Trittau. Damit mehr Kinder schwimmen lernen können, holt Trittau erstmals einen privaten Anbieter an Bord. Ein Gewinn für Kinder und Eltern.
Ein sonniger Sommernachmittag im Schönaubad Trittau: Am Beckenrand liegen Schwimmbretter und farbige Schwimmnudeln bereit. In einem abgetrennten Teil des Nichtschwimmerbeckens schart sich eine Gruppe von Kindern um Schwimmlehrer Dirk Steinhäuser. Seit Mai bietet seine Reinbeker Schwimmschule verschiedene Schwimmkurse für Kinder in dem Freibad an. Auf sein Kommando hin nimmt sich jeder seiner Schüler eine Schwimmnudel. Steinhäuser demonstriert noch einmal die Ausgangsposition der Arme und dann geht es auch schon los: Langsam durchschwimmen die Kinder konzentriert das Becken. Steinhäuser lobt viel: „Super“ und „prima“, feuert er sie an. „Noch zwei Bahnen, auf geht‘s!“
Hinter einer Absperrung verfolgen einige Eltern den Unterricht. Ab einem Alter von fünf Jahren nimmt die Schwimmschule Kinder in die Seepferdchengruppe auf. „Ich finde, das ist genau das richtige Alter, um schwimmen zu lernen“, meint eine Mutter. „Es ist wichtig, dass sie das schon ein bisschen können.“ Eine andere Mutter sagt: „Ich hoffe jedenfalls auf das Abzeichen“, und lacht. Gemeint ist das Frühschwimmabzeichen, dass die Kinder nur bekommen, wenn sie die Abschlussprüfung bestehen. Gefragt, wie den Kindern der Unterricht gefällt, sind sich alle Eltern einig: „Die finden das alle gut.“ Der beste Beweis: „Die Kinder wollten wieder hierherkommen.“ Für einen Vater ist es von Vorteil, dass die Schwimmschule den Unterricht ortsnah und in kompakter Form anbietet: dreimal die Woche jeweils eine halbe Stunde. Insgesamt umfasst dieser Kursus 14 Termine.
Schwimmkurse Stormarn: In diesem Freibad gibt es noch freie Plätze
Es ist der Gemeinde Trittau zu verdanken, dass es überhaupt zu einer Kooperation mit einer privaten Schwimmschule gekommen ist. Sie war die einzige Kommune im Umkreis, die Steinhäusers Angebot offen gegenüberstand. Denn das ist nicht die Regel, wie der Schwimmlehrer aus eigener Erfahrung zu berichten weiß. Vor sieben Jahren habe er sich zum ersten Mal auf die Suche nach Bahnzeiten gemacht, aber schnell festgestellt, dass es kaum Resonanz gab. „Nach Corona habe ich dann wieder angefangen zu suchen. Ich hatte auch ein bisschen darauf gesetzt, dass die Karten durch die Pandemie neu gemischt wurden. Doch bis auf Trittau gab es von den Bädern entweder keine oder eine ablehnende Antwort“, sagt Steinhäuser.
Er hätte beispielsweise auch gern die Schwimmhalle in der Müllverbrennungsanlage Stapelfeld gemietet, doch diese sei seit einem halben Jahr geschlossen. „Die Betreiber haben mit dem Gelände etwas anderes vor“, vermutet er. Er finde das bedauerlich – auch hinsichtlich der Tatsache, dass es generell zu wenig Schwimmbäder im Land gibt. In Stormarn gibt es zudem erheblichen Sanierungsbedarf: So muss beispielsweise das Hallenbad Barsbüttel für sechs Millionen Euro überholt werden, und das Oldesloer Travebad schließt ab dem 22. Juli voraussichtlich bis Anfang 2025 wegen dringend erforderlicher Sanierungsarbeiten. Der Mangel an verfügbaren Schwimmhallen für die Schwimmausbildung ist einer der Faktoren, warum viele Kinder nicht richtig schwimmen lernen. Der Bedarf lässt sich auch daran ablesen, wie schnell die wenigen verfügbaren Schwimmkurse für Kinder, die im Kreis Stormarn angeboten werden, ausgebucht sind.
Jedes zweite Kind kann zu Beginn der vierten Klasse nicht sicher schwimmen
Und das Problem hat sich durch die Corona-Zeit noch verschlimmert. Im Februar veröffentlichte die schleswig-holsteinische Landesregierung einen Bericht über die Schwimmfähigkeit von Schülern der vierten Klassenstufen des Schuljahres 2023/24. Dazu hatte das Bildungsministerium im Herbst 2023 alle Grundschulen des Landes aufgefordert, anzugeben, wie viele Kinder im betreffenden Schuljahr die vierte Klasse besuchen und wie viele davon das Schwimmabzeichen Bronze besitzen. Denn nur mit der Erlangung des Bronzeabzeichens gelten Kinder als schwimmsicher.
Das Ergebnis des Berichts fasst die DLRG Schleswig-Holstein so zusammen: „Jedes zweite Kind in Schleswig-Holstein kann zu Beginn der vierten Klasse eben nicht sicher schwimmen.“ Für Stormarn liegen konkrete Zahlen vor: Von 2435 Viertklässlern haben nur 1229 nachweislich die sichere Schwimmfähigkeit erworben. Für Bildungsministerin Karin Prien sind diese Zahlen offensichtlich kein Anlass zur Sorge. Bei der Präsentation des Berichts im Landtag sagte sie mit Verweis auf den niedrigeren Bundesdurchschnitt: „Unsere Quote ist doppelt so hoch wie anderswo, das kann sich sehen lassen.“
Mit DLRG und Schwimmschule hat Schönaubad starke Partner an seiner Seite
Nach Ansicht von DLRG-Landesgeschäftsführer Thies O. Wolfhagen ist das bei Weitem kein Anlass zur Freude. „Ertrinken ist noch immer eine der häufigsten Unfall-Todesursachen bei Kindern. Genau deshalb sollten die Jüngsten so früh wie möglich das Schwimmen erlernen“, erläuterte er. Dass jeder zweite Viertklässler nicht sicher schwimmen könne, sei daher keine gute Nachricht, sondern eine schlechte. Nach seiner Einschätzung seien die meisten Kinder mit etwa sechs Jahren so weit, die Seepferdchen-Prüfung abzulegen. „Das Bronze-Abzeichen sollte spätestens am Ende der Grundschulzeit abgelegt werden“, so Wolfhagen.
Auch interessant
- Schock: Buchhandlung Michaels in Innenstadt Reinfeld steht vor dem Aus
- Stormarn: Grippe-Erkrankte bekommen Post vom Gesundheitsamt
- Prozess Stormarn: Nachbar (84) angegriffen – 54-Jähriger aus Oststeinbek zu Haft verurteilt
Kai Kobus, Betriebsleiter des Schönaubades, hat in früheren Jahren selbst Kindern das Schwimmen beigebracht. Doch seit ein Kollege aus Altersgründen ausgeschieden ist, sind Kubus und Sebastian Lindemann die beiden einzigen Fachkräfte und wechseln sich im Schichtbetrieb ab. „Wir finden einfach niemanden, der unser Team verstärken kann. Fachkräfte sind rar gesät“, klagt Kobus. „Wir können das gar nicht auffangen, haben mittlerweile über 30 Prozent weniger Öffnungszeiten.“
Dafür aber die Möglichkeit, Bahnenzeiten zur Verfügung zu stellen. „Wir sind sehr glücklich, dass wir mit der Schwimmschule einen starken Partner an unserer Seite haben“, so Kobus. „Unser Streben ist, dass wir wirklich viele Kurse hier reinbekommen, denn nichts ist wichtiger, als dass die Kinder schwimmen lernen.“ Ein anderer Partner, die DLRG, sei schon lange dabei. Deren Anfängerschwimmkurse sind für diesen Sommer bereits ausgebucht. Die Schwimmschule hingegen hat noch freie Plätze im Angebot. Ob Seepferdchen, Bronze oder Silber: Einen Überblick gibt es unter schwimmkurse-trittau.de.