Ahrensburg. Die Tage mehrerer katholischer Kirchen im Kreis Stormarn sind gezählt. Jetzt steht das neue Immobilienkonzept – mit einer Überraschung.

Des einen Freud ist des anderen Leid: Das altbekannte Sprichwort meint, dass ein und dieselbe Nachricht für manche schön und andere traurig sein kann. So dürfte es wohl auch bei der jüngst beschlossenen Immobilienreform der katholischen Pfarrei St. Ansverus sein. Die Kirche gibt Gotteshäuser auf. Der Fahrplan steht.

Kurz vor Weihnachten hat der Kirchenvorstand ein geringfügig modifiziertes Konzept beschlossen, das inzwischen beim Erzbistum Hamburg zur Genehmigung eingereicht wurde. Eine positive Rückmeldung wird bis zu den Sommerferien erwartet. Während in Großhansdorf und Reinfeld nach wie vor schon bald das Ende naht, hat der Widerstand der Gemeindemitglieder in Bad Oldesloe tatsächlich Früchte getragen.

Katholische Kirchen plant massive Kirchenschließungen in Stormarn

Wie berichtet, hatte das Erzbistum Hamburg im Februar bekannt gegeben, im Zuge einer umfangreichen Immobilienreform fast alle Kirchen der Pfarrei St. Ansverus in Stormarn aufgeben zu wollen. Die katholischen Kirchen St. Vicelin in Bad Oldesloe, Heilig Geist in Großhansdorf, St. Marien in Reinfeld, St. Michael in Bargteheide und St. Marien in Trittau sollten in den kommenden Jahren verkauft werden. In Stormarn sollte nur St. Marien in Ahrensburg bleiben, außerdem die Standorte in Mölln und Ratzeburg im Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg.

Vor allem in Bad Oldesloe hatte die Nachricht seinerzeit für Entsetzen gesorgt. Katholiken schrieben Briefe an den Bischof, sammelten Unterschriften. Im September hat sich der Förderverein Gemeinde St. Vicelin Bad Oldesloe gegründet, dessen Mitglieder für ihre Kirche kämpfen wollen. Der Verein zur Rettung der Kirche sammelte Vorschläge, wie sie erhalten werden kann, stand in regelmäßigem Austausch mit der Immobilienkommission.

Der Komplex aus Gemeindehaus, Kirche und Pfarrhaus in Trittau soll aufgegeben werden. Stattdessen sollen Katholiken in Räumen der evangelischen Kirche zusammenkommen.
Der Komplex aus Gemeindehaus, Kirche und Pfarrhaus in Trittau soll aufgegeben werden. Stattdessen sollen Katholiken in Räumen der evangelischen Kirche zusammenkommen. © Elvira Nickmann | Elvira Nickmann

Eigentlich hätte die Entscheidung längst fallen sollen

Eigentlich hätte die Entscheidung zum Konzept längst fallen sollen, war ursprünglich für Sommer angekündigt. Das Konzept war seinerzeit wegen einer Meinungsverschiedenheit überraschend noch nicht vom Hamburger Erzbischof Stefan Heße genehmigt worden. Die Regelungen des Erzbistums hatten ursprünglich vorgesehen, dass die Pfarreiliche Immobilienkommission (PIK) mindestens zwei Konzepte erarbeitet, die pastoral sinnvoll und finanziell nachhaltig sein müssen. Davon sollte eines ausgewählt und vom Kirchenvorstand beschlossen werden.

Es wurde aber nur ein Konzept erarbeitet. Das Erzbischöfliche Generalvikariat hatte dazu mündlich seine Zustimmung gegeben. Das Konzept wurde dem Kirchenvorstand vorgelegt und positiv beschieden. Doch auf den formellen Ausnahmeantrag der Pfarrei hat das Generalvikariat wider Erwarten negativ reagiert. Die Kommission musste sich erneut mit der Thematik befassen und wurde beauftragt, mindestens ein weiteres Konzept vorzulegen.

Entscheidng über St. Vicelin Kirche in Bad Oldesloe wurde vertagt

Das ist mittlerweile geschehen. Das vor wenigen Tagen beschlossene Konzept unterscheidet sich in einer Sache wesentlich vom ersten: Die St. Vicelin-Kirche in Bad Oldesloe soll nicht wie ursprünglich angedacht Anfang 2027 aufgegeben werden, sondern bleibt bis mindestens Mitte 2027 erhalten. Danach soll erneut über den Status entschieden werden.

Bei Diakon Tobias Riedel nachgefragt, liegt der Grund für die Vertagung der Entscheidung tatsächlich in dem Widerstand der Oldesloer Gemeindemitglieder. „Objektiv gesehen hat sich an den Fakten nichts geändert“, so Riedel. „Die Kirche in Bad Oldesloe ist angesichts sinkender Mitgliederzahlen zu groß für den Bedarf.“ Doch mittlerweile haben viele Gespräche stattgefunden, sei der Austausch mit den Gemeindemitgliedern von mehr Vertrauen geprägt.

Die St. Marien-Kirche in Reinfeld (Foto) soll zusammen mit dem Standort in Großhansdorf zuerst aufgegeben werden. Katholiken müssen künftig nach Bad Oldesloe oder Ahrensburg fahren.
Die St. Marien-Kirche in Reinfeld (Foto) soll zusammen mit dem Standort in Großhansdorf zuerst aufgegeben werden. Katholiken müssen künftig nach Bad Oldesloe oder Ahrensburg fahren. © Stormarn | Privat

Für die Oldesloer Katholiken wäre der Verkauf der Kirche ein herber Verlust

Riedel: „Für die Menschen wäre der Verkauf der Kirche ein unheimlicher Verlust. Die Kirche ist ein Gebäude, an dem die Herzen vieler Menschen hängen. Sie wurden dort getauft, haben geheiratet oder den Sarg ihrer Mutter dort stehen sehen. So einen Ort zu verlieren tut weh.“ Würde man an den ursprünglichen Plänen festhalten, würde dies zu großen Verwerfungen führen. „Wir wollen den Menschen nicht weh tun, sondern dass möglichst viele den Weg mitgehen.“ Wie 2027 entschieden werde, sei aktuell noch völlig offen. Der Erhalt der Kirche St. Vicelin sei ebenso denkbar wie die ursprünglich angedachte Nutzung der Räumlichkeiten des Kinder- und Jugendhauses St. Josef.

Nichts geändert hat sich indes an den Plänen der übrigen Stormarner Standorte. Als Erstes sollen die Kirchen in Reinfeld und Großhansdorf aufgegeben werden – laut Plan eigentlich bereits 2024. Aber: „Die Jahreszahlen sollten nicht auf die Goldwaage gelegt werden“, sagt Riedel. Sie dienen dem Diakon zufolge eher dazu, eine Reihenfolge festzulegen. Reinfeld und Großhansdorf sind auch jene Kommunen, in denen nach dem Verkauf der Kirchen wohl keine alternativen Räumlichkeiten mehr zur Verfügung stehen werden. Riedel: „Die Menschen müssten dann nach Bad Oldesloe oder Ahrensburg kommen.“

Kirchenschließungen in Stormarn sind nötig wegen sinkender Mitgliederzahlen

Anders soll es in Trittau sein. Der Komplex aus Kirche, Gemeindehaus und Pfarrhaus soll voraussichtlich 2026 aufgegeben werden. „Danach streben wir eine Kooperation mit der evangelischen Kirche an“, so Riedel. In deren Räumen sollen die Katholiken weiterhin zusammenkommen können. „Die Gemeinde wird nicht aufgelöst“, sagt der Diakon. Die Menschen sollen nach wie vor gemeinsam Gottesdienst feiern können. Auch Angebote für Flüchtlinge und Senioren oder Kinder- und Jugendarbeit sollen weiterhin stattfinden.

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In Ahrensburg und Bargteheide bleibt die katholische Kirche mit eigenen Immobilien. In der Schlossstadt sollen Kirche und Gemeindehaus erhalten bleiben. Die Kirche in Bargteheide soll voraussichtlich 2025 aufgegeben werden. Das Gemeindehaus hingegen soll bleiben und künftig die Heimat für Gottesdienste, Flüchtlingsarbeit und Co. sein. Hinter dem aktuellen Konzept stehe die Absicht, den Katholiken weiterhin weite Wege zu ersparen. „Uns ist bewusst, dass wir mit der Reform Menschen verletzen werden“, sagt Riedel. „Trotzdem wollen wir allen Gemeindemitgliedern eine Perspektive bieten.“

Überhaupt notwendig geworden ist die Immobilienreform angesichts sinkender Mitgliederzahlen bei einem gleichzeitig überdimensionierten und mit hohen Kosten verbundenen Immobilienbestand. Dieser soll durch das neue Konzept an den aktuellen und künftigen Bedarf angepasst werden. Riedel: „Dass Mitglieder schwinden, beobachten wir seit Jahrzehnten. Zunächst war das daran erkennbar, dass die Kirchen leerer wurden. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem das auch von außen sichtbar wird: nämlich in der Form, dass Kirchen nicht mehr da sind.“