Geesthacht. Einmal im Jahr inspizieren die Naturschützer die Bauten hoch unter den Dächern und zählen den Bestand. Das Ergebnis ist alarmierend.

Wann die Feuerwehr ausrücken muss, ist stets ungewiss. Ein Feuer kündigt sich schließlich nicht vorher an. Aber wenigstens einmal im Jahr steht ein fester Termin im Kalender für die Drehleiter fest. Dann, wenn die jährliche Schwalbennest-Inventur des Geesthachter Nabu ansteht.

Die Naturschützer inspizierten diesmal mit Hilfe von Uwe Genth, der die Drehleiter vom Fahrzeug aus bediente, und Alexander Böhm als Mitreisendem im Korb die Lehmbauten der Zugvögel hoch oben unter den Dächern von Post- und Polizeigebäude.

Nur mit der Drehleiter können die Schwalbennester unter den Dächern inspiziert werden

Kontrolle der Schwalbennester in Geesthacht an der Post und am Polizeigebäude. Der Nabu hat die Unterstützung der Feuerwehr.
Höhenangst nicht erlaubt: Alexander Böhm (l.), Marina Hjelm, und Friedhelm Ringe schauen sich die Nester hoch oben am Postgebäude an. Uwe Genth steuert die Leiter von unten. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Die Schwalben haben die Nistplätze gut gewählt.. Es ist die einzige Möglichkeit, diese Nester genauer unter die Lupe zu nehmen, anders kommt da niemand heran. Die Aktion hat mittlerweile Tradition, gibt es schon über zehn Jahre. Initiator war einst der in Geesthacht als „Schwalbenvater“ bekannt gewordene Gerd Förster, der sich für den Schutz der Flugkünstler immer wieder stark machte.

Die Aktion dient zu einen der Säuberung und Ausbesserung der Nester als Vorbereitung der nächsten Brutsaison - im März steht die Rückkehr der Mehlschwalben aus den Überwinterungsgebieten südlich der Sahara an. So wurden vor dem Postgebäude ein paar Zweige von hohen Bäumen gekappt, um die Einflugschneise zum Nest freizuhalten.

Anhand des Kotaufkommens lässt sich der Bestand kontrollieren

Kontrolle der Schwalbennester in Geesthacht an der Post und am Polizeigebäude. Der Nabu hat die Unterstützung der Feuerwehr.
Da staunt der Wetterhahn auf dem Polizeigebäude: Marina Hjelm kratzt den Schwalbenkot ab, Alexander Böhm navigiert den Korb. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Aber der Höhenflug im Korb ist auch enorm wichtig für die Kontrolle der Bestandsentwicklung. Nur anhand des Kotaufkommens auf den Brettern unterhalb der Nester kann der Nabu abschätzen, wie viele im jeweiligen Jahr bezogen waren. Wie in den Vorjahren gibt es schlechte Nachrichten: Der Rückgang der Mehlschwalben geht unvermindert weiter.

Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden, fehlendes Baumaterial für die Nester und die knapper werdende Nahrung von Fluginsekten machen den Mehlschwalben das Leben schwer. Im Gegensatz zu den Rauchschwalben brüten sie außen an Gebäuden.

Der Rückgang der Schwalbenbruten ist gut dokumentiert

Junge Rauchschwalbe auf einem Ast an der Elbe bei der Geesthachter Elbinsel
Eine flügge Jungschwalbe hat sich auf einem Ast an der Elbe bei der Geesthachter Elbinsel niedergelassen. Sie sperrt den Schnabel auf, will von Eltern noch gefüttert werden. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

15 bezogene Nester waren es diesmal bei der Polizei, 20 bei der Post. „Es werden deutlich weniger, das ist auch der Feuerwehr aufgefallen“, sagt Friedhelm Ringe. Der Niedergang ist gut dokumentiert. Friedhelm Ringe hatte als Lehrer am OHG Anfang der achtziger Jahre eine Erhebung mit den Schülern durchgeführt. Damals wurden noch 700 Nester der Mehlschwalbe im Stadtgebiet festgestellt. „Da sprach man noch von Geesthacht als einer Schwalbenstadt“, erinnert er sich.

Außer an Post und Polizei gibt es noch Schwerpunkte im Brutgeschäft, wenngleich auf niedrigem Niveau, am Rathaus und unter der Schleusenbrücke. Nisthilfen wurden zudem jüngst auf dem Gelände des Klärwerkes und in der Hafencity aufgestellt. Die Schwalben versuchen, zwei Bruten im Jahr durchzubringen, im Durchschnitt werden jeweils etwa vier Küken aufgezogen.

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Die Sterblichkeit beim Schwalben-Nachwuchs ist hoch

Die Sterblichkeit allerdings ist hoch. Da der Bestand zurückgeht, bedeutet es, dass pro Paar keine zwei Jungen selbst wieder fortpflanzungsreif geworden sind wie es zur Erhaltung einer Art notwendig ist. Neben anderen Gefahren wie Hunger und Kälte zur Unzeit lauert als Fressfeind vor allem der Baumfalke am Himmel. Der Greifvogel kann es in Sachen Schnelligkeit und Gewandtheit mit den Schwalben aufnehmen.

Aber es gibt Untermieter, die das Ausbleiben der einstigen Häuslebauer zu schätzen wissen. In einem Schwalbenhort hatte ein Haussperling sein Nest hineingebaut. Ein nicht ausgebrütetes Überraschungs-Ei purzelte plötzlich hinaus. Diese Art kann es verschmerzen. „Es gibt ungefähr 15 Schwärme im Stadtgebiet“, sagte Friedhelm Ringe. Wenigstens um den Spatz ist es also gut bestellt.

Kontrolle der Schwalbennester in Geesthacht an der Post und am Polizeigebäude. Der Nabu hat die Unterstützung der Feuerwehr.
Überraschung: In einem Schwalbennest hatte ein Spatz sein eigenes Heim hineingebaut. Ein Ei steckte noch drin. Die graue Masse ist abgekratzter Schwalbenkot von den Brettern unterhalb der Nester. © Dirk Palapies | Dirk Palapies