Bad Segeberg. Vor einem Jahr musste das Pinocchio überstürzt ausziehen. Der neue Standort überrascht. Dahinter steckt eine kuriose Geschichte.
Bruschetta, Carpaccio, Prosciutto e Melone: Wenn Uta Könning an geröstetes Brot mit frischen Tomaten, an hauchdünne Scheiben von rohem Rinderfilet oder an Parmaschinken mit Honigmelone denkt, dann läuft ihr das Wasser im Mund zusammen. „Ich liebe italienische Antipasti“, sagt die Geschäftsführerin des Fachbetriebes „Kaben: Mein Wintergarten“ in Bad Segeberg.
Deshalb waren sie, ihr Bruder Sascha Kaben und ihr Mann Torsten Könning, mit denen sie das Unternehmen an der Jasminstraße führt, viele Jahre Stammgäste im Traditionsrestaurant Pinocchio in Bad Oldesloe. Mit der Zeit hat sich zwischen ihnen und dem Betreiberehepaar, Franco und Giuliana Magaldi, eine tiefe Freundschaft entwickelt.
Restaurant Pinoccio Bad Oldesloe findet nach Kündigung eine neue Bleibe
Umso schockierter waren sie, als das beliebte Lokal vor rund einem Jahr überstürzt aus seinen Räumen in der Hagenstraße 27 ausziehen musste. 16 Jahre lang war es dort zu Hause. Bereits 1986 hatten Franco Magaldis Eltern das italienische Lokal in der Oldesloer Innenstadt an einem Standort wenige hundert Meter entfernt eröffnet. 1999 hatte ihr Sohn übernommen und 2007 die Räume in der Hagenstraße 27 bezogen.
Die Immobilie gehört der Sparkasse Holstein, die den ausgelaufenen Mietvertrag wegen Eigenbedarfs nicht verlängert hat. „Die Sparkasse wird die Räumlichkeiten für ihre Tochtergesellschaft S-International Schleswig-Holstein nutzen“, sagte damals eine Sprecherin. Gerade erst hat die Sparkasse Holstein nebenan, in der Hagenstraße 19, die Neueröffnung der umgebauten Hauptfiliale gefeiert.
Stammgäste aus Bad Segeberg retteten die Gastronomen aus ihrer Misere
Seit dem plötzlichen Aus war das Ehepaar Magaldi auf der Suche nach neuen Räumen, hat sich mehrere Gebäude in Bad Oldesloe angesehen. „Letztendlich war aber alles zu klein“, sagt Franco Magaldi. Eigentlich hatten die Gastronomen gehofft, schneller fündig zu werden. Direkt nach dem Aus war Franco Magaldi wieder als Angestellter tätig, suchte parallel nach Immobilien. „Es war nicht ganz einfach“, sagt er. Vor allem seine Frau habe zwischenzeitlich fast den Mut verloren.
Schon im Sommer meldete sich Uta Könning mit einem unkonventionellen Vorschlag. Sie bot an, dass das Pinocchio in die Räume des Fachgeschäfts einzieht. Zunächst habe er das nicht ganz ernst genommen, erinnert Magaldi sich. „Wir hatten mit Bad Oldesloe als Standort auch noch nicht ganz abgeschlossen“, sagt er. Doch seine Bekannte ließ nicht locker: „Ich habe mich einige Monate später wieder gemeldet und gesagt: Das war kein Spaß.“ Groß war der Wunsch, den Freunden aus der Misere zu helfen. Ganz uneigennützig sei der Vorschlag aber auch nicht gewesen, sagt Könning: „Ich wollte endlich wieder Antipasti essen.“
Gerüchte über das Aus des Fachgeschäfts haben sich verbreitet
Schließlich willigten Franco und Giuliana Magaldi ein. Das Gastronomen-Ehepaar wird einen rund 250 Quadratmeter großen Raum im Geschäftsgebäude mieten und ein Restaurant mit rund 60 Plätzen herrichten. Auch eine Außenterrasse soll bewirtet werden. Der Raum ist auch aktuell mit Tischen und Stühlen ausgestattet, wurde zuvor für verschiedene Zwecke genutzt. In der Vergangenheit habe sich in Bad Segeberg das Gerücht verbreitet, das Fachgeschäft werde komplett ausziehen. „Das stimmt nicht“, machen die Verantwortlichen klar.
„Dieses Geschäft gibt es seit 1995“, sagt Torsten Könning. „Wir merken, dass sich das Verhalten unserer Kunden ändert. Viel verlagert sich ins Internet, wenige kommen noch spontan vorbei.“ Von dem Einzug des Traditionsrestaurants erhoffen sich die Geschäftsführer auch eine Belebung des Geschäfts, wollen, so die Vision, Erlebnisgastronomie im Wintergartenpark schaffen.
Picoccio: Die Eröffnung des ist für die zweite Jahreshälfte geplant
Im Idealfall soll das Ganze eine Win-win-Situation werden: Kunden, die sich die Wintergartenausstellung anschauen, können im Anschluss gemütlich Pizza und Pasta genießen. Restaurantgäste, die auf das Essen warten, können sich in der Ausstellung umschauen, die durch ein liebevolles Ambiente besticht. Grünpflanzen, Sitzmöbel und ein Teich mit Fischen laden zum Verweilen ein. „Das ist bestimmt auch für Kinder toll“, sagt Uta Könning. Erste Anfragen, ob man dann auch im Wintergarten dinieren könne, habe sie schon erhalten. „Auch das können wir uns vorstellen“, sagt sie.
Bis dahin ist aber noch einiges zu tun. In den nächsten Monaten stehen noch einige Umbauarbeiten an. Eine Küche muss geplant und gebaut werden. „Außerdem fehlt noch eine behindertengerechte Toilette“, sagt Sascha Kaben. Außerdem müssen behördliche Dinge geregelt, unter anderem ein Brandschutzkonzept entwickelt werden. Wenn alles nach Plan läuft, hoffen die Verantwortlichen im Laufe der zweiten Jahreshälfte Eröffnung feiern zu können. Das Mobiliar vom alten Standort bringen die Gastronomen mit – ebenso wie eine Handvoll Mitarbeiter, die ihnen schon in Bad Oldesloe die Treue gehalten haben.
Betreiber des Pinocchio sind ihren Freunden und den treuen Stammgästen dankbar
Apropos Treue: Die haben Franco und Giuliana Magaldi im vergangenen Jahr auch von ihren vielen Stammgästen erfahren. „Wir haben so viel Rückhalt und Zuspruch bekommen“, sagt Franco Magaldi. Das hat auch dazu beigetragen, dass der Oldesloer seine Bedenken, in Bad Segeberg den Neustart zu wagen, über Bord werfen konnte. „Die Menschen haben total positiv darauf reagiert und gesagt, dass sie gern für uns nach Bad Segeberg kommen würden“, so Magaldi. Sein Angebot, nach der Schließung nicht eingelöste Gutscheine auszubezahlen, habe niemand angenommen. „Sie haben gesagt: Wir wissen, dass ihr wiedereröffnet. Wir warten auf euch.“
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Nicht nur für die Unterstützung der Kundschaft, sondern auch für die Hilfe seiner Freunde ist das Ehepaar wahnsinnig dankbar. „Sie haben uns unseren Lebensmut wiedergegeben“, sagt Magaldi. Er könne es kaum erwarten, wieder loszulegen, sei geradezu euphorisch – und hat nicht vor, so schnell wieder aus Bad Segeberg wegzugehen. Magaldi: „Es wird hoffentlich unser letzter Neustart sein.“