Großhansdorf. Anlage auf der Grenzeckkoppel sollte vergrößert werden. Nun haben CDU und FDP überraschend das Aus für das Projekt beschlossen.
Es ist ein Vorzeigeprojekt: 2012 nahm an der Autobahn 1 in Großhansdorf einer der ersten Solarparks in der Region seinen Betrieb auf. Rund 8000 Kilowattstunden Strom erzeugen die Paneele auf der 3,7 Hektar großen Fläche täglich. Im Gegenzug fließen jedes Jahr 25.000 Euro Pacht in die Gemeindekasse.
Aus Sicht von Politik und Verwaltung in Großhansdorf ist der Solarpark ein Erfolg. Im Juni 2022 hatten die Gemeindevertreter deshalb den Beschluss gefasst, die Anlage um weitere 2,1 Hektar nach Westen zu erweitern. Dazu wird es nun nicht kommen: CDU und FDP haben im Bau- und Umweltausschuss mit ihrer knappen Mehrheit von einer Stimme überraschend das Aus für die Erweiterungspläne beschlossen.
Solarpark an der A1: Großhansdorf beschließt Aus für Erweiterungspläne
Der Solarpark befindet sich auf dem östlichen Teil der Grenzeckkoppel im Ortsteil Schmalenbeck und liegt direkt an der A1. Die 2,8 Hektar große westliche Hälfte ist bislang noch unbebaut. Die gesamte Fläche gehört der Gemeinde. Die Photovoltaikanlage wird seit 2018 von der GVS-Gruppe aus dem baden-württembergischen Rottweil betrieben. Das Unternehmen hat das Areal dafür von der Gemeinde gepachtet.
Für die Erweiterung des Solarparks wollte Großhansdorf der GVS-Gruppe drei Viertel der westlichen Grenzeckkoppel zur Verfügung stellen. Auf dem restlichen Teil soll eine Flüchtlingsunterkunft entstehen. Außerdem wird das Areal als Standort für eine neue Kita diskutiert.
FDP möchte auf der Fläche lieber stilles Gewerbe ansiedeln
„Bevor wir diese wertvolle Fläche langfristig belegen, sollten wir schauen, ob wir sie für andere Nutzungsmöglichkeiten benötigen“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Carsten Pieck. Seine Partei hatte den Antrag gestellt, die Planungen für die Erweiterung des Solarparks zu stoppen.
Die Liberalen hatten sich bereits bei der ursprünglichen Beschlussfassung gegen das Vorhaben ausgesprochen. Die Partei möchte an dem Standort lieber stilles Gewerbe ansiedeln, um die Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinde zu erhöhen. „Die Fläche liegt sehr zentral im Ort und ist nahezu erschlossen, sodass eine Ansiedlung von Unternehmen zeitnah möglich wäre“, begründete Pieck den Vorstoß.
Liberale halten andere Gebiete als geeigneter für einen Solarpark
Außerdem müsse sich die Gemeinde darauf einstellen, dass es in den kommenden Jahren weiteren Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete und an Plätzen für die Kinderbetreuung geben werde. Es sei deshalb notwendig, für entsprechende Neubauten Flächen vorzuhalten. „Wir verfügen kaum noch über freie, gemeindeeigene Grundstücke“, so der FDP-Fraktionschef.
Seine Partei stelle sich nicht gegen Photovoltaik, betonte Pieck. „Es gibt aber andere, weniger zentrale Flächen, die dafür geeignet wären.“ Als Beispiele nennt der FDP-Fraktionsvorsitzende die Areale Mielerstede und An der Hege weiter nördlich an der A1. Auf einem 6,15 Hektar großen Teilstück des ersteren Gebiets plant das Dortmunder Unternehmen ON Energy bereits einen Solarpark. Die Fläche gehört einem Landwirt. Die Module sollen mit einer Leistung von 7,5 Megawatt Peak (MWp) den Strombedarf von rund 1700 Vier-Personen-Haushalten decken.
CDU vollzieht überraschend einen Kurswechsel und stimmt für FDP-Antrag
Dass der FDP-Antrag im Bau- und Umweltausschuss überraschend eine Mehrheit fand, ist das Ergebnis eines Kurswechsels bei der CDU. Die Christdemokraten hatten die Erweiterungspläne ursprünglich gemeinsam mit Grünen und SPD unterstützt. Den Meinungswandel begründet CDU-Vertreter Axel Pitschmann mit veränderten Rahmenbedingungen.
„Der finanzielle Vorteil, der sich für die Gemeinde ergibt, rechtfertigt keine Bindung über 20 Jahre“, sagte er. „Wenn wir feststellen, dass sich ein Vorhaben wirtschaftlich nicht lohnt, müssen wir bereit sein, umzusteuern“, so Pitschmann.
Die Gemeinde würde deutlich weniger Pacht für die Fläche erhalten
Laut Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß würde die Gemeinde bei einem Vertragsabschluss heute deutlich weniger Pacht erhalten. „Es gab vorbereitende Gespräche mit dem Betreiber der derzeitigen Anlage bezüglich einer Erweiterung, deren Ergebnis war, dass der Pächter nicht in der Lage ist, die Pacht zu zahlen, die wir gern hätten“, so der Verwaltungschef.
Statt 25.000 Euro wollte GVS demnach nur 2500 Euro im Jahr für die Fläche zahlen. Grund sei die niedrigere EEG-Umlage, die von knapp 20 Cent pro Kilowattstunde eingespeisten Solarstroms im Jahr 2012 auf jetzt nur noch etwas mehr als sieben Cent gesenkt worden sei.
Grüne kritisieren Kurs von CDU und FDP scharf und betonen Vorteile des Projektes
Von den Grünen gab es scharfe Kritik am Kurs von CDU und FDP. „Die Erweiterung an diesem Standort ist sinnvoll, weil wir an die bestehende Fläche anknüpfen“, sagte Grünen-Vertreter Udo Kasel. Das biete „gravierende Vorteile“, unter anderem seien Kabel und Anschlüsse bereits vorhanden.
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Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Sabine Rautenberg erinnerte daran, dass die Gemeinde bereits seit mehr als 30 Jahren erfolglos versucht habe, stilles Gewerbe auf der Grenzeckkoppel anzusiedeln. Laut Bürgermeister Janhinnerk Voß erreichen die Verwaltung im Jahr etwa zwei bis drei Anfragen von Unternehmen. „Bislang habe alle schnell wieder das Interesse verloren, weil sie nicht in die Nähe einer Autobahn wollen“, so der Verwaltungschef.
SPD hält Erweiterung des Solarparks für eine „gute Nutzung“ der Fläche
„Angesichts der Tatsache, dass es keine Interessenten gibt, müssen wir uns eingestehen, dass die Grenzeckkoppel möglicherweise doch nicht das Kleinod ist, als das die FDP sie darstellt“, sagte Rautenberg. 2500 Euro Pacht pro Jahr seien zudem besser als keine Einnahmen.
Die SPD aktuell sieht keine Notwendigkeit, den Beschluss von Juni 2022 aufzuheben. Da es ohnehin derzeit keine anderen Pläne für die Fläche gebe, schade es nicht, wenn der Bürgermeister weiter Verhandlungen führe, so Sabine Estorff. „Ich sehe derzeit nicht, dass sich absehbar Gewerbebetriebe dort ansiedeln werden“, sagte die SPD-Vertreterin. Insofern sei der Solarpark „eine gute Nutzung“.
CDU und FDP wollen im Zuge des Ortswntwicklungskonzeptes neu beraten
Estorff wies zudem darauf hin, dass man bewusst entschieden habe, nur drei Viertel des Areals für die Erweiterung des Solarparks bereitzustellen, um Platz für eine Flüchtlingsunterkunft und eine Kita freizuhalten. „Selbst dann haben wir noch Puffer, wir haben noch ausreichend Entwicklungsmöglichkeiten“, sagte sie.
Dennoch stimmten CDU und FDP letztlich mit ihrer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen dafür, die Erweiterungspläne zu beerdigen. Stattdessen wollen die beiden Parteien im Zuge der Beratungen für das Ortsentwicklungskonzept, welches Großhansdorf bis 2025 aufstellen möchte, erneut über die Grenzeckkoppel diskutieren.