Hamburg. Jansen gibt an, auf der Hauptversammlung der HSV-Aktionäre diffamiert worden zu sein. Doch es gibt Zweifel an der Version.
Der Termin im VIP-Bereich West im Volksparkstadion liegt schon einige Wochen zurück, als es beim HSV zu einem handfesten Eklat gekommen sein soll. Anfang Februar waren die Aktionäre der HSV Fußball AG sowie e.V.-Präsident Marcell Jansen als Vertreter des größten Gesellschafters (75,1 Prozent) und die Aufsichtsräte zur turnusmäßigen Hauptversammlung geladen.
Eine Sitzung, bei der eigentlich der neue Aufsichtsrat gewählt werden sollte. Doch anstatt sich auf die Mitglieder des Kontrollgremiums zu einigen, wurde unter den Anteilseignern heftig gestritten. Der damalige und inzwischen aus seinem Amt ausgeschiedene Aufsichtsrat Detlef Dinsel war darüber sogar derart verärgert, dass er das Volksparkstadion fluchtartig verlassen haben soll. Zuvor war ihm die Eignung als Aufsichtsrat abgesprochen worden.
HSV-Eklat gegen Marcell Jansen?
Versammlungsteilnehmer berichteten dem Abendblatt im Anschluss von „verbalen Attacken unter der Gürtellinie“. Hauptadressat soll Jansen gewesen sein, der sich nach eigenen Angaben eine Beleidigung anhören musste, die eines Anteilseigners des HSV absolut unwürdig ist und Grenzen überschreitet – sofern es denn dazu gekommen ist. Laut „Bild am Sonntag“ soll der Satz „dir hätte man früher Steine an die Beine gebunden und dich in der Elbe versenkt“ gefallen sein.
Jansen bestätigte den Vorfall in einem Interview mit der Zeitung. „Ja, es gab Beleidigungen und Bedrohungen. Das ist leider so.“ Der damalige Aufsichtsratschef, der den Vorsitz mittlerweile an e.V.-Vizepräsident Michael Papenfuß abgegeben hat, beklagte zudem den „fehlenden gegenseitigen Respekt“ – insbesondere durch Karl Gernandt, der bei der Sitzung Anfang Februar als Vertreter des zweitgrößten Gesellschafters Klaus-Michael Kühne anwesend war (15,21 Prozent) und als Hauptankläger gegen Jansen, Dinsel sowie Ex-Vorstand und Nach-wie-vor-Anteilseigner Thomas Wüstefeld auftrat.
Wer den diffamierenden Satz, zu dem es nach Abendblatt-Informationen tatsächlich gekommen sein soll, äußerte, ist nicht bekannt. Zumindest Gernandt soll es nicht gewesen sein. Auf Abendblatt-Anfrage war Jansen nicht erreichbar. Laut dem „Bams“-Bericht habe er „sehr ruhig und sachlich“ auf den Vorfall reagiert. „Denn alles andere wäre nicht hilfreich für den HSV.“
Zweifel an HSV-Eklat um Marcell Jansen
Allerdings gibt es auch Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Geschichte. So bekräftigten mehrere Sitzungsteilnehmer unabhängig voneinander gegenüber dem Abendblatt, sich nicht an diesen skandalträchtigen Satz erinnern zu können.
Klar ist, dass ein „Weiter so“ nicht mehr möglich ist. Entweder ist es tatsächlich zu jener verbalen Entgleisung gekommen. Dann müsste der Absender im Normalfall zurücktreten. Da die namentlich nicht bekannte Person allerdings keinen Posten vom HSV erhalten hat, sondern Anteile an der AG besitzt, wäre eine Trennung zumindest schwierig. Oder aber die Geschichte ist frei erfunden, wodurch Jansen erheblich unter Druck geriete.
HSV: Wer erinnert sich an Jansen-Eklat?
Es dürfte sicherlich kein Zufall sein, dass dieser mutmaßliche Eklat wenige Tage vor der für die kommende Woche angesetzten Aufsichtsratssitzung an die Öffentlichkeit gelangt ist. Bei der Zusammenkunft soll es um die künftige Besetzung des Vorstands gehen. Als wahrscheinlich gilt, dass das Duo Jonas Boldt (Sport) und Eric Huwer (Finanzen) perspektivisch um einen dritten gleichberechtigten Vorstand für den Bereich Marketing ergänzt werden.
Ebenfalls auf der Tagesordnung steht die Besetzung der letzten freien Stelle im Aufsichtsrat, für die es sogar schon einen Präsidiumsbeschluss geben soll. Wie berichtet, darf sich Ex-Rätin Lena Schrum, die sich mit Jansen im Zuge der Anschuldigungen und Ungereimtheiten rund um Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld zerstritten hatte, Hoffnungen auf eine Rückkehr ins Kontrollgremium machen, dem neben Papenfuß und Jansen auch Kühne-Vertreter Markus Frömming (Stellvertretender Vorsitzender), Henrik Köncke, Hans-Walter Peters und Stephan von Bülow angehören.
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Zusätzlich auf der kommenden Sitzung thematisiert werden dürfte nun auch der Vorwurf einer verbalen Entgleisung gegen Jansen. Ob sich noch jemand daran erinnern kann?