Hamburg. Bei nächster Verhandlung entfällt die vom Richter angeordnete C-Probe. HSV-Gutachter widersprechen Naud und der Wada.

  • Im Dopingprozess um Mario Vuskovic wird es keine vom Richter angeordnete C-Probe geben.
  • Alle acht führende Epo-Forscher der Wada bewerten den Fall bei einem Workshop und sehen Doping als erwiesen an.
  • HSV und Vuskovic hoffen trotzdem auf Freispruch. Er wäre dann sofort spielberechtigt.

Für Tim Walter ist der Dopingfall Mario Vuskovic klar. „Es geht um den Menschen. Er kann seinen Beruf nicht ausüben und wird zu Unrecht angeklagt“, sagte der HSV-Trainer im NDR-„Sportclub“. Walter ist zwar bekannt dafür, sich wie eine Löwenmama vor sein Rudel zu stellen, doch die Causa Vuskovic ist längst nicht so eindeutig, wie sie der Coach beschreibt.

Am Freitag steigt die dritte Verhandlung im Prozess um den wegen Erythropoetin (Epo) vorläufig gesperrten Kroaten. Um zu ermitteln, ob Vuskovic nun zu Recht oder zu Unrecht auf der Anklagebank vor dem DFB-Sportgericht in Frankfurt Platz nehmen muss, hatte Richter Stephan Oberholz eine C-Probe angeordnet. Doch dazu wird es nicht kommen.

Mario Vuskovic: DFB verzichtet auf C-Probe

Die restlichen 43 Milliliter von Vuskovics am 16. September entnommener Dopingprobe, als der HSV-Profi positiv auf Epo getestet worden war, liegen noch immer eingefroren im Labor von Kreischa. Der von Oberholz für eine erneute Epo-Analyse beauftragte Kanadier Jean-Francois Naud lehnte die im Reglement der Welt Anti-Doping Agentur (Wada) nicht vorgesehene C-Probe ab.

Ein vonseiten der Verteidigung beantragtes Wada-unabhängiges Institut kam wiederum für Oberholz nicht infrage. Und so wird am Freitag mit Spannung erwartet, wie der Vorsitzende des Sportgerichts Nauds Affront gegen seinen richterlichen Beschluss moderiert.

Naud hat Vuskovic-Gutachten erstellt

Immerhin liegt der zweite Teil von Oberholz’ Anordnung vor. Was bisher keiner wusste: Nach Abendblatt-Informationen hat Naud das bei ihm beauftragte Gutachten zur Klärung aller offenen Fragen der Verteidigung erstellt. Im Kern ging es dabei um den Vorwurf eines Verfahrensfehlers mit den Schwerpunkten, welchen Einfluss die unterbrochene Kühlkette bis zur Ankunft des Urins in Kreischa gehabt haben könnte und ob der positive Dopingbefund zweifelhaft sei.

Nauds Antwort, für die er die Rohdaten der in Kreischa geöffneten A- und B-Probe bewertet haben soll: Das Labor habe alle Wada-Vorgaben erfüllt und sei zu einem korrekten Analyseergebnis gekommen. Trotzdem empfahl Naud, einen zusätzlichen unabhängigen Gutachter zu beauftragen, worauf Oberholz allerdings verzichtete.

Auch deshalb bleibt offen, welches Urteil er sprechen wird. Die Verteidigung hofft auf einen Freispruch, woraufhin Vuskovic direkt wieder spielberechtigt wäre. Für die Wada lässt die Datenlage keine Alternative zu einer Verurteilung zu. Klar ist daher nur eine Berufung der unterlegenen Partei.

Mario Vuskovic: Wada-Experten einig

In der vergangenen Woche war Vuskovics Dopingprobe sogar ein Gesprächsthema bei allen acht führenden Epo-Experten der Wada, die beim Manfred-Donike-Workshop in Köln aufeinandertrafen. Wie das Abendblatt erfuhr, herrschte die einstimmige Meinung, dass Vuskovics Epo-Befund keine Zweifel lasse.

Das Gremium reagierte zudem verärgert über den Bericht in der „Süddeutschen Zeitung“, in dem das gesamte Sar-Page-Verfahren der Dopinganalytik infrage gestellt und die alternative Massenspektrometrie als präziser bezeichnet wurde. Dabei könne diese Methode nach Ansicht der Wada keinesfalls für die nötige Klarheit sorgen, das Gegenteil sei der Fall. Eine Ansicht, der die vier Gutachter der Verteidigung schriftlich widersprechen.

Ohnehin ist die Lage unter den Wissenschaftlern längst eskaliert. Wie das Abendblatt erfuhr, nehme die Wada die vom HSV und Vuskovic gleichermaßen beauftragten Gutachter fachlich längst nicht mehr ernst. Eine Aussage, die auch in umgekehrter Form zutrifft. Zumindest in diesem Punkt herrscht Einigkeit unter den streitenden Parteien.