Hamburg. Funkel sympathisiert mit dem HSV und klärt Gerücht auf. Welchen Rat er für den Club hat und was dieser mit Baumgart zu tun hat.

Friedhelm Funkel hat ein Pro­blem. Normalerweise drücke er dem HSV immer die Daumen, seit er sein Idol Uwe Seeler in den 1960er-Jahren spielen sah. Am Sonnabend muss der Trainer allerdings eine Ausnahme machen, wenn er mit seinem 1. FC Kaiserslautern im Volksparkstadion gastiert (13 Uhr/Sky und Live­ticker bei abendblatt.de). „Steffen wird es mir hoffentlich verzeihen“, sagt Funkel im Podcast HSV – wir müssen reden.

Mit „Steffen“ ist HSV-Coach Baumgart gemeint. Funkel trainierte ihn Anfang des Jahrtausends bei Hansa Rostock. Lang, lang ist’s her. 23 Jahre später pflegen die beiden noch immer eine Freundschaft und telefonieren regelmäßig miteinander. Seit Baumgart vor sechs Wochen in Hamburg anheuerte, habe es zwar noch keinen Kontakt gegeben, doch das soll sich nun ändern. „Ich freue mich, Steffen wiederzusehen“, sagt Funkel.

HSV – FCK: Funkel über die Pokalparty

Der Trainerroutinier zog am Dienstag mit Kaiserslautern durch einen 2:0-Erfolg bei Drittligist Saarbrücken ins Pokalfinale ein. Am 25. Mai trifft er in Berlin auf den designierten Meister Bayer Leverkusen, der in dieser Saison noch kein Pflichtspiel verloren hat. Aber „chancenlos“, sagt Funkel, „ist man nie“.

Kaiserslautern ist bereits seine zwölfte Trainerstation. Im Laufe der Jahre habe er jeden Tag dazugelernt und an Erfahrung gewonnen. Nur in einer Disziplin merke er, dass er bereits 70 Jahre alt sei: Beim Feiern müssen nun andere performen.

Als der FCK-Tross nach dem siegreichen Halbfinale um 1.30 Uhr zurückkam, habe sich Funkel „direkt ins Hotel schlafen gelegt“. „In meinem Alter braucht man mehr Regenerationszeit“, sagt er und lacht. Er habe sich aber anhand lustiger Fotos zeigen lassen, dass seine Spieler ihn würdig vertreten hätten. „Die Jungs haben mit vielen Tausend Fans des 1. FC Kaiserslautern in der Stadt gefeiert. Nur wenige Stunden später haben sie aber im Training gezeigt, dass sie nicht nur feiern, sondern auch Fußball spielen können. Wir fahren sehr gut vorbereitet nach Hamburg.“

Funkel ein HSV-Kandidat? „Frei erfunden“

Der Rheinländer ist selbst erst seit sieben Wochen zurück in der ersten Reihe des Fußballgeschäfts. Sechs Tage vor Baumgarts Unterschrift beim HSV sagte Funkel seinem 1. FC Kaiserslautern zu, für den er bereits als Spieler aktiv war. Ein „besonderer Verein“ seien die Pfälzer, sagt Funkel, über den es vor Weihnachten Spekulationen gegeben hatte, er gehöre zu den Kandidaten auf die Nachfolge von Tim Walter beim HSV.

„Das war frei erfunden. Ich hatte damals nullkommanull Kontakt zum HSV“, sagt der Trainer heute. Auch Jonas Boldt, ebenfalls ein Freund Funkels, hatte das Gerücht seinerzeit öffentlich dementiert und sich letztlich ohnehin für einen Verbleib Walters entschieden – bis er Anfang Februar nach einem 3:4 zu Hause gegen Hannover schließlich doch die Reißleine zog.

Funkel: Mit Kumpel Boldt nie über HSV geredet

Funkel beteuert, dass sein Freund Boldt ihn noch nie zum HSV holen wollte, auch nicht in den Jahren zuvor. „Wir haben uns einige Male privat in Düsseldorf getroffen, aber nicht ein einziges Mal über den HSV gesprochen. Das können Sie mir abnehmen“, sagt Funkel, der als einziger Trainer bereits sechsmal den Aufstieg in die Bundesliga geschafft hat.

Diese Erfolge mit Uerdingen (1992 und 1994), Duisburg (1996), Köln (2003), Frankfurt (2005) und Düsseldorf (2018) haben ihm den inoffiziellen Titel des erfolgreichsten Zweitligatrainers der Geschichte beschert.

Friedhelm Funkel und HSV-Trainer Steffen Baumgart sind befreundet.
Friedhelm Funkel und HSV-Trainer Steffen Baumgart sind befreundet. © Imago / Beautiful Sports

Wenn es in seiner Karriere mal nicht um den Aufstieg ging, kämpfte Funkel meistens gegen den Abstieg. Um diesen Alltagsstress zu verarbeiten, tausche er sich noch heute regelmäßig mit seinem Bruder Wolfgang aus, an dessen Seite er 1985 als Spieler die Sensation im Pokalfinale mit Bayer Uerdingen gegen den FC Bayern (2:1) schaffte. „Sein Rat ist mir sehr wichtig“, sagt Funkel, also Friedhelm, der auch Armin Reutershahn (früherer HSV-Co-Trainer unter Frank Pagelsdorf) und Peter Hermann als seine Ratgeber bezeichnet. „Sie sind Ikonen im deutschen Fußball.“

Warum Funkels Frau Anja so wichtig ist

Seine wichtigste Ansprechpartnerin sei jedoch seine Frau Anja, die glühender HSV-Fan ist und sich auch gelegentlich mit Jonas Meffert austauscht. „Sie ist Psychotherapeutin und versteht sehr viel von Fußball“, sagt Funkel. „Seit wir zusammen sind, habe ich einen anderen Blick auf den Menschen und verstehe viel mehr über das Zwischenmenschliche.“

Durch die Gespräche mit seiner Frau habe er gelernt, mit Druck umzugehen und diesen gar nicht erst an sich heranzulassen. Er sei zudem in der Lage, den Spielern den Druck zu nehmen, „indem ich viel mit ihnen spreche und vermittle, dass Fußball nicht das Wichtigste im Leben ist“.

Am Anfang seiner Karriere habe Funkel viele Entscheidungen alleine getroffen und sogar das Torwarttraining geleitet. „Ich hatte gar keine Ahnung, wie das geht, und habe einfach auf die Kiste geballert“, sagt er rückblickend. Heute tausche er sich mit vielen Experten aus. Weil er gelernt habe, Aufgaben zu delegieren.

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Funkel: Baumgart ist der richtige HSV-Trainer

Gleiches gilt auch für Baumgart, der ebenfalls im Laufe seiner Trainerkarriere gelernt habe, Verantwortung abzugeben. „Steffen ist total erfolgsorientiert, er verlangt sehr viel von seinen Spielern“, sagt Funkel, der trotz des Abwärtstrends an einen erfolgreichen Saisonausgang beim HSV glaubt.

Selbst den direkten Aufstieg hält Funkel für möglich, obwohl Kiel bereits sieben Punkte enteilt ist. „Steffen ist der Allerletzte, der die Flinte ins Korn wirft. Er strahlt Optimismus aus und ist der richtige Trainer für den HSV. Das wird er auch noch unter Beweis stellen.“

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HSV? Funkel: Baumgart „ist ein Menschenfänger“

Natürlich sei der Start mit nur zwei Siegen in den ersten fünf Spielen nicht optimal gewesen. Doch die Spieler würden Baumgart folgen, dieses Gefühl habe Funkel aus der Ferne.

„Ein neuer Trainer muss die erfahrenen Spieler und die Leistungsträger sofort auf seine Seite bringen, weil diese dafür verantwortlich sind, was in der Kabine passiert. Das ist eminent wichtig“, sagt der Trainerroutinier, der genau diese Eigenschaft auch Baumgart attestiert. „Steffen ist ein Menschenfänger, der die Spieler für sich gewinnt.“

Und wenn es trotzdem nicht für den Aufstieg reicht? „Möglicherweise muss der HSV nächste Saison einen neuen Anlauf nehmen“, sagt Funkel. „Man sollte Steffen vertrauen.“

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

  • HSV: Raab – Hadzikadunic, Schonlau, Katterbach – Reis, Meffert – Pherai, Benes – Jatta, Nemeth, Königsdörffer.
  • Kaiserslautern: Krahl – Toure, Elvedi, Tomiak, Puchacz – Kaloc, Niehues – Opoku, Raschl, Tachie – Hanslik. Schiedsrichter: Deniz Aytekin.