Hamburg. 16-Jähriger trainierte erstmals bei den Profis. Als Kleinkind verbrannte ein Fünftel seines Körpers. Ihm soll die Zukunft gehören.
Als Tim Walter einem ganz jungen HSV-Talent bei der Testspielniederlage am Donnerstag gegen Eintracht Braunschweig (1:2) einen großen Moment bescherte, musste der eine oder andere Zuschauer noch einmal genauer auf den Spielberichtsbogen schauen. Bilal Yalcinkaya (16) heißt der junge Offensivspieler, der nach seiner ersten Trainingswoche bei den Profis mit seinem Debüt für die erste Mannschaft belohnt wurde.
„Ich bin froh über mein erstes Spiel“, schrieb der eingewechselte Yalcinkaya bei Instagram. Seinen Namen sollte man sich merken.
HSV-Talent Yalcinkaya: Moniz schwärmt
Der Norderstedter gilt aktuell als eines der größten Talente im HSV-Nachwuchs, ihm wird eine große Zukunft prophezeit. „Bilals Spiel ist schwieriger zu durchschauen als bei anderen. Er hat ein spezielles Talent, ein Straßenfußballer eben“, sagt Ricardo Moniz im Gespräch mit dem Abendblatt.
Der Niederländer war bis vergangenen Sommer als Individualtrainer im Jugendbereich des HSV tätig. Yalcinkayas Fähigkeiten sind ihm dabei nicht verborgen geblieben. „Er will immer einen besonderen Pass spielen oder selber den Abschluss suchen. Bilal kann ein Unterschiedsspieler werden, weil er Überzahlsituationen forciert und torgefährlich ist“, schwärmt Moniz über den dribbelfreudigen Spielmacher, der in der Offensive flexibel einsetzbar ist.
Yalcinkaya ist eigentlich noch Spieler der U17, die er als Kapitän anführt. Zweimal durfte er in dieser Saison auch schon für die U19 auflaufen, wo der von Beobachtern als „Ballmagnet“ bezeichnete Youngster prompt ein Tor erzielte.
HSV will mit Bilal Yalcinkaya verlängern
Beim HSV sind sich die Entscheidungsträger darüber bewusst, dass dem Talent die Zukunft gehören kann. Mitte April sollen Gespräche mit Yalcinkayas Beraterduo Lennart Müller und Dajanna Feimann von der Agentur Intersoccer über eine Verlängerung des 2024 auslaufenden Vertrags stattfinden.
Dabei will der HSV dem deutschen U-17-Nationalspieler eine Perspektive aufzeigen – mit dem Ziel, nach David Leal Costa (17), der ab Sommer für die U19 des VfL Wolfsburg spielt, nicht das nächste Toptalent zu verlieren.
Wird HSV-Talent Yalcinkaya der neue Musiala?
Für Moniz ist allerdings nicht nur die sportliche Perspektive ausschlaggebend für Yalcinkayas weitere Entwicklung. Der 58-Jährige sieht in dem Juniorenspieler einen kommenden Star, sofern der HSV ihn nicht falsch anpacke. „Wenn Bilal seine Spielweise nicht verändern muss, wird er besser als Jamal Musiala. Wenn er aber einfach spielen soll und in ein Positionsspiel gedrängt wird, dann schafft er das nicht“, sagt Moniz. „Ich bin gespannt, was der HSV aus ihm macht.“
Angesichts eines Schicksalsschlags als Kleinkind grenzt es fast schon an ein Wunder, dass Yalcinkaya eine Karriere als Fußballprofi bevorsteht. Im Alter von 15 Monaten zog er beim Spielen am Kabel einer Fritteuse, woraufhin sich das heiße Fett über seinem Körper ergoss. Ein Fünftel seiner Haut verbrannte, vor allem am Hals sind die Narben noch deutlich zu sehen. Äußerlich wird er zwar für den Rest seines Lebens gekennzeichnet sein, doch immerhin haben sich anfängliche Bewegungsprobleme nicht als nachhaltig erwiesen.
HSV-Talent Yalcinkaya: Körper verbrannt
Zweimal war er 2007 operiert worden. Auch das Abendblatt berichtete damals über den Fall und sammelte Spenden über das Projekt „Kinder helfen Kindern“, da die Krankenversicherung nicht die volle Summe zahlte. „Die Therapiekosten waren für unsere Familie eine große finanzielle Belastung, wir sind dem Abendblatt für die Unterstützung sehr dankbar“, sagt Bilals Vater Muhammet heute.
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Der Vorfall schweißte die Familie noch enger zusammen. „Wenn jemand so etwas durchmacht, dann macht einen das stärker. Er hat einen starken Charakter, eine große Mentalität“, sagt Moniz über Yalcinkaya, der sich auch sozial engagiert. So spendet er für ein Waisenhaus in Afrika und hat zugleich mehrere Schulpatenschaften für Mädchen in der Türkei übernommen. „Bilal ist auch außerhalb des Platzes ein richtig guter Junge, der das Herz am rechten Fleck trägt“, sagt Beraterin Feimann, die zudem seinen Siegeswillen und seine Führungsqualitäten lobt.
Einen ersten Eindruck davon bekamen die Fans beim Test gegen Braunschweig, als sich Yalcinkaya mit einer Vorlage für Sonny Kittels Anschlusstor für seinen Einsatz belohnte. Es dürfte wohl nicht sein letzter Assist für die Profis bleiben.