Bad Oldesloe. Im November war das Aus für Chirurgie verkündet worden. Nun ist der gesamte Standort in Gefahr. Konzern sieht die Schuld beim Land.
Ende des vergangenen Jahres sorgte die Absicht des Asklepios-Konzerns, die chirurgische Abteilung an der Klinik in Bad Oldesloe zu schließen, in Stormarn für Aufregung. Schon damals warnten Kritiker vor einer Kettenreaktion, der weitere Fachbereiche und schließlich der Klinikstandort insgesamt zum Opfer fallen könnten. Diese Befürchtung scheint sich nun zu bewahrheiten.
Denn inzwischen steht bei Asklepios das gesamte Krankenhaus auf dem Prüfstand. Das teilte der Konzern nach einem Gespräch im Kieler Gesundheitsministerium mit. Die Verantwortung dafür sieht der Klinikverbund beim Land. Dieses beabsichtige, das Oldesloer Krankenhaus zu einer reinen Fachklinik für Geriatrie herabzustufen. „Wir hoffen, das Ministerium noch umzustimmen, aber derzeit sieht man dort keine Zukunft für den Standort Bad Oldesloe“, sagt Guido Lenz, Regionalgeschäftsführer bei Asklepios.
Asklepios streitet mit Gesundheitsministerium über Klinik in Bad Oldesloe
Im November hatte der Krankenhauskonzern bekannt gegeben, die chirurgische Fachabteilung in Stormarns Kreisstadt aus wirtschaftlichen Gründen zum Jahresbeginn aufzugeben. Stattdessen soll es ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit Belegbetten geben. Die Umstellung soll Ende Januar vollzogen werden.
Der Klinikbetreiber begründete den Schritt mit stark rückläufigen Patientenzahlen. Die Zahl der chirurgischen Fälle habe sich seit 2017 auf aktuell 750 pro Jahr fast halbiert. Damit sei die Auslastung der vorhandenen Kapazitäten auf unter 50 Prozent gefallen. Von 29 Betten waren laut Asklepios zuletzt im Schnitt nur neun belegt.
Konzern will Kardiologie und Geriatrie in Stormarns Kreisstadt stärken
In Stormarn sorgten die Pläne für heftige Kritik. Vertreter der Kreistagsfraktionen und der Rettungsdienste warnten vor einem Versorgungsengpass in der Region und Auswirkungen auf die Einhaltung von Hilfsfristen, sollten die Krankenwagen die Oldesloer Klinik bei chirurgischen Notfällen nicht mehr anfahren können. Auch gab es die Befürchtung, dass der Chirurgie andere Fachabteilungen des ehemaligen Kreiskrankenhauses folgen könnten.
Eine Abkehr vom Standort Bad Oldesloe sollten die Pläne jedoch ausdrücklich nicht sein, bekräftigte Asklepios und kündigte Investitionen in den Bereichen Kardiologie und Geriatrie an. So sei geplant, mit einer Chest Pain Unit das kardiologische Angebot der Notfallversorgung noch einmal deutlich zu erweitern. „Mit solch einer Schwerpunktbildung stellt sich Asklepios bereits frühzeitig auf jene Vorgaben ein, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit seiner Krankenhausreform beabsichtigt“, sagte Asklepios-Sprecher Franz-Jürgen Schell damals.
Die Neuausrichtung soll die Wirtschaftlichkeit der Klinik gewährleisten
Zum Jahresbeginn sind mehrere erfahrene Herzspezialisten von den Segeberger Kliniken nach Bad Oldesloe gewechselt, darunter Chefarzt Prof. Gert Richardt und sein ehemaliger Oberarzt Dr. Ralph Tölg, die in Stormarns Kreisstadt die Posten des Sektionsleiters und des Ärztlichen Direktors übernehmen.
Die Neuausrichtung sei notwendig, um die Wirtschaftlichkeit des Standortes Bad Oldesloe zu gewährleisten, heißt es. Gleichzeitig sicherte der Konzern zu, dass die Klinik in Bad Oldesloe im Bereich der nichtchirurgischen Notfallversorgung auch weiterhin in vollem Umfang Partner der Stormarner Rettungsdienste bleibe. Auch einen Personalabbau sollte es nicht geben.
Asklepios-Geschäftsführer übt scharfe Kritik an Ministerium
Die Pläne waren aber offenbar nicht mit dem Land abgestimmt, das für die Krankenhausplanung in Schleswig-Holstein zuständig ist und die Versorgungsaufträge vergibt. Im Kieler Gesundheitsministerium seien sie auf Widerstand gestoßen, sagt Asklepios-Regionalgeschäftsführer Lenz. Dieses habe stattdessen vorgeschlagen, das Oldesloer Krankenhaus in eine rein geriatrische Fachklinik umzuwandeln.
„Ein Haus trotz eines zukunftsfähigen Konzepts schon im Vorfeld weitgehend aufzugeben, trotz absehbarer negativer Konsequenzen für die medizinische Versorgung der Region, ergibt überhaupt keinen Sinn“, kritisiert Lenz. Während das Aus für die Fachabteilung keine große Lücke in der chirurgischen Notfallversorgung in der Region reiße, sei die Situation bei kardiologischen und internistischen Notfällen eine andere. „Uns ist unerklärlich, warum das Ministerium an der Teilnahme Bad Oldesloes an der Notfallversorgung kein Interesse hat“, so Lenz.
Ministerium weist Vorwürfe zurück und verweist auf bundesrechtliche Vorgaben
Das Kieler Gesundheitsministerium weist die Kritik zurück und stellt den Sachverhalt gänzlich anders dar. Asklepios sei als Klinikträger mit der Absicht an das Ministerium herangetreten, die Chirurgie in Bad Oldesloe aufzugeben. „Grundsätzlich steht es einem Träger frei, sein Versorgungsangebot zu verändern, indem er einen Versorgungsauftrag ganz oder teilweise wieder an das Land zurückgibt“, sagt Sprecher Christian Kohl.
Die von Asklepios geplante Rückgabe des Versorgungsauftrages im Bereich der Chirurgie würde allerdings mit einem Wegfall der gestuften Notfallversorgung am Standort Bad Oldesloe einhergehen, da die Teilnahme an der Basisnotfallversorgung mindestens die Vorhaltung einer vollstationären Fachabteilung für Innere Medizin und Chirurgie voraussetze. „Über diese bundesrechtlichen Rahmenbedingungen wurde der Träger vorsorglich informiert“, sagt Kohl.
Für den Betrieb einer Kardiologie ist eine Ausnahmegenehmigung notwendig
Darüber hinaus sehe der Krankenhausplan für Kliniken der Regelversorgung, zu dem das Haus in Bad Oldesloe gehöre, in der Regel keine kardiologische Versorgung vor. Für eine Ausnahmeregelung müsse ein entsprechender Antrag gestellt werden, der im Landeskrankenhausausschuss, einem gemeinsamen Gremium von Kliniken, Kommunen, Kassen und Gesundheitsministerium, zu beraten sei. Bislang liege dem Ministerium ein solcher Antrag nicht vor.
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Mit Blick auf das Konzept von Asklepios für Bad Oldesloe ergänzt Kohl: „Aufgabe der Krankenhausplanungsbehörde ist es, potenzielle Umstrukturierungspläne der Träger unter den Prämissen der Bedarfsgerechtigkeit, der Qualität sowie der Nachhaltigkeit zu bewerten. Wirtschaftlich geprägte Entscheidungen sind dabei nicht immer mit dem tatsächlichen Versorgungsbedarf in Einklang zu bringen.“
Asklepios hofft, die Entscheidungsträger in Kiel noch umzustimmen
Bei Asklepios hofft man hingegen, die Entscheidungsträger im Ministerium noch zu überzeugen. Ob das andernfalls das Aus für die Oldesloer Klinik insgesamt bedeuten würde, dazu möchte sich Lenz nicht äußern. Noch sei dieses Szenario Spekulation, so der Regionalgeschäftsführer. Eine Standortgarantie gibt es aber auch nicht. „Fakt ist, dass es sehr, sehr schwer wäre, ein Haus von der Größe der Oldesloer Klinik allein mit einer Geriatrie zu führen“, so Lenz.
Stormarns Landrat Henning Görtz blickt derweil mit großer Sorge auf die jüngsten Entwicklungen rund um das Krankenhaus in der Kreisstadt, sieht die Einflussmöglichkeiten des Kreises aber begrenzt. „Wir haben gegenüber allen Beteiligten unsere Haltung deutlich gemacht, dass es in Bad Oldesloe eine Notfallversorgung geben muss, die so leistungsstark ist, wie möglich“, sagt er.
Landrat appelliert: „Nicht in Hin- und Hergeschiebe von Verantwortung ergehen“
Auch wenn es sich bei der Asklepios-Klinik um das ehemalige Stormarner Kreiskrankenhaus handele, habe die Kreisverwaltung keinerlei Mitspracherechte. Dennoch sei er regelmäßig sowohl mit der Klinikleitung als auch mit dem zuständigen Staatssekretär im Gesundheitsministerium im Kontakt, so Görtz.
Der Kreis werde weiterhin „deutlich und mit lauter Stimme“ seinen Forderungen Ausdruck verleihen, verspricht der Landrat. In Richtung des Ministeriums und des Asklepios-Konzerns appelliert Görtz: „Ich erwarte, dass die Beteiligten eine konstruktive, für Stormarn zufriedenstellende Lösung finden und sich nicht in einem Hin- und Hergeschiebe der Verantwortung ergehen.“