Reinbek. Reinbek wird in der Schulstraße eine Unterkunft bauen. Die Entscheidung über weitere Standorte wurde erneut aufgeschoben.
So viele Bürgerinnen und Bürger saßen selten im Publikum der Reinbeker Stadtverordnetenversammlung. Am Donnerstagabend, 22. Februar, war schon eine Viertelstunde vor Beginn der offiziellen Sitzung fast jeder Platz belegt. Stühle wurden in den Sitzungssaal des Rathauses getragen, damit alle der rund 50 Besucherinnen und Besucher einen Platz bekamen.
Er freue sich über jeden, der da ist, sagte Bürgermeister Björn Warmer angesichts des großen Andranges. Doch, warnte er sie vor: Möglicherweise werde der Inhalt der Sitzung doch nicht von so großem Interesse sein wie erhofft. Ahnte er doch, dass der Großteil an der Standortfrage der geplanten Flüchtlingsunterkünfte interessiert sei. „Das Thema wurde in der letzten und vorletzten Woche in mehreren Ausschüssen beraten, wodurch sich eine Änderung der Beschlusslage ergeben hat“, so der Bürgermeister.
Standort für eine Flüchtlingsunterkunft steht fest: Doch viele Fragen sind noch offen
Im Klartext: Abgestimmt werden sollte nur über den Bedarf von 150 Plätzen und eine Intensivierung der Betreuung – beides unstrittige Punkte, die später am Abend einstimmig von der Politik beschlossen wurden. Der eigentliche Knackpunkt aber, nämlich die Diskussion der Frage, wo denn nun die Flüchtlingsheime gebaut werden sollen, wurde größtenteils erneut aufgeschoben.
Von den vier von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Standorten wurde nur die Schulstraße 24 positiv beschieden. Über die Standorte Stettiner Straße 15 und Gartenstraße in Neuschönningstedt und die Festwiese Schönningstedt soll eine Arbeitsgruppe beraten. Diese besteht aus Mitgliedern der Stadtverwaltung und Vertretern der Fraktionen und wird Anfang März zusammenkommen.
Zu den Plänen der Verwaltung git es Gegenwind aus der Bevölkerung
Hintergrund ist, dass es in der Sache noch eine Menge offene Fragen, Meinungsverschiedenheiten und Gegenwind aus der Bevölkerung gibt. Wie berichtet, sah die Reinbeker Stadtverwaltung eigentlich die Errichtung einer Unterkunft in Modulbauweise am Standort Stettiner Straße 15 vor. Das dortige Mietshaus aus den 1960er-Jahren sollte dafür abgerissen werden.
Viele Anwohner sind dagegen, sehen darin eine Verschwendung von Ressourcen, wie die Einwohnerfragestunde der jüngsten Bauausschusssitzung zeigte. Das Mietshaus steht seit drei Jahren leer. Viele Bürger wünschen sich zudem transparente Kriterien, nach denen Standorte für Flüchtlingsunterkünfte vorgeschlagen und beschlossen werden.
Entscheidung über weitere Standorte soll bis Ende März fallen
Es fehle ihm an einem substanziellen Kriterienkatalog, hatte ein Bürger mit Verweis auf eine Tischvorlage an die Mitglieder des Finanzausschusses bemängelt. Als Standortfaktoren werden in dem Papier etwa Größe und Kapazität, Baurecht, schnelle Umsetzbarkeit und Eigentum der Stadt genannt. Das reichte dem Mann nicht. „Dieses Papier ist das Papier nicht wert“, sagte er.
Eine Frau wollte wissen, wann denn nun mit einer Entscheidung zu rechnen sei. „Es soll möglichst im nächsten Sitzungsturnus passieren“, so Bürgermeister Warmer. Das würde bedeuten, dass eine Entscheidung in der nächsten Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 21. März, gefällt werden würde.
Es herrscht Uneinigkeit über Zuständigkeit der Gremien
Ob dieser Zeitplan realisierbar ist, bleibt abzuwarten. Über die Frage, welcher Ausschuss denn nun eigentlich zuständig ist, gab es auch in der Stadtverordnetenversammlung wieder Diskussionen. Wie berichtet, hatten die Mitglieder des Schul- und Sozialausschusses in ihrer Sitzung am 30. Januar angeregt, die Standortfrage vom Bauausschuss diskutieren zu lassen.
Das ist nicht passiert. „Das finde ich immer noch befremdlich“, sagte Malte Harlapp (Grüne) in der Stadtverordnetenversammlung. Das Gremium sei nicht zuständig, entgegnete der Bauausschussvorsitzende Sven Tiburg (CDU). Es sei Sache des Finanzausschusses.
In der Unterkunft in der Schulstraße sollen 16 Plätze geschaffen werden
Dass zumindest die Entscheidung für die Schulstraße 24 gefallen sei, helfe immerhin etwas, so Bürgermeister Warmer. Wie berichtet, muss die Stadt Reinbek dringend Wohnraum für Geflüchtete schaffen. 2023 wurden 90 Asylbewerber, 15 Obdachlose und 44 ukrainische Geflüchtete untergebracht. Für 2024 rechnet die Stadt mindestens mit ähnlichen Zahlen. Laut Landesverordnung ist die Stadt verpflichtet, 11,5 Prozent der Flüchtlinge des Kreises aufzunehmen.
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Doch die Unterbringungskapazitäten sind ausgeschöpft. Aktuell sind 565 Menschen in den 47 Unterkünften der Stadt Reinbek untergebracht. Eine geplante temporäre Unterkunft im Krabbenkamp verzögert sich. Bestehende Unterkünfte müssen aktuell überbelegt werden, das belastet die Bewohner. Deshalb wolle man auch möglichst schnell zu einer Entscheidung kommen und Verzögerungen vermeiden, sagte Grünen-Fraktionschef Günther Herder-Alpen: „Dafür ist das Thema zu wichtig.“
Unterkunft in der Schulstraße soll im vierten Quartal 2024 bezugsfertig sein
Die Errichtung der Unterkunft an der Schulstraße soll jetzt in Angriff genommen werden. Wie berichtet, soll auf dem hinteren Grundstücksteil eine Unterkunft in Modulbauweise errichtet werden. „Dort sollen 16 Plätze entstehen“, sagt Bürgeramtsleiter Torsten Christ auf Nachfrage unserer Redaktion. Ob dort Familien oder Einzelpersonen untergebracht werden, werde spontan nach Bedarf entschieden.
Bei der Fläche handelt es sich um einen ehemaligen Spielplatz. Auf dem vorderen Teil des Grundstücks befindet sich ein Haus, in dem bereits Geflüchtete wohnen. Wenn alles nach Plan läuft, soll die Unterkunft im vierten Quartal 2024 bezugsfertig sein. Für die Übergangszeit müsse nach anderen Lösungen gesucht werden, so Christ.