Hamburg. Nach dem verdienten 1:0-Sieg gegen Heidenheim lobt der Trainer den Fortschritt seiner Mannschaft und spielt auf den Vorstandsstreit an.

Am Sonntag konnten die Profis des HSV bei schönstem Hamburger Sommerwetter ausspannen. Sonne, 21 Grad, einfach mal die Seele baumeln lassen. Nach dem 1:0-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim spendierte Trainer Tim Walter seinen Spielern spontan einen freien Tag. Die frohe Botschaft überbrachte der 46-Jährige unmittelbar nach dem Abpfiff im Spielerkreis. „Der Trainer war wohl ganz zufrieden mit uns“, sagte Kapitän Sebastian Schonlau und lachte.

HSV: Leistungssteigerung macht Spielern und Trainer Hoffnung

In der Tat herrschte rund um den Volkspark eine gewisse Erleichterung nach dem ersten Heimsieg der Saison. Gerade in der ersten Halbzeit zeigten die Hamburger ihre bisher beste Leistung, was angesichts der bisher eher dürftigen Auftritte in Braunschweig (2:0), gegen Hansa Rostock (0:1) und im DFB-Pokal bei Drittliga-Aufsteiger Bayreuth (3:1 nach Verlängerung) auch nicht schwer zu schaffen war. Und doch freut man sich beim HSV in diesen Tagen über alles, was halbwegs positiv ist.

Besonders positiv war die Tatsache, dass es rund um das Heidenheim-Spiel wirklich nur um Fußball ging. Die Fans verzichteten im Volksparkstadion ob des andauernden Führungsstreits zwischen den Vorständen Thomas Wüstefeld (53) und Jonas Boldt (40) auf Plakate oder verbale Botschaften in Richtung Vorstand und Aufsichtsrat, und auch die Protagonisten auf und um den Rasen versuchten das leidige Thema der vergangenen Wochen zumindest für die 90 Minuten auszublenden und einfach die „schönste Nebensache der Welt“ zu genießen: den Fußball.

HSV-Check nach dem Spiel gegen Heidenheim

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Vor dem Spiel scherzte Walter mit Sky-Reporter Sven Töllner, der ihn auf die atmosphärischen Störungen in der HSV-Führung ansprach. „Wir zwei haben doch keine atmosphärische Störungen, von daher ist alles okay. Wenn du etwas anderes empfindest, ich auf keinen Fall. Die Atmosphäre im Stadion ist überragend. Eine schönere Atmosphäre kann man sich gar nicht vorstellen“, sagte Walter, der bereits in den vergangenen Tagen der internen Krise mit auffallend guter Laune entgegentrat.

Und doch nutzte Trainer Walter die Pressekonferenz nach dem Spiel, um eine kleine subtile Botschaft bezüglich der Gesamtgemengelage beim HSV loszuwerden. „Allein kann keiner etwas erreichen. Dafür standen wir und dafür stehen wir gerade wieder. Man merkt es, dass es nur zusammen geht“, lobte Walter die zunächst die Abwehrleistung seiner Mannschaft, um anschließend seine Worte auf das große Ganze zu projezieren. „In allen Bereichen“.

In vielen Bereichen haben die Hamburger am Sonnabend im Vergleich zu den ersten Saisonspielen Fortschritte gemacht. Gerade im ersten Durchgang war viel mehr Tempo und Variabilität im Spiel. Auch das von Trainer Walter angeprangerte fehlende „Balltempo“ war deutlich höher. Gerade die Offensivspieler waren deutlich mehr in Bewegung, waren so für den Gegner häufig schwer zu greifen.

Heuer Fernandes kritisiert zu viele zugelassene Standardsituationen

Selbst Torschütze und Mittelstürmer Robert Glatzel wich immer mal wieder auf die Flügel oder ins Mittelfeld aus, auch Ransford Königsdörffer versuchte immer wieder mit tiefen Läufen Räume für seine Mitspieler zu schaffen. So wie es sein Trainer sehen will. „Wir sind sehr gut rausgekommen, gute Aggressivität, sehr viel Gegenpressing. Sobald wir die Bälle verloren haben, haben wir sie schnell wiedergeholt. Das ist das Wichtigste in unserem Spiel: dass wir dem Gegner keine Lust zum Atmen lassen. Dazu kommen unsere spielerischen Qualitäten“, erklärte HSV-Kapitän Sebastian Schonlau (28).

Aus dem Spiel haben die Hamburger über die gesamte Spielzeit kaum gefährliche Szenen zugelassen. Lediglich bei hohen Bällen der phyisisch starken Heidenheimer wurde es in der zweiten Halbzeit immer wieder im Ansatz unruhig im eigenen Strafraum. „Wenn die Bälle wie Ufos vorne reinfliegen, dann wird es ein Hauruckspiel. Das ist halt Zweite Liga. Wir wollen den Ball mehr am Boden haben“, mahnte Walter an.

Eine weitere Thematik: Das Zulassen von Standardsituationen. Heidenheim hatte im Volksparkstadion 15 (!) Eckbälle, die der HSV aber schadlos überstehen konnte. „Man muss sagen, dass wir seit Saisonbeginn zu viele Standards zugelassen haben. In jedem Spiel waren wir knapp an den zehn, zwölf, 13 Ecken dran. Heute waren es sogar 15. Aber dann musst du sie verteidigen. Wir haben uns mit allen Mann gewehrt, waren hochkonzentriert, aber wir wollen gar nicht so viele Standards zulassen“, erklärte Torhüter Daniel Heuer Fernandes (29), der – wie alle seine Kollegen auch – insgesamt zufrieden mit dem Auftritt war.

HSV-Trainer Walter fordert mehr Präzision bei den Kontern

Mit sechs Punkten aus drei Spielen ist der HSV zumindest wieder im Dunstkreis jener Tabellenregion, die man am Ende der Saison anpeilt. Klar ist aber auch: Ein Kader, der pro Saison über 20 Millionen Euro verschlingt und für über zehn Millionen Euro verstärkt wurde, muss ein besseres fußballerisches Gesamtpaket abliefern.

„Dass wir es können, haben wir schon öfters bewiesen, auch in der vergangenen Saison. Dass wir es noch mehr tun müssen, wissen wir auch. Die erste Halbzeit war gut, aber das wollen wir nicht zu hoch hängen. In der zweiten Halbzeit haben wir ausschließlich verteidigen müssen. Da hätten wir die Kontersituationen besser und technisch genauer ausspielen müssen. Um mal das Haar in der Suppe zu finden“, erklärte Walter.

Ab Dienstag will der Trainer mit seinem Team daran arbeiten, das Haar aus der Suppe herauszufummeln. Erst einmal steht Entspannung am Sonntag und ebenfalls freien Montag auf dem Programm.

Schema:

  • HSV: Heuer Fernandes – Heyer (84. David), Schonlau, Vuskovic, Muheim – Meffert – Reis, Rohr (53. Bénes) – Königsdörffer (74. Opoku), Glatzel, Kittel (84. Bilbija)
  • 1. FC Heidenheim: Müller – Busch, Mainka, Maloney (65. Rittmüller), Föhrenbach – Beck (80. Kühlwetter), Schöppner – Beste (80. Thomalla), Pick (46. Sessa), Burnic (46. Schimmer) – Kleindienst
  • Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen)
  • Videoschiedsrichter (VAR): Johann Pfeifer (Hameln)
  • Tor: 1:0 Glatzel (42.).
  • Zuschauer: 43.094.
  • Gelbe Karten: Rohr – Kleindienst, Mainka
  • Torschüsse: 12:15
  • Ecken: 2:15
  • Ballbesitz: 50:50 %
  • Zweikämpfe: 139:114