Hamburg. Hamburger präsentieren ihre Zahlen – und die haben es in sich. Auch Vuskovic kommt darin vor. Was nun die Zukunft bringt.
Als die Schlussphase des Relegationsrückspiels zwischen dem HSV und dem VfB Stuttgart (1:3) angebrochen war, sorgten die Zuschauer für einen Gänsehautmoment. „Mein Hamburg lieb ich sehr, sind die Zeiten auch oft schwer ...“, tönte es durch den Volkspark, als längst klar war, dass der HSV den Aufstieg auch im fünften Anlauf verpassen wird. So schmerzhaft diese Erkenntnis für alle Fans, Spieler und Mitarbeiter auch war, aus finanzieller Sicht sorgte die verlorene Relegation für den besten Jahresabschluss seit der Ausgliederung 2014.
7,8 Millionen Euro Gewinn hat der HSV in der Saison 2022/23 erwirtschaftet, teilte der Club am Dienstag mit. Allein die Teilnahme an den K.-o.-Spielen um den letzten Startplatz in der Bundesliga sorgte für Mehreinnahmen um die 1,5 Millionen Euro. Durch die Nichtausschüttung der einkalkulierten Aufstiegsprämien sparte der HSV weitere Millionen.
HSV macht 7,8 Millionen Euro Gewinn
Nachdem die Hamburger zwölf Jahre lang nur Verluste geschrieben hatten, haben die Verantwortlichen nun das zweite positive Ergebnis in Folge präsentiert. Dabei konnte der vor einem Jahr erzielte Gewinn (rund eine Million Euro) um beachtliche 746 Prozent gesteigert werden, obwohl Mehreinnahmen aus dem DFB-Pokal fehlten, in dem der Halbfinalist von 2021/22 diesmal nur die zweite Runde erreicht hatte.
„Der wirtschaftliche Turnaround ist vollzogen“, sagte Finanzvorstand Eric Huwer erfreut, der mit seinen Maßnahmen den durch die Energiekrise und der steigenden Inflation entstandenen Kosten trotzte. „Nach konsequenter Gesundung haben wir nun eine neue Stufe der Stabilität erreicht.“
Wie die positive HSV-Bilanz möglich wurde
Ausschlaggebend für den nun erzielten Gewinn ist eine positive Entwicklung in fast allen relevanten Erlösfeldern. So steigerte der HSV allein die Einnahmen durch den Spielbetrieb um 61,5 Prozent von 22,6 Millionen auf 36,5 Millionen Euro. Ein herausragendes Ergebnis, das durch den deutlich höheren Schnitt an Zuschauern (von 23.332 auf 53.564) und VIP-Kunden im Zuge der aufgehobenen Corona-Beschränkungen möglich wurde.
„Die sportliche Begeisterung durch unsere Mannschaft und das herausragende Spieltagserlebnis mit einmaliger Fanatmosphäre, das uns auch in dieser Spielzeit trägt, sind (...) sicherlich die Hauptursachen für diese Kennzahlen“, sagte Huwer.
Aber auch die Erlöse aus der Werbung (von 12,7 auf 15,8 Millionen Euro), dem Merchandising und der Gastronomie (von 10,7 auf 15,8 Millionen Euro) – dem besten Ergebnis der Clubgeschichte – sowie der Vermietung des Volksparkstadions unter anderem für Konzerte (von 10,5 auf 14,3 Millionen Euro) wurden signifikant erhöht, sodass ein Umsatzplus von 27,9 Prozent auf 113,8 Millionen Euro (Vorjahr 89) zu Buche steht.
HSV-Verbindlichkeiten wachsen: Die Details
Allerdings haben sich auch die Verbindlichkeiten von 54,1 Millionen Euro um 39 Prozent auf 75,2 Millionen Euro erhöht. Ein Effekt, der vor allem mit dem 20 Millionen Euro schweren Kredit, den der HSV von Investor Klaus-Michael Kühne (zehn Millionen Euro) sowie drei Hamburger Darlehensgebern für die Stadionsanierung bezog, zu erklären ist. Dadurch verringerte sich die Eigenkapitalquote von 30,3 auf 27,7 Prozent, trotz einer Steigerung des Eigenkapitals von 35 auf 42,8 Millionen Euro.
Darüber hinaus haben sich die Finanzverbindlichkeiten von 41,2 auf 52,9 Millionen Euro erhöht. Viel entscheidender aus Sicht des HSV ist allerdings der Rückgang der Nettofinanzschulden, also der Differenz zwischen liquiden Mitteln und Finanzverbindlichkeiten, auf nur noch 14 Millionen Euro (Vorjahr 31,4). Grund dafür ist die planmäßige und jeweils bis 2026 avisierte Rückzahlung des einst 40 Millionen Euro schweren Schuldscheindarlehens, der 16-Millionen-Euro-Fananleihe sowie eines weiteren Darlehens.
Das Schuldscheindarlehen ist mit der September-Rate um vier Millionen Euro auf nur noch zwölf gesunken, von der Fananleihe müssen noch 14,6 Millionen Euro zurückgezahlt werden. Insgesamt hat der HSV im abgelaufenen Geschäftsjahr neun Millionen Euro an Verbindlichkeiten getilgt.
Was Vuskovic mit der HSV-Bilanz zu tun hat
Ein spannendes Detail der Bilanz findet sich in Punkt A 1.4 wieder. An dieser Stelle ist die „Geleistete Anzahlungen auf immaterielle Vermögensgegenstände“ von 2,9 Millionen Euro aus dem Vorjahr auf 0 Euro gesunken. Was aber verbirgt sich hinter diesem Eintrag? Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich dabei um eine bilanzielle Abschreibung der Spielertransfers von Mario Vuskovic, dessen Gehalt trotz der Dopingsperre weiter gezahlt wird, und Miro Muheim, deren Kaufoptionen der HSV in der Rückrunde 2021/2022 vorzeitig gezogen hatte.
- Tim Walter – das Geheimnis seiner Kommunikations-StrategieTim Walter – das Geheimnis seiner Kommunikations-Strategie
- HSV reist wieder ins Trainingslager nach Andalusien
- Tim Walter im Fokus: Wo bleibt eigentlich die Entwicklung?
Wie außerdem aus der Bilanz hervorgeht, hat der Club 9,6 Millionen Euro (Vorjahr zwei) für die insgesamt auf 25 bis 30 Millionen Euro taxierte Stadionsanierung gezahlt. Ein Großteil der Rechnungen muss allerdings erst in der aktuellen Saison geleistet werden. Nach Abendblatt-Informationen haben sich die Kosten für die Baumaßnahmen Stand heute auf 15 bis 17 Millionen Euro summiert. Mindestens zehn Millionen Euro stehen also noch aus.
HSV strebt Gewinn an: Ist das realistisch?
Zusätzlich wird der Wegfall der Vermarktung des Namensrechts am Volksparkstadion auf die kommende Bilanz drücken. Im Vorjahr hatte Kühne 3,5 bis vier Millionen Euro gezahlt. Der HSV hofft weiterhin auf einen ähnlichen Deal – idealerweise erneut mit Kühne. Doch bislang ist eine Einigung nicht in Sicht.
Im Hinblick auf das aktuelle Geschäftsjahr spricht Huwer deshalb von „besonderen Herausforderungen“. Der HSV strebt zwar erneut ein positives Ergebnis an. Dieses Ziel sei allerdings ambitioniert, heißt es im Volkspark, da der Club im Sommer seine Leistungsträger gehalten hat, weil er erstmals in seiner Zweitligahistorie nicht auf Spielerverkäufe angewiesen war.
Dafür sorgen die drei im Volksparkstadion ausgetragenen Champions-League-Heimspiele von Schachtar Donezk nach Abendblatt-Informationen für Einnahmen von insgesamt rund einer Million Euro. Ob der HSV auch ein drittes Jahr in Folge einen Gewinn erwirtschaften kann, hängt jedoch maßgeblich davon ab, ob die Aufstiegsprämien diesmal ausgeschüttet werden. Für diesen Fall würden die Hamburger auch einen leichten Verlust in Kauf nehmen.