Reinbek. Nachbarschaft plädiert dafür, bestehendes Mietshaus zu sanieren, statt es abzureißen. Amt will im Modulbau mehr Menschen unterbringen.
Das Thema Standorte für Flüchtlingsunterkünfte hat es nicht einmal auf die Tagesordnung geschafft– trotzdem hat es den Bauausschuss beschäftigt: Denn etwa 50 verärgerte Anwohner aus der Nachbarschaft der Stettiner Straße 15 verlangten Antworten während der Einwohnerfragestunde im Rathaus. Wie berichtet, hat die Verwaltung vorgeschlagen, das dortige Mietshaus aus den 1960er-Jahren abzureißen und dort stattdessen eine Unterkunft in Modulbauweise zu errichten.
Entgegen dem Beschluss im Sozialausschuss, die Standortfrage der neuen Unterkünfte im Bauausschuss weiterzudiskutieren, ist sie jetzt im Finanzausschuss gelandet, weil dieser für städtische Grundstücke zuständig sei, hieß es aus dem Bauamt. Mit ihrem Dringlichkeitsantrag, das Thema doch im Bauausschuss zu beraten, sind die Grünen bei der CDU- und der FDP-Fraktion jedoch mehrheitlich abgeblitzt. Die Stadt Reinbek muss dieses Jahr noch 150 geflüchtete Menschen unterbringen. Der Neuschönningstedter Rolf Wessel aus der Nachbarschaft will von den Fraktionen daher wissen, wie ihr langfristiger Plan aussieht, in Reinbek Geflüchtete unterzubringen.
Reinbek: Geplante Flüchtlingsunterkunft verärgert Anwohner
Die Nachbarschaft habe sich schon vor drei Jahren gefragt, warum in der Stettiner Straße 15 keine Flüchtlinge leben können, betont er. Seitdem stehe die Immobilie schon leer. „Wir als Bürger sind gegen einen Abriss“, erklärt Wessel. „Warum soll man Ressourcen verschwenden?“ Das Problem, dass mehr Flüchtlinge zu erwarten seien, gebe es schon seit Mai vergangenen Jahres. „Warum wird so ein Beschluss so kurzfristig gefasst? Wie sieht denn das langfristige Konzept aus?“, fragt Rolf Wessel die Politiker.
Die müssen passen: „Es gibt keinen langfristigen Plan“, räumt Günther Herder-Alpen, Fraktionschef der Grünen, ein. Herder-Alpen nennt die Feldstraße in Neuschönningstedt als möglichen Standort für eine langfristigere Lösung. Doch der dort gültige Bebauungsplan 100 sei als nicht wichtig genug erachtet worden. Die noch aktuelle Veränderungssperre dort blockiere derzeit eine konzeptionelle Lösung.
Für die Sanierung des Mietshauses gibt es sogar Geld
Zum Haus Stettiner Straße 15 sagt der Grüne Fraktionschef: „Es wurde von der Stadt Reinbek zurückgekauft. Wir hatten immer im Hinterkopf, dort Obdachlose und Geflüchtete unterzubringen und wollten es keineswegs abreißen.“ Es sei sogar Geld für eine Sanierung im Haushalt bereitgestellt worden. Auch Julia Voß (Bürgerliches Ausschussmitglied für die SPD) und Volker Dahms (FDP) vermissen für Reinbek ein langfristiges Konzept für die Unterbringung der Geflüchteten.
Die CDU begrüßt die vier Vorschläge der Verwaltung, betont Gunter Loeck. „Denn Reinbek hat leider keinen allzu großen Spielraum“, bedauert der Christdemokrat. „Wenn Wohnraum fehlt, schlägt sich das vor allem dort nieder, wo man Geflüchtete unterbringen muss. Wir werden daher alle vier vorgeschlagenen Standorte unter die Lupe nehmen müssen.“
Welche Kriterien sind ausschlaggebend für den Standort?
Der Neuschönningstedter Stefan Eichholz will einerseits wissen, was unter temporärer Unterbringung zu verstehen sei, andererseits verlangt er nach den Kriterien, nach denen das Bauamt die Standorte ausgesucht habe. Michael Vogt, Fachbereich Stadtentwicklung, erläutert, dass das Baugesetzbuch „temporär“ als drei Jahre mit der Option auf Verlängerung für drei weitere Jahre festlege.
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Außerdem schlägt Vogt vor, eine Liste der Auswahlkriterien an das Online-Protokoll der Sitzung anzuhängen. Die vermissen jedoch auch die Politiker für ihre Entscheidung im Finanzausschuss. Michael Vogt verspricht, sie noch vor der Sitzung an die Fraktionen zu mailen. Daraufhin kündigt die Grünen-Fraktion an, für die Standortfrage Beratungsbedarf anzumelden und das Thema somit wieder von der Tagesordnung zu kicken.
Was wären die Gründe für einen Abriss?
„Warum soll das Mietshaus überhaupt für ein temporäres Gebäude abgerissen werden?“, fragt Anwohner Alexander Reichel. Wiebke Barczynski, zuständig für Reinbeks Stadtentwicklung, antwortet ihm: „Weil wir dort in Modulbauweise wesentlich mehr Menschen unterbringen können. Die Wohnungen dort sind sehr klein, und wir erwarten auch Familien in Reinbek.“
Reichel wendet besorgt ein, dass Container für eine Integration aber nicht förderlich seien. Matthias Bauch sagt für die Wählergemeinschaft Forum 21: „Langfristig ist es deutlich besser, wenn wir dort ein festes Gebäude haben. Wir würden es gern erhalten.“ Kai Rohmert kündigt an, dass die FDP im Finanzausschuss die Sanierung des Gebäudes beantragen wolle. Und auch Christdemokrat Gunter Loeck erklärt: „Natürlich ist ein festes Gebäude für die Unterbringung von Menschen immer besser. Aber der Aufwand für die Sanierung kann durchaus viel größer sein als der für einen Abriss und einen Neubau in Modulbauweise.“
Die Schönningstedter wollen ihre Festwiese nicht opfern
Schließlich melden sich auch noch Schönningstedter zu Wort, die nicht bereit sind, ihre Festwiese als Standort für eine Unterkunft Geflüchteter zu opfern. Ob für sie nicht Platz auf der bereits erschlossenen Multifunktionsfläche neben dem Einkaufszentrum an der Sachsenwaldstraße sei? Volker Dahms weiß, dass die Freiwillige Feuerwehr dort für ihre neue Wache bereits Wünsche geäußert habe. Daraufhin wendet Günther Herder-Alpen ein, dass es für die neue Feuerwehr auch andere Optionen gebe. Er sagt: „Ich sehe das Thema schon wieder auf der Tagesordnung des Bauausschusses.“