Norderstedt. Neue Tarife ab 2025 bei den Stadtwerken Norderstedt: Grundpreis zählt stärker. Manche Kunden fühlen sich nun benachteiligt.

Über Hundert Euro pro Jahr an Stromkosten sparen: Diese Ankündigung der Stadtwerke Norderstedt ist bei vielen Menschen in Norderstedt Gesprächsthema. Und in der Tat verändern die neuen, ab 1. Januar 2025 geltenden Tarife einiges. Die Basis, wie die Preise zustande kommen, ist nicht mehr so wie bisher. Mit dem Grundpreis hat ein weniger stark beachteter Faktor plötzlich mehr Gewicht. Allerdings fühlen sich manche Kunden nun benachteiligt. Gegenüber dem Abendblatt verteidigt Oliver Weiß, Sprecher des kommunalen Versorgers, die Preisstrategie.

„Wollen die Stadtwerke das Sparen von Strom bewusst unattraktiv machen?“, fragt sich ein Abendblatt-Leser. Und rechnet vor: Auf der niedrigsten Verbrauchsstufe im Tarif FairWatt verdoppele sich der Grundpreis beinahe auf 142,80 Euro, „das sind satte 90 Prozent“. Der Arbeitspreis sinke bei ihm um 30 Prozent auf 30,96 Cent.

Strompreis Stadtwerke Norderstedt: Warum sich Ersparnisse unterscheiden

Sein Vorwurf: „Da bei niedrigem Verbrauch der Grundpreis anteilig viel stärker auf die gesamten Stromkosten wirkt als bei hohem Verbrauch, ergibt sich durch diese Preisgestaltung eine klare Benachteiligung von Verbrauchern, die Strom sparen und durch weniger CO2-Produktion die Umwelt schützen wollen.“

Nachdem es bislang bei FairWatt acht Verbrauchsstufen gab, die niedrigste ging bis 499 Kilowattstunden pro Jahr, sind es künftig nur noch drei: eine bis 2500, eine von 2500 bis 10.000, eine noch höhere (10.000 bis 100.000). Warum das so verschlankt wurde? „Weil wir gesehen haben, in welchen Stufen die Haushalte hauptsächlich sind. Das vereinfacht unseren Abrechnungsprozess. Und im Endeffekt ist es für den Verbraucher übersichtlicher“, so Weiß.

Mehr als 70 Euro teurer: Grundpreis deutlich erhöht – Arbeitspreise sinken

Der Grundpreis sei aus zwei Gründen angehoben worden. „Erstens: Die SH Netz AG, das ist das vorgelagerte Netz, hat uns das Netzentgelt um 30 Euro erhöht. Das reichen wir weiter. Dann kommen noch einmal 40 bis 41 Euro von unserer Seite hinzu, weil es vorher nicht kostendeckend gewesen ist.“ Immerhin etwas abgefedert wird das durch eine bundesweite Reform der Netzentgelte, von der Schleswig-Holstein profitiert, da hier der Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare Energien maßgeblich vorangetrieben wird.

Stadtwerke Norderstedt: Preis-Check

600 Kilowattstunden/Jahr
Grundversorgung: bisheriger Tarif 346,62 Euro – ab 1. Januar 2025 320,18 Euro
FairWatt: 340,39 Euro – 328,56 Euro

1200 Kilowattstunden/Jahr
Grundversorgung: 618,96 Euro – 531,26 Euro
FairWatt: 600,67 Euro – 514,32 Euro

2000 Kilowattstunden/Jahr
Grundversorgung: 982,08 Euro – 812,07 Euro
FairWatt: 945,14 Euro – 762,00 Euro

2600 Kilowattstunden/Jahr
Grundversorgung: 1254,42 Euro – 1023,78 Euro
FairWatt: 1202,42 Euro – 947,76 Euro

Bisher sei man „extrem niedrig gewesen“. Weiß nimmt die Grundversorgung als Beispiel, also den Tarif, den mit ungefähr 50 Prozent weiterhin die meisten Kunden haben: Im Vergleich mit den Top-Zehn im Portal Verivox stünden die Stadtwerke mit jährlich 109,10 Euro „marktüblich“ da. Der günstigste Anbieter habe sogar einen noch höheren Grundpreis.

„Selbst der niedrigverbrauchende Haushalt zahlt weniger“

Eine Abendblatt-Stichprobe ergibt: Gerade bei niedrigem Verbrauch sind die Unterschiede eher gering, bei 2000 Kilowattstunden oder darüber hingegen hochgerechnet mehr als 100 Euro, da sich die Arbeitspreise durchaus merklich unterscheiden. Ein Sonderfall sind in der dunklen Jahreszeit die dynamischen Tarife, die von der erzeugten Sonnen- und Windenergie abhängen.

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„Wenn jetzt ein Haushalt um die 600 Kilowattstunden im Jahr Verbrauch hat, ist der Grundpreis viel relevanter als der Arbeitspreis.“, sagt Weiß. Wer wenig verbraucht, fühlt sich benachteiligt. „Rein rechnerisch ja“, so Weiß. Denn im Vergleich sparen andere Haushalte netto mehr.

Stadtwerke Norderstedt: „Wir haben eigentlich unser Versprechen eingelöst“

Unter dem Strich würden aber alle weniger ausgeben müssen. „Selbst der niedrigverbrauchende Haushalt zahlt weniger. Aber nicht viel weniger. Vor der Preisanpassung haben alle auf den Arbeitspreis geschielt und gesagt, die Stadtwerke seien bei der Kilowattstunde zu teuer. Jetzt ist die Kilowattstunde runter und der Grundpreis geht rauf.“

Aus Sicht der Stadtwerke hat sich die Herangehensweise bewährt. „Wir haben immer gesagt, dass wir über einen Zeitraum von zwei Jahren beschaffen. Vor zwei Jahren waren die Beschaffungspreise sehr hoch und wir mussten hoch mit dem Preis. Wir haben immer gesagt: Je länger der Markt sinkt oder auf einem niedrigen Niveau stabil bleibt, werden wir aufholen. Wir haben eigentlich unser Versprechen eingelöst.“