Wedel. Kurz vor Fristende taucht ein parteiloser Bewerber auf, der den „Bürokratie-Irrsinn“ stoppen möchte. Eine Partei winkt nun doch ab.

Viel Zeit bleibt Anwärterinnen und Anwärtern nicht mehr, sich für die Bürgermeisterwahl im November in Wedel zu bewerben. Bis kommenden Montag, 23. September, 18 Uhr, müssen die nötigen Unterlagen im Rathaus abgegeben werden. Nun hat der nächste Kandidat seinen Wunsch, Rathaus-Chef zu werden, öffentlich gemacht. Vier offizielle Bewerber gibt es schon.

Der parteilose Wedeler Jan Jensen ist allerdings noch auf Stimmenfang und muss bis Fristende in wenigen Tagen 155 gültige Unterschriften einsammeln. Am vergangenen Sonnabend wagte er sich aus der Deckung und schrieb auf Facebook: „Haben wir resigniert? Es ist Zeit für einen Neuanfang! Unsere Stadt hat bessere Zeiten erlebt, und wir dürfen nicht länger zusehen, wie sie vernachlässigt wird.“

Wedeler Bürgermeisterkandidat: „Wir müssen nicht resignieren – wir können handeln!“

Alle Wedeler spürten die Veränderungen, die die Stadt durchgemacht habe: „Aber wir müssen nicht resignieren – wir können handeln!“ Sein Ansatz: „Die Stadtverwaltung wieder in die Hände der Bürger legen. Weniger Bürokratie, mehr praktische Lösungen.
Uns gemeinsam für ein sauberes und lebenswertes Wedel einsetzen.“

Der 67-Jährige wirbt dafür, Unterschriften zu bekommen. Im Posting des „politisch neutralen Einzelkandidaten“ fehlt jedoch die Information, wo und wann er unterstützt werden könne. Auf der Homepage www.155.plus kann das Formblatt für die Signatur heruntergeladen werden. Der Slogan „Mache Wedel wieder großartig“ ähnelt dabei deutlich dem Credo des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump („Make America Great Again“).

Jan Jensen will in Wedel „Herrschaft der Bürokratie ein Ende setzen“

Das unterschriebene Formblatt solle einfach an seiner Privatadresse in den Briefkasten geworfen werden. Auf der Homepage schreibt Jensen unter anderem: „Das ist unsere Chance, der Herrschaft der Bürokratie ein Ende zu setzen!“ Zudem wirbt er für finanzielle Unterstützung seines Wahlkampfs.

Ob der erst im Juni nach monatelangen Querelen abgewählte Gernot Kaser, der sich die Wahlunterlagen besorgt hat, wirklich kandidiert, steht indes noch nicht fest. Nach dem Abendblatt-Bericht schrieb er sinngemäß auf Facebook, dass dies lediglich eine Art Test gewesen sei, um auf die „Durchstechereien“ von vertraulichen Informationen aus der Verwaltung an die Öffentlichkeit hinzuweisen.

CDU und SPD nominieren Kandidatinnen – Bündnis 90/Die Grünen verzichten

Für die CDU tritt Wedels Interimsbürgermeisterin Julia Fisauli-Aalto an. Die SPD schickt Claudia Wittburg ins Rennen um den Bürgermeisterposten. Dazu gibt es die beiden parteilosen Kandidaten Timo Steyer und Andreas Kuhn, die beide längst ihre Unterschriftensammlung im Rathaus eingereicht haben. Eventuell wird noch ein Schulhausmeister, der sich nach Abendblatt-Informationen ebenfalls die Bewerbungsunterlagen organisiert hat, dazu kommen.

Bürgermeisterwahl in Wedel: Der parteilose Kandidat Timo Steyer hat bereits eine Sammlung von 302 Unterschriften im Rathaus abgegeben. Davon müssen mindestens 155 gültig sein.
Bürgermeisterwahl in Wedel: Der parteilose Kandidat Timo Steyer hat bereits eine Sammlung von 302 Unterschriften im Rathaus abgegeben. Davon müssen mindestens 155 gültig sein. © privat | Privat

Am Wochenende hatten die Grünen bekanntgegeben, dass sie niemanden aus ihren Reihen nominieren werden. Der Vorstand um die Wedeler Ortsvorsitzende Petra Kärgel hätte einen Kriterienkatalog verfasst, in dem Anforderungen wie zum Beispiel Führungserfahrung, ein reflektierter Führungsstil, Verwaltungsrechtskenntnisse und ausreichende Kenntnisse der Stadtpolitik gepaart mit dem Willen, den 2019 ausgerufenen Klimanotstand und das Mobilitätskonzept von 2022 gemeinsam mit dem Rat umzusetzen.

Bei interner Vorstellungsrunde keinen komplett geeigneten Kandidaten gefunden

„Nach einigen Gesprächen mit Interessent*innen zur Kandidatur wurde klar, dass diese sich zwar durch unterschiedliche, durchaus hohe Qualifikationen auszeichneten, aber aus unserer kritischen Sicht nicht die ausreichende Eignung zur Ausübung eines für Wedel so wichtigen Amtes mitbringen“, heißt es in der Meldung.

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Damit steht auch fest: Tobias Kiwitt, der 2022 bei der Bürgermeisterwahl das Nachsehen gegenüber Gernot Kaser und Wedels Altbürgermeister Niels Schmidt hatte, wird nicht offziell von den Grünen nominiert. Er könnte allerdings immer noch als Einzelbewerber antreten. Dies gilt nach Abendblatt-Informationen allerdings als unwahrscheinlich.

Wedeler Grünen wollen, „dass sich eine Zeit wie mit Herrn Kaser nicht wiederholt“

Die Grünen möchten, „dass sich eine Zeit wie mit Herrn Kaser nicht wiederholt.“ In dem Mangel an mitgebrachten Verwaltungs- und Führungskompetenzen sehe die Partei den Hauptgrund für das Scheitern des abgewählten Verwaltungschefs. Eine Wahlempfehlung für eine andere Kandidatin oder Kandidaten gibt es nicht.

Die eingereichten Vorschläge für das Bürgermeisteramt werden geprüft. In einer Sitzung des Wahlausschusses am Freitag, 27. September, werden die endgültigen Bewerber für den Rathaus-Job bekannt gegeben. Ursprünglich war dafür der 30. September vorgesehen. Aus rechtlichen Gründen musste die Sitzung vorgezogen werden. Darüber hatte der Haupt- und Finanzausschuss in seiner vergangenen Sitzung abgestimmt. Die Bürgermeisterwahl findet am Sonntag, 17. November, statt. Eine mögliche Stichwahl folgt am Sonntag, 8. Dezember.