Sportchef Oliver Kreuzer wehrt sich gegen das mediale Dauerfeuer von HSV-Investor Klaus-Michael Kühne. In der vergangenen Woche legte der HSV-Investor einen echten Interview-Marathon hin.
Hamburg. Im deutschen Fernsehen lief einmal sehr erfolgreich die „Muppet-Show“, ein buntes Varieté mit Puppen wie Kermit dem Frosch und Miss Piggy. Die heimlichen Stars der Serie aber hießen Statler und Waldorf – zwei Herren im gesetzten Alter, die die Darbietungen auf der Bühne von der Loge aus teils ironisch, teils mit sarkastischer Kritik kommentierten. Was das mit dem HSV zu tun hat? Sehr viel. Weil Klaus-Michael Kühne derzeit beide Rollen der Grantler gleichzeitig zu spielen scheint, damit enorm viel Aufmerksamkeit auf sich zieht – und der Initiative HSVPlus Schaden zufügt, die er eigentlich unterstützen möchte.
In der vergangenen Woche legte der HSV-Investor einen echten Interview-Marathon hin. Erst besuchte ihn die „Süddeutsche Zeitung", außerdem sprach er noch in der „Bild“, dem „Kicker“, der ARD-Sportschau, Sport1, Sky, bei „Spiegel-Online“ und nicht zuletzt in der „FAZ“. Kühnes Botschaft, der auch bei einem Abendblatt-Interview vertrat, lautete unterm Strich: Alle müssen weg, dann öffne ich wieder meinen Geldbeutel zum Wohle des Clubs.
Nachdem der 74-Jährige vor einem Jahr erfolgreich, auch öffentlich, für eine Verpflichtung von Rafael van der Vaart gekämpft hat, glaubt Kühne offenbar, nach gleichem Muster verfahren zu können. „Ich will auch keinen personellen Veränderungen im Verein das Wort reden“, sagte Kühne zwar bei der „FAZ“, um dann kurz darauf doch Lösungsvorschläge zu unterbreiten: „Herr Magath strebt eine Rolle in der Vereinsführung an. Er und Herr Hollerbach als möglicher Trainer wären sofort verfügbar. Und wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.“ Da wusste er noch nichts von der bevorstehenden Verpflichtung Bert van Marwijks.
In der HSV-Führung reagiert man zunehmend irritiert angesichts des aggressiven Vorgehens von Kühne, der in Aussicht gestellt hat, 25 Millionen Euro zu investieren, wenn man denn seine Wünsche – Kritiker würden es Befehle nennen – allesamt erfüllt. „Was wir uns vor allem nicht leisten können, ist die Aufgabe der Unabhängigkeit“, sagte beispielsweise der Vorsitzende Carl Jarchow im ZDF-„Sportstudio“, „oder die Einflussnahme von Personen, die nicht einmal im Verein Mitglied sind und meinen, durch das In-Aussicht-Stellen von größeren Beträgen etwas bewirken zu können.“
Der Ton wird zunehmend schärfer, vor allem aber bei Sportchef Oliver Kreuzer, den Kühne ja bekanntlich ebenfalls nach einer Umstrukturierung entsorgen möchte („Für Kreuzer müsste man eine faire Lösung finden“). „Mittlerweile lache ich nur noch darüber. Am Anfang denkt man sich ja noch: Warum macht das der Mann? Es ist doch unglaublich, wenn er aus der Ferne behauptet, dass ich überfordert sei. Der kennt mich doch gar nicht“, konterte Kreuzer das Medienfeuer Kühnes. „Es ist doch eine Posse, wenn ein älterer Herr aus Mallorca mir was über die Fußball-Bundesliga erzählen will. Man kann ihn doch gar nicht mehr ernst nehmen.“ Kreuzer weiter: „Herr Kühne kann ja mal in seinen Privatflieger steigen, nach Hamburg kommen und über konstruktive Dinge reden. Das wäre mal interessant. Aber ich glaube, dass das nichts bringt. Mister Allwissend wird weiterhin seine Dinge aus der Ferne verbreiten. Das ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten.“
Fakt ist: Mit seinem Vorpreschen schwingt sich Kühne unfreiwillig zum besten HSVPlus-Befürworter auf, den sich ein HSVPlus-Gegner wünschen kann, was auch bei den Initiatoren selbst ganz offensichtlich so wahrgenommen wird. So wollte sich Otto Rieckhoff zwar auf Abendblatt-Anfrage nicht explizit zu Kühnes Medienpolitik äußern, doch der frühere Aufsichtsratsvorsitzende betonte, dass sich HSVPlus derzeit in einer ausschließlich inhaltlichen Diskussion befände: „Wir wehren uns gegen jede Personalisierung, das betrifft auch die Frage von strategischen Partnern. Wir haben nach unserer Vorstellung eine Fülle von Anregungen und Vorschlägen erhalten. Darüber reden wir.“
Die hinter diesen Worten steckende Sorge Rieckhoffs ist klar: Viele der traditionell auf die Unabhängigkeit des HSV bedachten Mitglieder könnten das Modell Rieckhoffs, das mit dem Ziel an den Start geht, den klammen Verein für Investoren zu öffnen, allein schon deshalb ablehnen, weil diese – wie jetzt Kühne – von außen Vereinspolitik betreiben könnten.
Kein Wunder also, dass Jarchow, der wie sein Vorstandskollege Joachim Hilke einer Ausgliederung der Profiabteilung prinzipiell positiv gegenübersteht, am Wochenende betonte, dass man die „wirtschaftlich nicht einfache Situation“ mit eigenen Mitteln lösen wolle. Beifall von „Statler und Waldorf“ alias Kühne wird der Vereinschef für solche Aussagen nicht bekommen.