Trittau. Reinbeker Förster Maximilian Scheel setzt im Waldgebiet Karnap ein Projekt um, das den CO2-Ausstoß verringert. Wie es dazu kommt.

Fein säuberlich aufgereiht liegen die gefällten Nadelbäume im Waldgebiet Karnap am Wegesrand. In der Ferne sind Motorengeräusche zu hören. Die kommen von einem Harvester und einer Handvoll Forstwirte, die seit Freitag auf einem rund zwei Hektar großen Gebiet Sitkafichten, Rotfichten und Lärchen fällen. „So ein Kahlschlag ist normalerweise nicht erlaubt“, sagt Maximilian Scheel, Förster der Försterei Reinbek bei den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten und für das Waldgebiet zwischen Trittau und Großensee zuständig.

Dafür musste er extra Anträge bei der Forstbehörde, der Naturschutzbehörde und der Wasserbehörde stellen. Dass diese die Anträge bewilligt haben, liegt daran, dass das Projekt, das dahinter steht, die besten Ziele verfolgt – nämlich einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung des CO2-Ausstoßes in Schleswig-Holstein leisten soll. Denn bei dem Projekt handelt es sich um die Wiedervernässung des Moores im Wald Karnap.

CO2-Ausstoß: Wald Karnap bei Hamburg wird zum Moor – für den Klimaschutz

Unter Wiedervernässung werden im Naturschutz Maßnahmen zur Anhebung des Wasserstandes in Feuchtgebieten wie Mooren verstanden. Ziel ist die Wiederherstellung des Ökosystems. Vor langer Zeit wurde das Moor im Karnap wie viele andere trockengelegt, um die Fläche forstwirtschaftlich zu nutzen und Bäume anzupflanzen.

„Dass wir es uns leisten können, die Fläche heute stillzulegen, liegt daran, dass es uns gut geht. Früher hatten die Menschen Hunger, legten Moore für eine landwirtschaftliche Nutzung trocken oder pflanzten dort Bäume an, um das Holz für den Hausbau zu nutzen“, sagt Förster Maximilian Scheel, der das Projekt vor etwa drei Jahren auf eigene Faust initiiert hat – um etwas für den Klimaschutz zu tun. Schleswig-Holstein will bis 2040 das erste klimaneutrale Bundesland werden.

95 Prozent aller Moore in Deutschland wurden in der Vergangenheit entwässert

95 Prozent aller Moore in Deutschland wurden in der Vergangenheit entwässert und zweckentfremdet. „Der Torf aus den Mooren wurde früher als Brennstoff und wird heute noch für Blumenerde genutzt“, sagt Scheel. Für das Klima ist das katastrophal. Deshalb will die Bundesregierung den Einsatz von Torf in Gartenerden ab 2026 für Hobbygärtner verbieten.

Die unterirdische Torfschicht eines Moores enthält große Mengen Kohlenstoff. Wenn der Torf mit der Luft in Kontakt kommt, oxidiert er, und es entweicht CO2. Es werden also große Mengen an Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Pro Jahr entweichen 53 Millionen Tonnen CO2 aus trockenen Mooren, das sind 7,5 Prozent der Gesamtemissionen in Deutschland.

Um die Fläche auf die Wiedervernässung vorzubereiten, müssen Nadelbäume gefällt werden. 
Um die Fläche auf die Wiedervernässung vorzubereiten, müssen Nadelbäume gefällt werden.  © Juliane Minow | Juliane Minow

Intakte Moore speichern CO2 und leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz

Genau dagegen möchte Scheel etwas tun. „Nur intakte Moore können als CO2-Speicher und gegebenenfalls als CO2-Senke einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten“, so Scheel. Die Arbeiten haben am Freitag begonnen und werden auf einer 3,7 Hektar großen Fläche vorgenommen.

Damit der Wasserstand steigt, muss die Fläche vorbereitet werden. Dafür sei es nötig, die Nadelbäume, die sich dort aktuell noch befinden, zu fällen. „Dies geschieht in erster Linie aufgrund von Waldschutz- und Naturschutzaspekten, da der Waldumbau hin zu standortheimischen Laubhölzern zur Etablierung beziehungsweise zur Weiterentwicklung der Moorrenaturierung beiträgt“, sagt Scheel.

Die Nadelbäume auf der Fläche werden für das Moorschutzprojekt gefällt

Und: Etwa ein Viertel des Nadelholzbestandes auf der Fläche hätte ohnehin zeitnah entfernt werden müssen, da er durch Stürme und Borkenkäferkalamitäten geschädigt ist – beides Folgen des fortschreitenden Klimawandels. Alle Laubbäume, also Eichen, Roterlen, Birken und Faulbäume, bleiben hingegen auf der Fläche und bilden so die zukünftige Vegetation des wiedervernässten Waldmoores.

„Bis es aber so weit ist, gibt es noch viel zu tun“, sagt Scheel. In ein paar Tagen werden alle Nadelbäume gefällt sein. Die rund 500 Festmeter Holz werden vermarktet. Danach müssen Staudämme und Durchlässe installiert werden, damit der Wasserstand reguliert werden kann. „Die geplanten Staumaßnahmen betreffen keine Verbandsgewässer und werden für mehr Wasserrückstau und die erhoffte Revitalisierung der Waldmoore auf unseren Flächen sorgen“, sagt der Reinbeker Förster.

Die Arbeiten für die Wiedervernässung des Moores im Karnap dauern rund sechs Wochen

Wenn alles glatt läuft, rechnet er damit, dass die Arbeiten in etwa sechs Wochen abgeschlossen sein werden. Aber: „Bis sich das Ökosystem eingependelt hat, wird es vermutlich fünf bis zehn Jahre dauern“, sagt Scheel. „Das geht nicht auf Knopfdruck.“ Wenn es so weit ist, werden sich auch wieder moortypische Pflanzen wie zum Beispiel Wollgras in dem Gebiet ansiedeln. Für Bürgerinnen und Bürger sollen Infotafeln aufgestellt werden.

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Aktuell entstehen durch das Projekt noch keine Kosten, so Scheel. „Die Forstwirte und der Harvester kosten zwar Geld, aber durch die Vermarktung des Holzes werden auch Einnahmen generiert.“ Im späteren Verlauf aber werden weitere Ausgaben nötig sein. „Insgesamt liegen die Kosten im niedrigen fünfstelligen Bereich“, sagt der Förster. Gefördert wird das Moorschutzprojekt vom Land. Es ist Teil des Programms Biologischer Klimaschutz des Landes Schleswig-Holstein (BIK). Ziel des Programms ist bis 2030 eine Minderung der CO2-Emissionen von bis zu 717.000 Tonnen pro Jahr.