Ein Kommentar von Alexander Laux
Es gab und gibt genügend Gründe, auf den HSV einzuprügeln. Die Entscheidung, Lambertus „Bert“ van Marwijk innerhalb von nur wenigen Tagen als neuen Trainer zu verpflichten, gehört nicht dazu. Der 61-Jährige verfügt nicht nur über fußballerische Kompetenz, sondern auch über Erfahrung und eine natürliche Autorität, die das völlig verunsicherte Hamburger Team jetzt dringend benötigt. Wichtigste Bedingungen für eine erfolgreiche Arbeit beim HSV werden allerdings Akzeptanz und Konsequenz sein: Van Marwijk muss akzeptieren, dass der vorhandene Kader allenfalls für einen Mittelfeldplatz in der Bundesliga taugt. Und er darf sich nicht beeinflussen lassen im hypernervösen Kosmos HSV, der mitten in einer Strukturdebatte steckt.
Van Marwijks dringlichste Aufgabe beim HSV ist es jedoch, seinen Landsmann wieder in die Spur bringen. Der Auftritt von Rafael van der Vaart gegen Bremen war unterm Strich eine Frechheit. Dass er nur Sekunden nach dem Abpfiff vom Rasen flüchtete, dann aber doch noch schnell ein Sky-Interview gab, passte ins Bild. Seine Aufgabe als HSV-Spielführer wäre es gewesen, sofort mit den Kollegen zu den Fans zu gehen und ihnen zu danken, dass sie sich trotz des fußballerischen Offenbarungseids, ausgerechnet gegen den verhassten Nordrivalen, so vorbildlich verhalten hatten. Und es wäre als Anführer sein Job gewesen, sich Gedanken zu machen, wie man am Dienstag im Pokal gegen Fürth bestehen soll, womöglich Gespräche mit anderen Spielern zu führen. Stattdessen verließ er am Sonntag um 10.52 Uhr das HSV-Stadion. Als Erster. So verdient man nicht die Binde.