Beim HSV läuft die Trainersuche nach der Entlassung Finks auf Hochtouren. Unterdessen versucht Interimscoach Cardoso die Hamburger auf die Erfolgsspur zurückzubringen. Das Stadion ist bislang nicht ausverkauft.
Hamburg. Sprüche, Provokationen oder Giftpfeile zwischen dem HSV und Werder Bremen waren gestern. Vor dem 99. Bundesliga-Nordderby haben beide Clubs im Tabellenkeller genug eigene Sorgen – die alte Rivalität wird aber spätestens am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) auf dem Rasen hochkommen. Im ersten Spiel nach Thorsten Fink steht die Partie für die Hamburger mit Interimscoach Rodolfo Cardoso ganz unter dem Eindruck der ungeklärten Trainerfrage.
In der Not schließt der strauchelnde „Bundesliga-Dino“ sogar die Verpflichtung von Werders Langzeit-Coach Thomas Schaaf nicht aus - das wäre vor Jahren noch undenkbar gewesen. Als es beiden Clubs noch besser ging und die Rivalität hochkochte – wie 2009, als Werder aus den Halbfinalspielen im DFB- und Europapokal als Sieger hervorging. Im Krisenduell der „verglühenden Nordlichter“ (Süddeutsche Zeitung) stehen beide Kontrahenten enorm unter Zugzwang.
Nordderby ist nicht ausverkauft – Tickets bleiben teuer
Die Partie wird nicht ausverkauft sein: Der teuerste Sitzplatz kostet 84 Euro, der günstigste ist für Normalzahler für 55 Euro zu haben. Die besondere Rivalität der beiden Nordrivalen ist eben auch besonders teuer, egal was die Teams sportlich bieten. Auch deshalb waren am Donnerstag noch 5000 Tickets verfügbar.
Teurer ist nur das Spiel gegen Bayern München, wo der beste Sitz 94 Euro kostet. Zum Vergleich: Der wertvollste Platz beim Pokalspiel gegen Fürth am kommenden Dienstag schlägt nur mit 25 Euro zu Buche. Allerdings: Als sich der HSV und Werder 2009 im Uefa-Cup begegneten, musste man 97 Euro zahlen – damals spielten jedoch zwei Spitzenteams gegeneinander.
„Wir alle können die Tabelle lesen, wir haben ganz andere Ziele formuliert. Das wird ein brisantes Nordderby“, sagte HSV-Sportdirektor Oliver Kreuzer und warnt vor dem Nachbar, der mit Platz 14 gerade einen Rang und zwei Punkte besser dasteht: „Sie wollen bestimmt etwas gutmachen.“ Nach den ersten beiden knappen1:0-Erfolgen gab der Rivale von der Weser bei drei Niederlagen in Serie kein gutes Bild mehr ab.
Dennoch steht das neue Bremer Personal mit Robin Dutt auf der Bank und Thomas Eichin als Sportchef eng zusammen. Die Stimmung an der Weser ist aber auch angespannt. „Den Ist-Zustand zu analysieren, das ist in Ordnung. Aber diese Endzeit-Stimmung passt einfach nicht nach fünf Spieltagen“, erklärte Eichin.
Wette zwischen van der Vaart und Fritz
„Aus der Ferne kann ich nur sagen, dass es in Hamburg sicher schwieriger ist zu arbeiten als in Bremen. Die Unruhe beim HSV ist deutlich größer als bei uns, sie kommt oft aus dem Verein“, sagte Kapitän Clemens Fritz in einem Doppelinterview mit Hamburgs Rafael van der Vaart in der „Sportbild“. Spontan schlossen sie eine Wette ab: Wer verliert, muss den gegnerischen Anhängern zur Weihnachtsfeier 500 Liter Bier spendieren.
Am Volkspark stellen sich die Kiebitze schon die Frage, wer diesen Chaos-Club eigentlich noch trainieren will. U23-Leiter Cardoso würde es gern tun, darf es aber nur ganz kurz. Der Argentinier erfüllt nicht das Anforderungsprofil des Vorstands: Zu wenig Erfahrung und der deutschen Sprache noch nicht mächtig genug.
Auf Trab gebracht hat Cardoso die Profis auf jeden Fall. Gemeinsam mit Otto Addo, der die nötige Lizenz besitzt, ließ der 44-Jährige in Doppel-Schichten arbeiten und befand hinterher: „Da ist Feuer drin“. Der einzige Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier zog sich allerdings einen Fußbruch zu. Im Trainingsspiel ersetzte ihn Heiko Westermann.
Marcell Jansen soll nach dem Bruch des kleinen Zehs wieder links in der Viererkette für Stabilität sorgen. Nach dem 2:6 in Dortmund und schon 15 Gegentoren in der Liga liegt das Augenmerk auf der Defensivarbeit. Cardoso, der als Profi sowohl in Hamburg als auch in Bremen spielte, will von hohem Erwartungsdruck nichts wissen: „Der ist immer da, besonders, wenn du beim HSV spielst“.