Hamburg. Tim Walter war schon einmal in dem Hotel zu Gast. Vor vier Jahren leistete sich der HSV in Kitzbühel noch eine teurere Unterkunft.
Johannes Mitterer hat sie alle schon gehabt. „AC Mailand, FC Barcelona, Real Madrid, you name it”, schwärmt der Hoteldirektor des „Kitzhof“. An diesem Donnerstag kommt auf der Gästeliste des gebürtigen Kärnteners ein neuer Name hinzu, wenn der HSV sein zehntägiges Sommertrainingslager in dem Kitzbüheler Hotel aufschlägt. „Der HSV ist ein riesiger Name, für mich ist das immer noch ein großer Bundesligist“, sagt Mitterer.
Die großen Champions-League-Clubs lernte Mitterer nicht im Kitzhof kennen, sondern während seiner Tätigkeit im Mandarin Oriental, einem Fünf-Sterne-Haus in der Münchner Innenstadt.
HSV-Trainingslager: Hotel kennt Umgang mit Profiteams
Seine Lieblingsgeschichte: „2001 war die englische Nationalmannschaft für ein Länderspiel bei uns zu Gast. Als die englischen Journalisten rausbekommen haben, dass gegenüber das Hofbräuhaus liegt, haben die riesige Storys gemacht, wie sich denn die Nationalmannschaft in einem Hotel einquartieren könne, wo die Spieler die ganze Nacht nicht schlafen können. Am nächsten Tag hat England mit 5:1 gegen Deutschland gewonnen“, erzählt Mitterer und lacht. „Wir haben uns dann eine ganzseitige Anzeige in der britischen ,Times’ gegönnt mit dem Slogan ‚After a good night of sleep in the Mandarin Oriental Hotel, the results can be fantastic.‘”
Mitterer hofft, dass auch die HSV-Profis in den kommenden zehn Tagen in Kitzbühel gut schlafen – und im Anschluss fantastische Resultate erzielen. 50 Zimmer hat der Club in dem Viereinhalb-Sterne-Designhotel gebucht, anders als im vergangenen Wintertrainingslager im spanischen Sotogrande erhalten erfahrene Profis in Österreich ein Einzelzimmer.
„Routine sollte so ein Aufenthalt für ein Hotel nie werden. Wir sind immer noch angespannt, weil die Beherbergung eines Fußballclubs eine komplexe Aufgabe ist“, sagt Mitterer. „Trotzdem sind wir im Umgang mit Sportlern sehr erfahren.“
Walter war schon mal Gast im Kitzhof
Während der Kitzhof im Winter stets die österreichische Ski-Abfahrtmannschaft beim berühmten Hahnenkamm-Rennen beherbergt, beziehen im Sommer regelmäßig Fußballteams das mit 160 Zimmern größte Hotel der Alpen-Kleinstadt. Im Sommer 2017 war Zenit St. Petersburg mit Trainer Roberto Mancini da, im vergangenen Sommer die TSG Hoffenheim, zuvor drei Jahre in Folge der VfB Stuttgart. Trainer des VfB im Jahr 2019: ein gewisser Tim Walter.
Mitterer freut sich auf das Wiedersehen mit Walter, der mittlerweile seit mehr als zwei Jahren beim HSV arbeitet. Für den Coach wird es im Trainingslager unter anderem darum gehen, die Neuzugänge Immanuel Pherai und Levin Öztunali taktisch in sein Offensivspiel einzubinden. Innenverteidiger Guilherme Ramos kann nach seiner Schulterverletzung noch keine belastenden Zweikämpfe absolvieren. Auch Stürmer Andras Nemeth (nach Knöchelbruch) und Innenverteidiger Stephan Ambrosius (Oberschenkelverletzung), der den Verein noch in diesem Sommer verlassen dürfte, sollen ihre Reha beim Team in Österreich fortsetzen.
Elfadli hätte einen kurzen Weg zum HSV
In Miro Muheim (Wadenprobleme), Moritz Heyer und Jonas Meffert (beide Knie) reisen zudem drei Stammspieler der vergangenen Saison angeschlagen nach Österreich. Sie alle fehlten wie Kapitän Sebastian Schonlau (Belastungssteuerung) auch bei der letzten Einheit vor der Abreise am Mittwochvormittag. Insbesondere Mefferts Knie bereitet den HSV-Verantwortlichen Sorgen. Der Sechser ist sportlich unumstritten, spielte insbesondere in der Rückrunde aber häufig mit Schmerzen, musste sein Knie nach Spielen und Trainings regelmäßig kühlen.
In Daniel Elfadli will der HSV nun einen direkten Meffert-Ersatz verpflichten. Der 26-Jährige reiste zwar am Mittwoch mit Zweitligakonkurrent 1. FC Magdeburg ins Trainingslager nach Fieberbrunn, ist sich mit dem HSV aber grundsätzlich über den Wechsel einig. Nur die Verantwortlichen beider Clubs verhandeln noch über die Ablösemodalitäten.
Boldt und Costa im Trainingslager vor Ort
Gut möglich, dass Elfadli noch während des Trainingslagers zum HSV stößt. Fieberbrunn und Kitzbühel trennen lediglich 28 Autominuten durch das Tal – oder eine idyllische Bergwanderung über Hornköpfl, Pfeiferkogel und Hochkogel. HSV-Profifußballdirektor Claus Costa ist in jedem Fall dauerhaft vor Ort, zeitweise auch Sportvorstand Jonas Boldt.
Insgesamt hat der HSV 48 Flugtickets für Spieler, Trainer und Staff gebucht, am Donnerstagnachmittag geht es zunächst per Linienflug nach München, der Mannschaftsbus wird gegen 20 Uhr in Kitzbühel erwartet. In Spielmacher Omar Megeed (17), Keeper Hannes Hermann (18), Stürmer Tom Sanne, den Verteidigern Nicolas Oliveira Kisilowski und Luis Seifert sowie Mittelfeldspieler Felix Paschke (alle 19) reisen sechs Nachwuchstalente mit.
100 Fans haben sich bereits angekündigt
Bei der HSV-Fanbetreuung, die auch einen Fanabend mit der Mannschaft organisieren wird, haben sich rund 100 Anhänger angekündigt. Insbesondere bei den Testspielen gegen den tschechischen Club FC Victoria Pilsen am Freitag (18 Uhr/Westendorf) und am 15. Juli gegen Red Bull Salzburg (11 Uhr/Anif) werden noch deutlich mehr Fans erwartet.
- Wie sich der HSV um sein Toptalent Bilal Yalcinkaya bemüht
- HSV holt neuen Verteidiger aus Bosnien – Aus für Sazonov
- Wie Walter Pherai zum HSV lockte – und nun vor Spagat steht
Hoteldirektor Mitterer kennt die Wünsche des HSV, der im rund zehn Kilometer entfernten St. Johann trainieren wird, genau. „Der HSV hat hohe Anforderungen an uns“, sagt er. „Eine Liste mit Menüplänen, wie sie die medizinische Abteilung von Hoffenheim beispielsweise abgibt, haben wir vom HSV aber nicht bekommen.“
Unter Trainer Dieter Hecking weilte der HSV im Jahr 2019 schon einmal in der Nähe von Kitzbühel, schlief damals im Fünf-Sterne-Luxushotel Kempinski „Das Tirol“. „Wir sind etwas günstiger als das Kempinski-Hotel, weil wir keine internationale Marke sind“, sagt Mitterer. „Vom Anspruch und der Service-Qualität haben wir aber keine Angst, uns mit dem Kempinski zu vergleichen.“
Der HSV wiederum ist im sechsten Zweitligajahr eher vier oder fünf Kategorien unter Milan, Barcelona und Real angekommen – hat allerdings den Anspruch, wieder aufzusteigen. Zunächst einmal in die Bundesliga.