Ahrensburg. Sonniges Wetter bedeutet steigende Gästezahlen. Wirte kritisieren aber Arbeitszeitgesetz und Verstöße gegen Mindestlohn in der Branche.
Die Gastronomen im Kreis Stormarn machen weiterhin gute Geschäfte. Laut Deutschem Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) war 2016 für die meisten Restaurants sehr zufriedenstellend. Es kamen genug Gäste, darunter auch viele Touristen, so der Präsident des Dehoga-Landesverbands Schleswig-Holstein, der Ahrensburger Axel Strehl.
Allerdings trübten einige Probleme die guten Aussichten. „Da ist vor allem die immer weiter zunehmende Bürokratie“, sagt Axel Strehl. „Das unflexible Arbeitszeitgesetz macht uns schwer zu schaffen.“ Als Beispiel nennt er einen sonnigen Tag, an dem sein Gasthof noch zwei Stunden länger geöffnet haben könnte. Um eine bestimmte Uhrzeit aber muss er seine Angestellten nach Hause schicken, da das Gesetz dies vorsieht. „Wenn dann am nächsten Tag schlechtes Wetter ist, hätte man besser die zwei Stunden vom Vortag genutzt. Deshalb sollte in Bezug auf die Flexibilität dringend nachgebessert werden“, sagt der Ahrensburger.
Forderung: Gezieltere Kontrollen des Zolls
Neben steigenden Personalkosten sei vor allem ein „ungleicher Wettbewerb“ ein Problem. Es gebe einige Wirte, die ihren Mitarbeitern nicht den vorgeschriebenen Mindestlohn von 8,84 Euro bezahlten. „Wenn Kollegen ihre Angestellten geringer bezahlen und deshalb ihre Produkte günstiger anbieten, dann resultieren daraus ungleiche Chancen“, sagt Strehl. Er befürwortet „gezielte Kontrollen“ des Zolls, damit die schwarzen Schafe herausgefischt werden.
Aus Sicht der Kunden bewertet Axel Strehl die Lage überaus positiv: „Wir haben zurzeit in Stormarn ein international breit gefächertes Angebot wie noch nie.“ Es sei sehr unterschiedlich, wie viel Geld die Menschen im Durchschnitt für Restaurantbesuche ausgeben. „Die Reispfanne für 8,50 Euro ist natürlich etwas anderes als das Menü im Waldhaus Reinbek.“
Wichtig sind ein klares Konzept und Qualität
In den 55 Städten und Gemeinden Stormarns gibt es 471 gastronomische Betriebe. Davon sind 202 bei der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck als Restaurants, Gaststätten, Imbissbuden, Cafés und Eissalons registriert. Hinzu kommen 42 Hotels, Pensionen und Gasthöfe sowie 186 Betriebe, die Getränke ausschenken. Darunter fallen Diskotheken, Bars und Vergnügungslokale. Außerdem sind für den Kreis Stormarn noch 41 Caterer und sonstige Verpflegungsdienstleister gemeldet.
Die Tendenz ist im städtischen Bereich gleichbleibend, so der Dehoga-Präsident. Auf dem Land sehe es dagegen schlecht aus. Strehl: „Da blutet es so langsam aus. Die Tendenz ist fallend.“
Restaurant mit Kochschule in Bargteheide läuft gut
Weder Dehoga noch Industrie- und Handelskammer können Angaben dazu machen, wie viele Wirte ausländische Wurzeln haben oder welche Nationalität am häufigsten vorkommt. Strehl ist aber überzeugt, dass die Mehrzahl der Gastronomen zum Beispiel in Ahrensburg aus anderen Ländern kommt.
„Um erfolgreich zu sein, braucht man ein klares Konzept“, sagt Axel Strehl. „Man kann nicht einfach die Tür öffnen und die Gäste hereinbitten. Dann wird man sicher scheitern.“ Außerdem gehe es natürlich immer auch um die Qualität.
Koch aus Bargteheide setzt auf regionale Produkte
Einer, der ein Konzept hat, ist Frank Fischer. Der Gastronom betreibt seit 2014 ein Restaurant in Bargteheide, in dem er mittlerweile auch eine Kochschule integriert hat. Seine Kurse mit „interaktivem Flair“ kommen sehr gut an, egal ob Junggesellenabschied oder Firmenabend. „Die Gäste sind mitten im Geschehen“, sagt Fischer. „Damit haben wir den Nerv der Zeit getroffen.“
Seine Produkte bezieht er von Lieferanten aus der Umgebung: Kartoffeln aus Rümpel, Fleisch aus Lasbek und Eier aus Neritz. Besonders wichtig ist dem Koch, dass die Lebensmittel regional, saisonal und frisch sind. Sein Erfolgsrezept: ein Mix aus alt und neu. Frank Fischer legt Wert auf traditionelle Hausmannskost, die er mit moderner Küche wie Gemüse aus dem Wok kombiniert. „Man muss mit der Zeit gehen“, sagt Fischer.
Ob Kochkurs oder Restaurant – das Geschäft läuft gut mit einem bunt gemischten Publikum. Zwölf Angestellte kümmern sich um maximal 110 Gäste im Kulinarium. Fünf Köche verwöhnen die Kunden. Von außen sieht alles einfach aus. „Dahinter steckt aber ein enormer Aufwand“, sagt Fischer. Speisekarten müssten ständig aktualisiert werden. „Dann geht es um Lagerung, Einkauf, Zusammenstellung des Menüs, Catering, Kalkulation.“ Er habe eine Sechseinhalb-Tage-Woche mit 15-Stunden-Tagen. „Ich mache es gern“, sagt der Wirt und lächelt. Das sei die Hauptsache.
Auf dem Weg von Berlin nach Sylt ein Halt in Lütjensee
Die richtige Mischung aus Seelage, zahlungskräftigem Publikum aus dem Hamburger Umland und einem stimmigen Angebot sorgt auch in der Fischerklause in Lütjensee für eine gute Auslastung. Von deftiger Hausmannskost bis zu raffinierten Kompositionen, von Kaffee und Kuchen bis zu Champagner – es sei die breite Aufstellung, die das Restaurant von Küchenchef Gerhard Retter so beliebt mache. Zahlreiche Auszeichnungen bestätigten das Konzept.
„Anders sieht es jedoch im Winter aus“, sagt Retter. „Wir leben hier in Extremen. Besonders bescheiden laufen die ersten Monate des Jahres.“ Wenn dann jedoch wieder die ersten Gäste auf ihrem Weg von Berlin nach Sylt einen Halt in Lütjensee einlegen, fängt das Geschäft wieder an. Es gebe aber kaum Langzeiturlauber. „Der Tourismus hat in Stormarn keine Wertigkeit“, so Retter. „Der Kreis spricht die klassischen Urlaubsgäste nicht an.“
Das Fehlen von touristischen Angeboten und Veranstaltungen bemängelt auch Franco Magaldi, der mit seiner Frau Giuliana seit 31 Jahren das italienische Restaurant Pinocchio in Bad Oldesloe führt. „Es wird zu wenig getan, um die Stadt attraktiver zu machen“, sagt Magaldi. Das Sprichwort „Das Auge isst mit“ gelte auch für den Ort. In der Oldesloer Gastronomie gebe es ein ständiges Kommen und Gehen. Halten könne sich, wer Qualität zu einem angemessenen Preis anbiete.