Norderstedt. Achternkamp in Norderstedt wurde erstmalig ausgebaut. Vier Grundstücksbesitzer müssen dafür aufkommen. Ihr Protest war erfolglos.
Nach den vielen Diskussionen ist das Ergebnis einer der ungewöhnlichsten Baumaßnahmen, die in Norderstedt in jüngerer Vergangenheit stattgefunden haben, auf den ersten Blick sehr unscheinbar. Auf 140 Metern wurde der Achternkamp zwischen Buckhörner Moor und Friedrichsgaber Weg ausgebaut, die vorherige Schotterpiste mit ihren Schlaglöchern und unbefestigten Seitenstreifen ist verschwunden, jetzt ist alles akkurat gepflastert und ein Shared Space geworden. Doch die finanziellen Folgen werden die Grundstückseigentümer noch zu spüren bekommen.
Denn: Auch wenn in der Stadt 2018 die unpopulären Straßenausbaubeiträge politisch abgeschafft worden sind, so werden diese hier erhoben werden müssen. Alles, was baurechtlich als erstmaliger Ausbau gilt, also keine Sanierung ist, fällt in eine gesonderte Kategorie. Und das Baugesetzbuch besagt: 90 Prozent der umlegbaren Kosten werden den anliegenden Grundstücksbesitzern berechnet.
Ausbaukosten: 140 Meter Straße bedeuten 141.000 Euro Anliegerbeiträge
So wie in diesem Fall. Nur: Die Mini-Straße mit fünf Wohneinheiten ist so gut wie nicht genutzt, hat keine besondere Bedeutung für das Verkehrsnetz. Und es gibt lediglich vier Betroffene. Auf diese kommen hohe Rechnungen zu. Denn von dem umlagefähigen Teil der Gesamtkosten (185.000 Euro) werden sie mutmaßlich 141.000 Euro übernehmen müssen, die exakten Summen stehen noch nicht fest.
Einer ist Reinhard Zuch, dem das 900 Quadratmeter große Eckgrundstück gehört. „23.000 Euro werden das wohl werden“, beziffert er. Für manche Nachbarn dürfte es sogar noch teurer sein. Das wissen alle, seitdem die Planungen starteten. Vorschläge, hieraus doch eine Privatstraße zu machen, indem die Stadt den Achternkamp verkauft, fanden wenig Anklang, auch die Politik wollte lieber keinen Präzedenzfall schaffen. Genauso wenig wurde der Einwand berücksichtigt, dass ein Ausbau angesichts der geringen Verkehrsbelastung doch keine Priorität haben müsse. Die Stadt entgegnete mit einem „Gleichheitsgrundsatz“.
Und dass, so sagt es Zuch auch heute, die Bauarbeiten für das Neubaugebiet am Buckhörner Moor und die vielen tonnenschweren Fahrzeuge, die vor seiner Haustür über einen langen Zeitraum täglich entlangrollten, überhaupt erst die Schäden verursacht hätten – auch das hatte keinen nennenswerten Einfluss auf das Verfahren.
Ausbaubeiträge in Norderstedt: In der Regel ist eine Ratenzahlung möglich
Der Ausbau des Achternkamp selbst lief gut und blieb im Zeitplan. „Zügig“, so Zuch. Nicht ganz so schnell wird die Abrechnung ablaufen. Die Stadt geht quasi in Vorkasse, bezahlt die Baufirma, und dann bekommen die Eigentümer irgendwann Post. Das kann dauern, teilweise mehrere Jahre. Und dann wird, je nach Absprache, die Summe nicht auf einen Schlag fällig. Vielmehr gibt es das Angebot einer Ratenzahlung, man spricht von „Verrentung“.
Dutzende solcher Straßen gibt es in Norderstedt. Die Liste ist lang. Meist wurden sie angelegt, als die Stadt noch nicht einmal existierte, sondern nur die Vorgänger-Dörfer. Schwerpunkte sind in Garstedt und in Harksheide. Über Erschließungskosten machte sich vor Jahrzehnten offenbar niemand Gedanken, heute wäre das anders, da wäre dies eingepreist bei einem Grundstückskauf. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass insbesondere die Entwässerung daher überhaupt nicht zeitgemäß ist, was bei Starkregen ein erhebliches Risiko darstellen kann.
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Zahlreiche weitere Straßen werden 2025 und 2026 erstmalig ausgebaut
Aus einer Übersicht geplanter Investitionen, die seitens der Stadt kürzlich auf FDP-Anfrage veröffentlicht wurde, ist ein grober Zeitplan ablesbar: Goethestraße und Am Sood werden 2025 und 2026 ausgebaut, die kürzlich beschlossene Tannenallee kommt 2026 an die Reihe, der Heidestieg wird 2025 geplant, Hökertwiete, Lupinenweg erst 2026, für Ginsterring, Tulpenstieg, Hogenfelde, Erikastieg und Auenweg ist der Ausbau derzeit für 2026 anvisiert, für den Flurweg erst 2027/2028.
Überall wird es, so wie beim Achternkamp geschehen, Infoveranstaltungen für die Anwohner beziehungsweise Eigentümer geben, oder diese haben schon stattgefunden. Hier stellt die Verwaltung dann mögliche Varianten vor, es stehen dann getrennte Gehwege, zusätzliche Parkplätze oder die mittlerweile etablierten Shared-Space-Modelle zur Debatte. Per Probe-Abstimmung wird eine Tendenz abgefragt und diese dann als Beschlussvorschlag dem zuständigen Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr präsentiert. Sprich: In den nächsten Jahren werden noch sehr viele Eigentümer das Schicksal von Reinhard Zuch teilen müssen.