Hamburg. HSV-Profi Mario Vuskovic steht unter Dopingverdacht. Experte erklärt Bedeutung und Gefahren. Hätten Ärzte etwas sehen müssen?

Das frustrierende Warten des HSV geht weiter. Auch am Donnerstag haben die Clubverantwortlichen keine Information des DFB in der Causa Mario Vuskovic erhalten. Solange die beantragte B-Probe nicht ausgewertet ist, gilt der Innenverteidiger als Dopingverdachtsfall, nachdem er am 16. September positiv auf die verbotene Substanz Epo getestet wurde. Vom DFB wurde Vuskovic vorläufig gesperrt.

Wann das Ergebnis der B-Probe auf dem Tisch liegen soll, steht noch immer nicht fest. Klar ist lediglich, dass Vuskovic im Falle einer Bestätigung der A-Probe laut Verbandsrecht als überführt gilt, wie aus Paragraf 16 der Anti-Doping-Richtlinien des DFB hervorgeht.

„Normalerweise sind die A- und B-Proben identisch. Ein unterschiedliches Ergebnis ist nicht zu erwarten“, sagt der Hamburger Dopingexperte Klaus-Michael Braumann im Podcast HSV – wir müssen reden. Der Sportmediziner betreute um den Wechsel in die 90er-Jahre die Mannschaften des HSV und FC St. Pauli, reiste zu Olympia 1988 nach Seoul (Südkorea), lehrte Sportmedizin an der Universität Hamburg und war maßgeblich an der Aufarbeitung der westdeutschen Dopinggeschichte beteiligt.

Mario Vuskovic: Was Epo im Fußball bringt

Durch seine Tätigkeiten und Begleitung von Forschungen weiß er nur zu gut, welche Wirkung Epo auch im Fußball haben kann. „Selbstverständlich führt es zu einer Verbesserung der Ausdauer, welche eine Leistungssteigerung von zwei Prozent zur Folge hat – gerade im Fußball“, sagt Braumann und ergänzt zur Einordnung: „Das sind schon sensationelle Größenordnungen, gar Welten im Sport.“

Erreicht wird diese Optimierung der Leistungsfähigkeit, indem gentechnisch hergestelltes Epo die Anzahl der roten Blutkörperchen steigert, wodurch mehr Sauerstoff durch das Blut transportiert wird. Die Nationale Anti-Doping Agentur (Nada) ist mit ihren Tests in der Lage zu unterscheiden zwischen ebenjenem Doping und legalem körpereigenen Epo, dessen Produktion beispielsweise durch Höhentraining verbessert werden kann.

Mario Vuskovic: Doping-Experte erklärt Epo-Methodik

Im Podcaststudio des Abendblatts gewährt Braumann Einblicke in die Methodik der verbotenen Substanz. „Mit einer kriminellen Energie werden Dopern zwei- bis dreimal am Tag Mikrodosierungen in die Vene oder den Muskel appliziert“, schildert er das Vorgehen, das schon nach wenigen Tagen seine Wirkung entfalte. „Nach einer Woche hat man einen 14 Tage andauernden Effekt.“

Durch diese Art der Zufuhr seien Dopingtests häufig „manipulierbar“, indem man sich „immer knapp unterhalb der Nachweisgrenze“ befinde – bei gleichbleibender Wirkung. Bei Vuskovics Tests wurde diese Grenze jedoch überschritten.

Laut Braumann sei Epo bis zu drei Wochen nach der Einnahme nachweisbar. Obwohl es derart häufig gespritzt wird, nimmt der frühere Mannschaftsarzt von Hannover 96 die medizinische Abteilung des HSV aus der Verantwortung, sollte Vuskovic tatsächlich gedopt haben. Denn die Einstiche seien nicht sichtbar. „Das halte ich für unmöglich, weil mit hauchfeinen dünnen Nadeln unter die Haut gespritzt wird“, erklärt Braumann.

Doping-Experte benennt Epo-Gefahren

Der Sportmediziner zeigt sich erfreut, dass das allgemeine Bewusstsein für das Unrecht des Dopings in den zurückliegenden Jahren gestiegen sei. Doch es gebe immer noch „Ausreißer“, die auch vor den beträchtlichen körperlichen Risiken von Epo nicht zurückschreckten.

„Es besteht die Gefahr, dass sich kleine Blutgerinnsel bilden, weil das Blut insgesamt dicker wird. Dadurch können Thrombosen entstehen und es kann zu einer Überforderung des Herz-Kreislauf-Systems, also speziell des Herzmuskels, kommen.“ Vereinfacht gesagt: Die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts steigt. „Epo führte bereits zu zahlreichen Todesfällen.“

Warum aber dopen Sportler trotz dieser Gefahren? „Ich habe mal vor vielen Jahren eine Studie gelesen, in der amerikanische Olympiateilnehmer gefragt wurden, ob sie dopen würden, wenn sie wüssten, dass sie in 20 Jahren sterben werden“, erzählt Braumann und nennt das überraschende Ergebnis. „85 Prozent haben Ja gesagt. Das ist ein Kapitel für sich.“

Mario Vuskovic – ein Doping-Drama?

Inwiefern auch Vuskovic Epo verwendet hat, muss noch abschließend geklärt werden. Im Fall einer Bestätigung drohen dem Verteidiger des HSV eine Sperre von bis zu vier Jahren sowie strafrechtliche Konsequenzen. Braumann: „Damit wäre seine ganze Karriere zerschossen. Es wäre ein Drama.“