sagt der 29-Jährige im Gespräch mit dem Abendblatt.
HSV-Führungsspieler führen Einzelgespräche
Wie so viele Protagonisten beim HSV ist auch Meffert in diesen Tagen darum bemüht, eine positive Stimmung zu verkörpern. Gemeinsam mit Kapitän Sebastian Schonlau, Ludovit Reis, Robert Glatzel, Laszlo Benes und Ersatztorwart Daniel Heuer Fernandes bildet er eine wichtige Achse, deren Aufgabe es im Saisonendspurt ist, dass die Köpfe oben bleiben.
Meffert ist zwar nicht als Lautsprecher bekannt, er hat aber seine eigene Art, seine Führungsrolle auszuführen. „Ich bin nicht der Typ, der Ansprachen vor der Mannschaft hält. Ich will vorangehen, indem ich mit guter Laune zum Trainingsstart erscheine und jeden Tag Gas gebe.“
Wie Meffert seine Führungsrolle ausübt
Trotz Rückrundenplatz sieben und nur zwei Siegen in den vergangenen sieben Zweitligaspielen sei die Stimmung im Team positiv. Nach dem Fürth-Spiel hätten Schonlau, Glatzel und Tom Mickel Einzelgespräche mit Mitspielern geführt und „positiv auf sie eingewirkt“, sagt Meffert. „Manchmal bin ich aber auch derjenige, der auf einzelne Spieler zugeht.“
Die Mannschaft ist also weiterhin intakt, das bekräftigt auch Trainer Steffen Baumgart, der beim Heimspiel am Sonnabend gegen den 1. FC Kaiserslautern erneut Andras Nemeth für den verletzten Glatzel spielen lässt. Zudem ersetzt Noah Katterbach den Gelb-gesperrten Linksverteidiger Miro Muheim.
Flügelstürmer Jean-Luc Dompé kommt hingegen wegen Trainingsrückstands, wenn überhaupt, für einen Platz auf der Bank infrage, sagt Baumgart.
Meffert spielt unter Baumgart neue Rolle
Seit der 52-Jährige vor sechs Wochen beim HSV übernahm, hat sich Mefferts Positionierung auf dem Platz leicht verändert. Kam dem Mittelfeldstrategen unter Ex-Coach Tim Walter eine im Profifußball vermutlich einmalige Rolle zu, indem er als Sechser viele Räume abdeckte, hat sich sein Bewegungsradius unter Baumgart verkleinert.
„Defensiv ist es ziemlich ähnlich, mit der Ausnahme, dass ich im Pressing häufiger vor der Abwehr bleibe. Unter Tim Walter habe ich nach vorne durchgeschoben. Diese Abläufe machen es für mich etwas leichter“, sagt Meffert. In der Folge hat der HSV an defensiver Stabilität gewonnen. Die Mannschaft lässt pro Partie im Schnitt nur noch sieben Torschüsse zu, unter Walter waren es 12,4.
Meffert: Was die Relegation so besonders macht
Der HSV muss allerdings auch offensiv effektiver werden, damit entgegen dem Abwärtstrend zumindest noch die Relegation erreicht wird. Für Meffert wäre es bereits die fünfte Teilnahme, gewonnen hat er die Entscheidungsspiele um die Bundesliga noch nie.
Mit Karlsruhe scheiterte er 2015 am HSV, 2021 zog er mit Kiel gegen Köln den Kürzeren und zuletzt verlor er zweimal mit dem HSV gegen Hertha (2022) und Stuttgart (2023).
Und trotzdem sagt Meffert: „Ich werde meine bisherigen acht Relegationsspiele nie vergessen. Diese K.-o.-Spiele sind etwas Besonderes und möglicherweise vergleichbar mit einem Pokalfinale. Es geht um extrem viel, das macht die Relegation aus.“
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HSV-Profi Meffert: Relegation gegen Köln wäre speziell
Im Sommer könnten diese Erfahrungen des gebürtigen Kölners sogar getoppt werden, sofern sich sowohl der HSV als auch der Bundesligavorletzte 1. FC Köln jeweils um einen Platz verbessern. Als Meffert vor drei Jahren mit Kiel auf Köln traf, fehlte er auswärts im Hinspiel Gelb-gesperrt. Die Relegation gegen seine Heimatstadt sei „wirklich sehr besonders“ für ihn gewesen, „in einer gewissen Form aber auch merkwürdig“.
Sollte es am 23. und 27. Mai nun erneut zu den Entscheidungsspielen gegen Köln kommen, „würden die Emotionen wieder hochkommen“, prognostiziert Meffert, der diese Emotionen im Rheinenergiestadion diesmal nicht nur von der Tribüne aus erleben möchte.
„Es wäre sehr speziell für mich, in Köln aufzulaufen, weil viele meiner Freunde auf der Südkurve stünden und auch allgemein im Stadion wären. Doch dafür müssten beide Vereine ja erst einmal in die Relegation kommen und bis dahin sind noch sieben Spiele zu gehen, in denen alles möglich ist“, sagt der Mittelfeldstratege, der auch den direkten Aufstieg nicht aus den Augen verloren hat.