Hamburg. Hauptversammlung einigt sich auf Neubesetzung des Gremiums. Lena Schrum könnte den siebten Platz übernehmen. Welche Rolle spielt Kühne?
Als der HSV am Montag um 15.15 Uhr das Ergebnis der Hauptversammlung veröffentlichte, sollte endlich Klarheit herrschen. Über Monate hatten sich die Gremien und die Gesellschafter ein beispielloses Ringen um die neue Besetzung des Aufsichtsrats geliefert. Und als am Wochenende nun alles danach aussah, dass der siebenköpfige Kontrollrat endlich komplett besetzt ist, da waren es am Montag plötzlich nur noch sechs. Zwar einigten sich alle Parteien wie erwartet darauf, dass Vizepräsident Michael Papenfuß die Nachfolge von Präsident Marcell Jansen als Aufsichtsratsvorsitzender übernimmt. Der Name von Ehrenrat Andreas Peters, der sich noch am Freitag überzeugen ließ, doch noch für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen, fehlte allerdings.
„Dr. Peters, der seine Unterstützung bei Bedarf signalisiert hatte, bleibt dem HSV in seiner beratenden Rolle im Arbeitskreis Rechtsform erhalten“, teilte der Club mit. Damit gehören für die kommenden vier Jahre neben Papenfuß und Jansen die bisherigen Räte Markus Frömming und Hans-Walter Peters sowie die Neuzugänge Henrik Köncke und Stephan von Bülow dem Kontrollgremium an. Frömming, der Interessensvertreter von Investor Klaus-Michael Kühne, übernimmt die Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden. Nun geht es darum, zeitnah ein siebtes Mitglied zu finden. Dafür hatten sich die Aktionäre zuletzt deutlich ausgesprochen. „Wir haben einen festen Prozess, der hinter der Besetzung eines Platzes im Aufsichtsrat steht, an den wir uns gemäß der Satzung unseres Vereins halten werden“, sagte Papenfuß in seinem ersten Statement als Vorsitzender des Rates.
HSV-News: Möglicherweise zieht Lena Schrum wieder in den Aufsichtsrat ein
Ganz aus dem Rennen ist Andreas Peters für die Neubesetzung noch nicht. Dem Juristen wurde offenbar nach dem Treffen der Aktionäre am Freitag gesagt, dass man sich auf eine friedliche Lösung einige, wenn er im Rat bleibt. Das änderte sich über das Wochenende. Wahrscheinlicher ist nun nach Abendblatt-Informationen, dass die bisherige Rätin Lena Schrum doch noch einmal überzeugt wird, in das Kontrollgremium einzuziehen. Voraussetzung dafür wäre aber, dass Marcell Jansen das Gespräch mit ihr sucht. Der Präsident hatte sich im Präsidium zunächst gegen die Nachhaltigkeitsunternehmerin ausgesprochen, soll jetzt aber seine persönlichen Probleme mit der ehemaligen Bundesligafußballerin ausräumen. Aber auch an Papenfuß liegt es nun, noch einmal auf Schrum zuzugehen.
Der 68-Jährige wiederum hatte Jansen selbst dazu geraten, den Vorsitz des Gremiums abzugeben, nachdem die Gesellschafter dem Ex-Profi im November das Vertrauen entzogen hatten. Jansen hatte bereits nach seinem überstandenen Abwahlantrag auf der Mitgliederversammlung Ende Januar angedeutet, als einfaches Mitglied weiterzumachen, wenn die Schwerpunktthemen dies bedingen.
Welche Rolle wird Kühne spielen?
Das größte Thema in den kommenden Monaten ist die schon seit Jahren angestrebte Rechtsformänderung von der HSV Fußball AG in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien. Anfang März soll die Arbeitsgruppe Rechtsform mit einem Kernteam die Umsetzung vorantreiben. Neben den e.V.-Vertretern Papenfuß, Patrick Ehlers, Anne Gnauck, Andreas Peters und Sven Freese sowie Antragssteller Niko Ehling soll auch ein externer Experte das Team verstärken. Der gesamte Prozess kostet eine fünfstellige Summe. Möglich, dass Kühne dafür aufkommt.
Obwohl sich der 85-Jährige zuletzt im „Manager Magazin“ nicht gerade positiv über die mögliche neue Struktur äußerte („Aktionäre sind nahezu rechtlos“), gilt er nach Abendblatt-Informationen weiterhin als Unterstützer der Umwandlung. Kühne verfolgt dabei zwei Szenarien: Zum einen könnte die Gesellschafterstruktur in einer KGaA auf breitere Schultern gestellt werden. Das wünscht sich Kühne schon seit Jahren. Sollte das nicht gelingen, wäre der 85-Jährige aber auch bereit, seine Anteile zu erhöhen und dem Club dadurch neues Kapital zur Verfügung zu stellen. Nach wie vor ist er gewillt, bis zu 120 Millionen Euro in den HSV zu investieren.
Eine mögliche Lösung könnte eine Wandelanleihe sein
Doch so sehr Kühne glühender Fan ist, so sehr ist er eben auch Geschäftsmann. Geld gibt es nur dann, wenn er seine Anteile entsprechend erhöhen könnte. Wie aber soll das gehen, bevor der Club seine Mitglieder von einer Rechtsformänderung überzeugt und diese sich bei einer außerordentlichen Versammlung mit einer Dreiviertelmehrheit dafür entscheiden? Eine mögliche Lösung könnte eine Wandelanleihe sein. In diesem Fall würde der Anleger seine Anteile optional zu einem festgelegten Preis in Aktien des Unternehmens eintauschen, sobald die neue Struktur gegeben ist. Die neue Rechtsform könnte auch rückwirkend zum 1. Juli umgesetzt werden, sollte eine außerordentliche Mitgliederversammlung erst nach Beginn des kommenden Geschäftsjahres möglich sein.
Die Gespräche mit der Kühne Holding über die Finanzierungsbedingungen dürfte nun der neue Kontrollchef Papenfuß vor allem mit dem Kühne-Abgesandten Frömming sowie Finanzvorstand Eric Huwer führen. Dabei wird es auch darum gehen, die Risse zwischen Präsidium und Vorstand zu reparieren. Unter der Führung von Jansen litt das Vertrauensverhältnis zu Jonas Boldt und Huwer gewaltig.
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HSV-News: Perspektivisch besteht der Plan, wieder mit einen Dreiervorstand zu fungieren
Für die beiden Vorstände geht es in den kommenden Wochen darum, die Weichen für die neue Saison zu stellen. Die neuen Verträge mit Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch sowie Scoutingleiter Claus Costa, der zum sportlichen Leiter der Profis aufsteigen soll, kann der neue Aufsichtsrat nun absegnen. Auch im laufenden Lizenzierungsverfahren erwartet der HSV keine Probleme.
Perspektivisch besteht der Plan, wieder mit einen Dreiervorstand zu fungieren. Doch zunächst genießen Boldt und Huwer das Vertrauen. Sie sollen sich jetzt endlich in Ruhe um ihre eigentlichen Aufgaben kümmern können. Das gab es beim HSV schließlich lange nicht.