Ahrensburg. Immer weniger Bäder in Stormarn. Förderverein will Schwund nicht hinnehmen. Was das Vorhaben kostet und woher das Geld kommen soll.

Jüngsten Verlautbarungen des schleswig-holsteinischen Kultusministeriums zur Schwimmfähigkeit von Grundschülern nach Abschluss der vierten Klasse zufolge haben 48 Prozent von ihnen mindestens das Schwimmabzeichen in Bronze erlangt. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass mehr als die Hälfte vor dem Wechsel an die weiterführenden Schulen noch nicht sicher schwimmen kann und im Wasser dauerhaft beaufsichtigt werden muss. Fachleute in Stormarn wundern diese Zahlen nicht. „Wenn ich mir anschaue, wie sich die Hallensituation im Kreis in den vergangenen Jahren entwickelt hat, dann ist der Trend nur allzu folgerichtig“, sagt Joachim Lehmann, selbst viele Jahre aktiver Schwimmer und Oberliga-Wasserballer und jetzt stellvertretender Vorsitzender des Kreissportverbands. Zudem fehle es an Pädagogen mit einer Schwimmlehrbefähigung. „Die Lage hat sich dramatisch verschlechtert. Sie ist inzwischen katastrophal und der Bedarf immens“, so sein Befund.

Tatsächlich hat sich die Zahl an Hallenbädern halbiert. Das kleine Bewegungsbecken in der LungenClinic Großhansdorf ist bereits vor einigen Jahren geschlossen worden. Dann folgte das Lehrbecken am Mühlenredder in Reinbek und Ende vergangenen Jahres wurde schließlich das Hallenbad auf dem Gelände der Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld dichtgemacht.

Hoher Investitionsbedarf in Barsbüttel und Bad Oldesloe

Übriggeblieben sind die Hallenbäder in Bad Oldesloe und Reinbek, das Badlantic in Ahrensburg und die Halle in Barsbüttel. „So weit bekannt, gibt es aber auch dort einen gewaltigen Investitionsbedarf von geschätzten sechs Millionen Euro“, weiß Lehmann. Gleiches gelte mit Abstrichen zudem für das Bad in der Kreisstadt.

Schwimmhallen-Projekt H2O
Die neue Außenansicht des Schwimmhallenprojekts H2O. © HA | Kröger Architektur

Inzwischen gibt es Grundschulen im Kreis, die gar keinen Schwimmunterricht mehr haben. Wann immer außerschulische Schwimmlernkurse angeboten werden, etwa durch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) oder die Freibäder in Bargteheide und in Trittau in den Sommerferien, sind die Plätze schnell ausgebucht.

CDU-Kreistagsfraktion spricht von „unhaltbarem Zustand“

Jüngst zeigte sich angesichts der dramatischen Zahlen sogar die Kreistagsfraktion der CDU alarmiert. Fraktionschef Joachim Wagner sprach von einem „unhaltbaren Zustand“, dem „mit allen Mitteln“ entgegengewirkt werden müsse. Mit einem Antrag für die kommende Sitzung des Schul-, Kultur- und Sportausschusses am Dienstag, 9. Juli, wollen die Christdemokraten eine neue „Seepferdchen-Initiative“ starten, um zu einer deutlichen Verbesserung der „bedenklichen Situation“ zu kommen.

„Schwimmen zu können, ist für Kinder von essenzieller Bedeutung, damit der Aufenthalt am und im Wasser nicht zur tödlichen Gefahr wird“, sagt Wagner. Hauptgründe für die anhaltende und sich verschärfende Misere seien die immer geringer werdenden Schwimmbadkapazitäten und fehlende Schwimmlehrer.

Neue Anlage soll 13 Bahnen in zwei Becken bekommen

In diesem Zusammenhang kündigte die CDU-Fraktion an, eine Beteiligung des Kreises an dem Projekt „H2O Sport“ prüfen zu lassen. Dabei handelt es sich um den Bau eines neuen Schwimmbads mit einem großen Becken von 25 x 25 Metern für neun Bahnen und einem kleineren Becken von 9 x 25 Metern für vier Bahnen.

Siek
Glauben weiter an die ambitionierte Idee des neuen Schwimmbads: Joachim Lehmann (l.) und Götz Reppel.  © HA | Lutz Kastendieck

Die Pläne schienen nach der Absage eines potenziellen Hauptinvestors bereits geplatzt, der die Kooperation mit einer Tagesklinik suchen wollte. Dennoch haben die Initiatoren, die sich in einem Förderverein mit 80 Mitgliedern organisiert haben, ihre hochambitionierte Idee nicht aufgegeben.

Schwimmen betrifft alle Bevölkerungsschichten

Öffentlich gemacht hatte sie bereits Anfang 2019 der ehemalige Sieker SPD-Gemeindevertreter und passionierte Triathlet Götz Reppel. „Mag sein, dass einigen das Vorhaben zu visionär erscheint“, sagt der 68-Jährige. Er und seine Mitstreiter seien von der immensen Bedeutung des Projekts aber nach wie vor 100-prozentig überzeugt.

„Schwimmen ist ein Menschenrecht und Teil der Daseinsvorsorge. Es hat große Relevanz und betrifft alle Bevölkerungsschichten“, argumentiert der gebürtige Badener, der in der Jugend selbst Leistungsschwimmer gewesen ist. Weil es eine ideale Bewegungsart sei, spiele Schwimmen auch eine große Rolle beim Inklusions-, Behinderten- und Gesundheitssport sowie bei Reha-Maßnahmen.

Grundstück in Siek ist durch die WAS bereits reserviert

Die Corona-Pandemie, die Zinsentwicklung, Lieferengpässe und die Krise im Baugewerbe hätten die Rahmenbedingungen lange Zeit enorm erschwert. Doch inzwischen sieht Reppel die Ausgangsposition wieder stark verbessert. Nicht zuletzt deshalb, weil es jetzt positive Signale aus der Kreispolitik, vom Kreispräsidenten Hans-Werner Harmuth und aus der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) gebe.

Schwimmhallen-Projekt H2O
Das kleine Becken der neuen Anlage mit den Duschen und Umkleiden. © HA | Kröger Architektur

Letztere hat zum Beispiel ein Grundstück am Sieker Ortseingang reserviert. Das Areal am Bürgerpark, direkt neben dem Bauhof, biete sich an, weil die Kommunalpolitik hier weder weiteres Gewerbe noch Wohnungsbau möchte. „Es wäre zudem gut an den überörtlichen Verkehr angebunden und bezahlbar“, so Reppel. Momentan geht der Verein von Erwerbs- und Erschließungskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro aus.

Neues Konzept auf Basis eines dänischen Modells

Doch längst ist der Projektname „H2O Sport“ nicht mehr mit dem Gemeindenamen Siek verbunden. „Sollten sich anderenorts noch bessere Bedingungen und Konditionen auftun, wären wir jederzeit bereit, auch über einen anderen Standort nachzudenken“, sagt Reppel, der Siek aber noch immer für den erfolgsträchtigsten Bauplatz hält.

Für frischen Wind sorgte zudem die Zusammenarbeit mit der Architekten Jörg Kröger aus Winsen/Luhe in Niedersachsen. Er hat ein neues Konzept entworfen auf der Basis eines dänischen Modells, das mittels einer Stahlwanne und einer vollautomatisierten Badtechnik ein deutlich nachhaltigeres Bauen ermöglicht.

Auch interessant

Haupthürde bleibt unterdessen die Akquise der notwendigen Finanzmittel. Neuesten Schätzungen zufolge belaufen sich die Gesamtkosten des Projekts auf eine Summe zwischen 10,9 und 13,7 Millionen Euro. „Das ist sehr konservativ und mit einem Puffer von 1,5 Millionen Euro für Unvorhergesehenes gerechnet. Deshalb dürften das Gesamtinvestment am Ende eher auf zehn Millionen statt auf 14 Millionen Euro hinauslaufen“, glaubt Reppel.

Die Finanzierung soll nun mit einem Vier-Säulen-Modell realisiert werden: als Fundraising durch Großspender, Kleinspender und Veranstaltungen, über private Stiftungen und die Aktivregionen, über die öffentliche Förderung durch den Bund, sowie über Zuschüsse von Land, Kreis und Kommunen. „Wenn es uns gelingt, die politische Dimension über unsere Landtagsabgeordneten in Kiel zu verstärken, sehe ich echte Chancen, unser H2O-Projekt in den nächsten Jahren zu verwirklichen“, gibt Götz Reppel den unerschütterlichen Optimisten.