Mit Uwe Seeler, Peter Nogly, Horst Hrubesch, Sergej Barbarez und David Jarolim blicken Spieler aus fünf HSV-Generationen auf den Dauerbrenner gegen Werder Bremen zurück - und gewähren Einblicke in ihr Gefühlsleben.

Das ewig junge Duell Hamburger SV gegen Werder Bremen ist stets auch für die Protagonisten auf dem Platz ein elektrisierender Höhepunkt. Für abendblatt.de erinnern sich fünf ehemalige HSV-Profis an ihre Erfahrungen aus den Nordderbys.

Uwe Seeler (HSV 1953 – 72): Die Rivalität mit Bremen war immer da. Aber bei uns war es noch ein bisschen anders als heute. Wir haben uns auf dem Platz gefetzt, es ging zur Sache, aber hinterher hat man sich die Hand gegeben. Da rühren auch Freundschaften mit Werder-Spielern her, die bis heute anhalten. Max Lorenz ist zum Beispiel einer meiner besten Freunde, immer noch. Die Spiele waren auch fast immer ausverkauft, aber ich glaube, auf den Rängen war es friedlicher. So wie heute, wo es so super aufgeladen und zum Teil gewalttätig ist, war es nicht. Für uns war es kein Unterschied, dass es nun Bundesliga war. Wir haben ja auch vorher immer schon die Spiele gegen Werder Bremen gehabt. Die waren immer umkämpft. Vorher war es halt die Oberliga, jetzt ist es Bundesliga, das war halt ein neuer Weg, aber kein Unterschied in unserem Verhältnis zu Werder auf dem Platz. Ein ganz besonders prägendes Derby kann ich spontan nicht erinnern.

Peter Nogly (HSV 1969 – 80): Die Nordderbys waren schon zu unserer Zeit etwas Besonderes, allein von den Fans her. Ich kannte das ja auch schon aus Lübeck, wenn wir in der Regionalliga Nord mit Phönix Lübeck gegen den VfB gespielt haben. Da waren 10.000 Zuschauer an der Travemünde Alle und 17.000 an der Lohnmühle. Vor Derbys bist auch als Spieler etwas aufgeregter als normalerweise. Von den Spielen gegen Werder erinnere ich eines ganz besonders. Das war im Mai 1973. Wir hatten beim HSV da diese Umbruchphase, Willi Schulz und Uwe Seeler hatten aufgehört, die ganzen Jungen wie Manfred Kaltz und Rudi Kargus waren dazugekommen. In der Saison haben wir gerade so die Klasse gehalten. Da war die Situation genau so kritisch wie jetzt. Nach der Hinrunde waren wir mit neun Punkten Tabellenletzter. Horst Heese wurde dann zum Retter. Wir haben am 30. Spieltag in Bremen 4:1 gewonnen und hatten dadurch vier Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. Am vierten Spieltag der Saison danach haben wir 1:1 in Bremen gespielt. Daran erinnere ich mich natürlich auch noch gut, denn ich habe 2. Minuten vor dem Ende den Ausgleich geschossen.

Horst Hrubesch (HSV 1978 – 83): Zu unserer Zeit waren die Derbys ja Spiele, in denen sich der HSV und Werder um die Deutsche Meisterschaft gekloppt haben. Wir sind ja 1983 punktgleich mit Bremen Meister geworden. Es war immer unheimlich eng. Das war dann noch eine besondere Dramatik. Aber klar, diese Spitzenspiele haben immer besonderen Spaß gemacht, auf die man sich gefreut hat und wo die Einstellung stimmen musste. Dass es die große Konkurrenz gab, war klar, aber außergewöhnliche Aggressionen auf den Rängen kann ich nicht erinnern. Natürlich, es gab immer Sprechchöre, aber ich erinnere nicht, dass etwas aus dem Rahmen gelaufen wäre. Ich erinnere mich auch noch gut an das Derby im Januar 1983. Da haben wir 2:3 verloren, die erste Niederlage nach 36 Spielen. Die Serie hat ja Bayern München erst in dieser Saison geknackt. Die Niederlage war aus meiner Sicht völlig unnötig damals und hätten wir noch länger gespielt, hätten wir auch nicht verloren. Die Serie war uns damals aber gar nicht so bewusst. Klar, irgendwann wusste man, dass es jetzt 30 Spiele sind, oder so, Aber es ging bei dem Zwei-Punkte-System vor allem darum, dass man nicht verliert. Ein Unentschieden war nicht so schlimm. Wir haben in der Saison nur noch einmal verloren, und es hat dann ja zur Meisterschaft vor Werder knapp gereicht.

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Sergej Barbarez (HSV 2000 – 06): Auf dem Platz war es egal, ob die Gegner grüne oder rote Trikots trugen, aber wir haben natürlich schon die besondere Atmosphäre auf den Rängen gemerkt. Und wie besonders wichtig für die Fans ein Sieg grade im Derby war. Das hat schon noch ein Stück mehr motiviert. es war ja auch immer schon in der Woche vorher große Aufmerksamkeit durch die Medien, die Zeitungen waren immer voll. Zu meiner Zeit war Werder sehr gut und wir haben öfter verloren. Ich habe ein bisschen eine wehmütige Erinnerung, weil gegen Werder mein letztes Spiel für den HSV war. Es war der letzte Spieltag 2006. Mit einem Unentschieden wären wir Zweiter gewesen, leider haben wir 1:2 verloren. Ailton hat damals eine 100-prozentige Chance für uns ausgelassen. Eigentlich war es ein geiles Spiel und wir hätten den Sieg verdient gehabt, aber leider war es eben nicht so.

David Jarolim (2003 – 12): Für mich war da immer sehr viel Herzblut dabei, ich war so lange HSVer, da ist man schon heiß. Damals waren es echte Topspiele, in beiden Teams waren super Spieler. Das ist ein wenig anders als jetzt. Obwohl er Abstiegskampf auch brisant ist, natürlich. Ich erinnere mich vor allem an zwei Spiele. Das 1:1 im Oktober 2004 in Bremen war mein erstes Nordderby und ich habe dasbei das einzige Kopfballduell meiner Karriere gemacht. Und dann erinnere ich mich noch an das im Dezember 2009 bei völlig vereistem, schwierigen Boden. Wir mussten ab der 35 Minute in Unterzahl spielen und haben trotzdem gewonnen.