Hamburg/Los Angeles. Dem Profi droht eine Dopingsperre von bis zu vier Jahren. Welche Hilfe dem Verein nun neue Hoffnung in dem Verfahren macht.

Jonas Boldt griff am Sonntagabend im SoFi-Stadium immer wieder zum Handy. Der Sportvorstand des HSV nahm während des NFL-Spiels zwischen den Los Angeles Chargers und den Kansas City Chiefs (27:30) vor 70.240 Zuschauern einige Videos als Andenken auf. Auch die Spieler genossen das Footballspektakel auf der Tribüne. Ein paar Nachrichten nach Hamburg dürfte Boldt auf seinem Handy aber auch geschrieben haben. Dort wartet der Manager nicht nur auf ein Signal des Aufsichtsrats für seine geplante Vertragsverlängerung, sondern auch auf Neuigkeiten im Fall Mario Vuskovic.

Zehn Tage ist es her, dass zwölf Polizisten am Tag vor dem letzten Spie ldes Jahres gegen den SV Sandhausen im Volksparkstadion auftauchten und in der HSV-Kabine den Spint des Innenverteidigers durchsuchten. Zuvor wurde Vuskovic positiv auf Epo-Doping getestet. Eine Nachricht, die beim HSV, aber auch im deutschen Fußball mit voller Wucht eingeschlagen ist. Der Kroate hat in einer Stellungnahme an den Deutschen Fußball-Bund seine Unschuld beteuert.

Dopingvorwürfe bei Vuskovic: Handelt die Nada nicht?

Passiert ist seitdem aber nichts. Und genau das sorgt beim HSV für Ärger. Der Club fühlt sich von der Nationalen Anti-Doping-Agentur, die den HSV in der vergangenen Woche über die positive Dopingprobe informierte, bei der Aufarbeitung im Stich gelassen und bemängelt hinter vorgehaltener Hand die fehlende Kommunikation mit der Nada. Bis auf die Benachrichtigung, dass Vuskovic bereits am 16. September positiv getestet sei, habe der HSV noch keine weiteren Informationen erhalten, heißt es.

Der Deutsche Fußball-Bund, der für das weitere Vorgehen verantwortlich ist, hatte den Abwehrspieler vorläufig gesperrt. Die Öffnung der B-Probe wurde zwar vom Spieler beantragt, passiert ist das bislang aber offenbar nicht. Allerdings gilt es als äußerst unwahrscheinlich, dass das Ergebnis anders ausfällt, da es sich um dieselbe Urinprobe handelt. Der HSV will allerdings über den genauen Vorgang der Auswertung informiert werden, um einen Verfahrensfehler auszuschließen.

Laut der Nada ist jetzt der DFB in der Pflicht

Die Nada teilte am Montag auf Abendblatt-Nachfrage mit, dass im Fußball immer der Deutsche Fußball-Bund das weitere Verfahren übernimmt. „Daher ist der DFB der Ansprechpartner für den HSV, nicht die Nada“, sagt Sprecherin Eva Bunthoff. „Der DFB ist in der Verantwortung, alle weiteren Schritte einzuleiten. Die Nada begleitet das Verfahren nur und hat im Rahmen der Aufklärung jegliche ihr vorliegenden Sachverhalte in diesem Fall dem DFB übermittelt.“

Vuskovic selbst hält sich aktuell in Hamburg auf. Seine Wohnung wurde in der vergangenen Woche durchsucht, sein Handy und sein Laptop dabei beschlagnahmt. Boldt hat mit Vuskovic während der USA-Reise telefoniert, Trainer Tim Walter ebenso. Co-Trainer Filip Tapalovic ist in Hamburg geblieben und kümmert sich dort um seinen kroatischen Landsmann, der am vergangenen Mittwoch 21 Jahre alt wurde. Auch die Mutter von Mario Vuskovic ist nach Hamburg gekommen und unterstützt ihren Sohn vor allem moralisch.

Vuskovic nimmt sich rechtliche Unterstützung

Der U21-Nationalspieler hat sich zudem die Hilfe von zwei Anwälten genommen. Einen für das Thema Doping, einen für das Thema Verbandsrecht. auch dabei wurde er vom HSV unterstützt. Zudem wird Vuskovic in Hamburg von den Medizinern des Clubs auf alle möglichen Ursachen untersucht, um eine genetische Erklärung durch eine körperliche Abnormalität für die hohen Blutwerte zu ermitteln.

Experten halten es für ausgeschlossen, dass das Dopingmittel Erythropoietin versehentlich in den Körper des Sportlers gelangt ist. Sollte Vuskovic tatsächlich mit Eigenblut gedopt haben, müsste er dafür ärztliche Hilfe in Anspruch genommen haben. Wann und wo das passiert sein soll, ist für den HSV weiterhin ein großes Rätsel.

Der HSV hat einen externen Experten engagiert

Auch deswegen hat der Club nun einen externen Experten für das Thema Doping engagiert. Innerhalb des Clubs gab es bislang keinen Anlass, einen Dopingexperten zu beschäftigen. Auch für Sportvorstand Boldt ist das der Fall Vuskovic ein völlig neues Thema. Offiziell äußern wollte sich der 40-Jährige bislang nicht. Gut möglich, dass sich das noch ändert, sollten sich die Nada und der DFB weiterhin bedeckt halten.

Vuskovic bekommt derzeit von allen Seiten Unterstützung. Sein Berater Damir Smoljan hatte die Richtigkeit des positiven Dopingtest angezweifelt. „Der Junge hat doch schon Angst vor Aspirin“, sagte Smoljan im „Stern“. Auch Boldt und der HSV geben Vuskovic die volle Rückendeckung. Gleichzeitig muss sich der Club aber auch für den Fall vorbereiten, dass der Verteidiger seine Unschuld nicht nachweisen kann. Sollte das der Fall sein und die B-Probe ebenfalls positiv ausfallen, würde Vuskovic vom DFB voraussichtlich für mindestens zwei Jahre gesperrt werden.

Vuskovic bekommt vorerst weiter sein Gehalt

Aktuell bekommt der kroatischer U21-Nationalspieler, der im kommenden Sommer eigentlich an der U21-Europameisterschaft teilnehmen sollte, weiter sein Gehalt. Der HSV wird wiederum Geld brauchen, um für den Fall der Fälle einen Vuskovic-Ersatz verpflichten zu können.

Boldt, der noch länger in Kalifornien bleibt als die Mannschaft, um weitere Businesstermine in San Francisco wahrzunehmen, wird den Kontakt nach Hamburg im weiteren Verlauf der Woche aufrecht halten. Um das Wissen in Dopingfällen zu erweitern, würde dem HSV möglicherweise auch eine Teilnahme an dem monatlichen Web-Seminar der Nada helfen. In dieser Woche geht es am Donnerstag um das Thema Ergebnismanagement- und Disziplinarverfahren und die Frage, wie der Ablauf aussieht, wenn ein möglicher Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen vorliegt. Die Web-Seminare sind für alle offen – auch für den HSV.